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Branchen | China | Maschinenbau

Maschinenbauer in China bewerten Lage positiver

Deutsche Maschinenbauunternehmen müssen auf die wachsende Konkurrenz aus China reagieren. Vor Ort werden Probleme häufig anders eingeschätzt als im Mutterhaus: ein Balanceakt.

Von Corinne Abele | Shanghai

Die Nachfrage nach importierten Maschinen „made in Germany“ geht in China zurück, während die Produktion deutscher Maschinenbauer vor Ort brummt. Etwa jeder dritte deutsche Maschinenbauer im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) ist inzwischen mit Vertrieb, Service oder Produktion in China aktiv und über die Jahre mit steigender Nachfrage gewachsen. Stellten laut VDMA-Angaben Maschinen 2011 noch 28,5 Prozent der deutschen Gesamtexporte nach China, lag ihr Anteil im 1. Halbjahr 2021 nur noch bei 18,6 Prozent. „Wir müssen noch stärker als zuvor den Marktanforderungen folgen“, konstatiert die Leiterin des Büros des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) in Beijing, Claudia Barkowsky.

Deutsche Maschinenlieferungen nach China 2011 bis 2021 (in Millionen Euro; Anteil am Gesamtexport und Veränderung des Maschinenexports zum Vorjahreszeitraum in Prozent)

Jahr

Deutscher Gesamtexport nach China

darunter Maschinen

Anteil

Veränderung

2011

64.863

18.471

28,5

2012

66.746

16.499

24,7

-10,7

2013

66.912

15.875

23,7

-3,8

2014

74.369

16.312

21,9

2,8

2015

71.284

15.516

21,8

-4,9

2016

76.046

14.210

18,7

-8,4

2017

86.141

17.392

20,2

22,4

2018

93.004

19.016

20,4

9,3

2019

95.984

18.785

19,6

-1,2

2020

95.860

18.123

18,9

-3,5

1. Halbjahr 2021

52.510

9.759

18,6

14,9

Quelle: Statistisches Bundesamt; VDMA

Einschätzungen weichen oft von der Muttergesellschaft ab

Längst geht es nicht mehr nur darum, dass die Anforderungen chinesischer Kunden steigen und die chinesische Konkurrenz im mittleren und oberen Segment wächst. Deutsche Maschinenbauunternehmen in China müssen zunehmend den Technologiekonflikt mit den USA und die beständig wachsenden US-Sanktionslisten gegen chinesische Firmen sowie das ambitionierte neue Exportkontrollgesetz Chinas berücksichtigen. Chinesische Firmen dürfen teilweise bereits nicht mehr beliefert werden, sobald im deutschen Produkt amerikanische Komponenten stecken.

„Wahrnehmung und Bewertung vor Ort einerseits und in den Zentralen in Europa und Deutschland andererseits driften nicht erst durch Covid auseinander.“

So beschreibt Barkowsky den Trend. Das jüngst verabschiedete deutsche Lieferkettengesetz dürfte die Lage noch komplexer machen.

Ringen um Budgetverantwortung und Selbstständigkeit

Die richtige und zielführende Kommunikation zwischen Tochtergesellschaft in China und Headquarter in Europa ist für Multinationals wie Mittelständler eine Herausforderung. Das Ringen um mehr Selbstständigkeit und Budgetverantwortung mache bereits einen bedeutenden Teil der Kommunikation mit der Firmenzentrale in Deutschland aus, bestätigen Branchenvertreter vor Ort. Denn mit Fokus auf den sich rasch vom Covid-19-Einbruch im 1. Quartal 2020 erholenden chinesischen Markt werden vor Ort andere Handlungsnotwendigkeiten gesehen als in vielen Firmenzentralen in Europa, die sich mit Corona als Dauerkrise beschäftigen.

Hinweise auf die wachsende Diskrepanz ergab auch die gemeinsame Umfrage von VDMA und Swissmem im Rahmen der China-Studie “Markt China im Wandel – Wie bleibt der Maschinenbau im Wettbewerb erfolgreich?“, welche im Juli 2021 erschien. Zum Chinaengagement hatte der VDMA seine Mitglieder vor Ort in China befragt und der Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (Swissmem) die Zentralen ihrer Mitgliedsfirmen in der Schweiz. Die Einschätzungsunterschiede sind in einigen Bereichen gravierend.

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Tochterfirmen wollen mehr lokale Zulieferung und Forschung

Um Wettbewerbseinbußen – auch durch die sich verstärkende geopolitische Dynamik - im chinesischen Markt zu verhindern, planen beispielsweise 53 Prozent der VDMA-Firmen vor Ort zusätzliche Investitionen, 59 Prozent wollen mit mehr lokalen Zulieferern arbeiten sowie 41 Prozent Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten aufbauen beziehungsweise intensivieren. Auch die Belieferung anderer asiatischer Märkte aus China heraus wird verfolgt. Die Befragten in den Schweizer Zentralen sahen hingegen deutlich weniger Bedarf für eine kurz- bis mittelfristige Änderung der China-Geschäftsstrategie: Einen Ausbau der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten planten beispielsweise nur 12 Prozent.

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Unternehmen vor Ort fokussieren auf Chancen

„Wer vor Ort ist, scheint stärker auf die Nutzung hiesiger aktueller Chancen fokussiert zu sein“, sagt Barkowsky. So gaben 31 Prozent der VDMA-Befragten in China an, von staatlichen Förderprojekten für Automatisierung und Industrie 4.0 zu profitieren; in der Schweiz waren es nur 12 Prozent der Befragten. Ebenfalls bewerteten 36 Prozent der vor Ort vertretenen VDMA-Mitglieder die Auswirkungen von „Made in China 2025“ als positiv für ihr Chinageschäft, allerdings nur 17 Prozent der Schweizer Firmenzentralen. Insgesamt scheinen VDMA-Mitglieder vor Ort weniger Beeinträchtigungen in den verschiedenen Bereichen zu sehen oder können durch ihre Präsenz, die neben Produktions- zunehmend auch Innovationskapazitäten umfasst, besser damit umgehen.

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So bejahten immerhin bereits 18 Prozent der befragten VDMA-Mitglieder vor Ort, einen Zugang zu staatlichen Forschungsprojekten zu haben (Swissmem in der Schweiz: 10 Prozent). Vor Ort zu sein ist auch häufig Bedingung, um sich in strategischen Bereichen wie beispielsweise Normungsverfahren überhaupt einbringen zu können. Bereits 31 Prozent der VDMA-Befragten waren als Beobachter oder aktives Mitglied im Rahmen von Technical Committes in China aktiv (Swissmem-Befragte: 14 Prozent).

Mehr Einfluss auf Industrienormen mit Präsenz in China

Abweichungen chinesischer von internationalen Standards führen laut 39 Prozent der VDMA-Mitglieder und 30 Prozent der Schweizer Firmen bereits jetzt zu höheren Kosten und Wettbewerbsnachteilen. Dies könnte vor allem für Firmen mit großen Produktionskapazitäten in China und steigenden Exportplänen aus China heraus (60 Prozent der VDMA-Befragten versus 20 Prozent der Swissmem-Befragten) entlang von Chinas Seidenstraßen-Initiative und im Rahmen seines wachsenden Freihandelsnetzes künftig wichtiger werden.

81 Prozent der VDMA-Befragten vor Ort und 61 Prozent der Befragten in den Schweizer Zentralen erwarten bis 2025 eine erhebliche Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Konkurrenz – nicht nur in China, sondern auch auf Drittmärkten. Doch die Strategie chinesischer Wettbewerber, zu Billigpreisen akzeptable Mindestqualität anzubieten, stößt an Grenzen. Qualität habe immer ihren Preis, betont Barkowksy: „Wer hochwertige, sichere und umweltschonende Maschinen baut, hat zwangsweise mehr Aufwand und höhere Kosten – auch als chinesischer Hersteller.“ Noch ist das Spitzensegment chinesischen Wettbewerbern weitgehend verschlossen.

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