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Branche Kompakt | China | Maschinenbau

Maschinenbauer werden immer wettbewerbsfähiger

Chinas Maschinenbau zeigt sich krisenresistent und löst nach VDMA-Einschätzung Deutschland als größten Maschinenexporteur 2020 ab. Der inländische Wettbewerb steigt weiter. 

Von Corinne Abele | Shanghai

  • Markttrends

    Chinas Maschinenbau hat den Covid-19-Einbruch überstanden. Die angestrebte Digitalisierung und Modernisierung traditioneller Industriebranchen sorgt für Bedarf.

    Industriemodernisierung schafft Maschinenbedarf

    Chinas Maschinenbau hat nach dem katastrophalen Konjunktureinbruch infolge der Covid-19-Pandemie im 1. Quartal 2020 vom schnellen V-förmigen Aufschwung der chinesischen Wirtschaft in allen wichtigen Bereichen profitiert. Zwar trüben sich die Aussichten Mitte 2021 ein (der Einkaufsmanagerindex liegt im Juni 2021 nur noch knapp über 50 - unter 50 verweist er auf Marktkontraktion). Das selbst gesetzte Ziel von über sechs Prozent Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) dürfte dennoch übertroffen werden.

    Der Internationale Währungsfonds reduzierte Ende Juli 2021 seine Prognose leicht auf 8,1 Prozent BIP-Wachstum in diesem Jahr. Die China Machinery Industry Federation (CMIF) prognostiziert für die meisten Maschinenbausparten für das Gesamtjahr 2021 einen Zuwachs zwischen fünf bis 8 Prozent; nur für den Baumaschinenbereich sieht sie ihn bei über 10 Prozent und für Agrarmaschinen sogar bei 15 bis 20 Prozent.

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    Chinas Maschinenbaubranche arbeitet vor allem seit dem 2. Halbjahr 2020 durch die Covid-19-Krise aufgeschobene Aufträge ab. Die inländische Nachfrage ist seither stabil; auch die Exporte sind 2021 wieder deutlich angestiegen. Einige deutsche  Maschinenbauer in China lagen durch einen starken Aufholspurt bereits im Gesamtjahr 2020 auf Vorjahresniveau oder darüber. In fast allen Segmenten stiegen im 1. Halbjahr 2021 die Produktionszahlen deutlich an – teilweise über das Niveau des vergleichbaren Zeitraums 2019. In der Frühjahrsumfrage 2021 des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) berichteten 64 Prozent der Mitgliedsfirmen von einer überdurchschnittlichen Kapazitätsauslastung. Immer wieder auftretende Engpässe für Komponenten aus dem Ausland haben sich inzwischen weitgehend aufgelöst. Teilweise bekommt die Branche allerdings den anhaltenden Mangel im Halbleiterbereich zu spüren.

    Industrie investiert kräftig

    In nahezu allen Branchen haben die Investitionen in feste Anlagen wieder das Niveau vor der Covid-19-Krise erreicht – wovon der Maschinenbau profitiert. Vor allem in der Chemiebranche und dem Elektroniksektor wird kräftig investiert.

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    Laut offiziellen Zahlen hinken noch die Investitionen in der  Automobilbranche hinterher. Zwar stieg der Verkauf von Kfz mit Verbrennungsmotoren im 1. Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 25,6 Prozent, blieb damit jedoch 4,4 Prozent hinter dem Verkaufsvolumen des 1. Halbjahrs 2019 zurück. Demgegenüber wurden im 1. Halbjahr 2021 rund 1,2 Millionen Elektrofahrzeuge (inklusive Hybridantrieb) verkauft. Das sind so viel wie im ganzen Jahr 2019 und dreimal so viel wie im 1. Halbjahr 2020. Der Trend hin zum Elektroantrieb ist ungebrochen; relevante Anlagen und Ausrüstungen sind gefragt.

    Auch die wichtige Baubranche zeigt trotz Covid-19 kaum Schwächen. Die größte Nachfrage nach Baumaschinen kam 2020 laut Research and Markets mit einem Anteil von 45 Prozent aus dem Infrastrukturbereich; die Exporte sanken Covid-19 bedingt 2020 jedoch deutlich um 16,8 Prozent.

    Trotz der schnellen gesamtwirtschaftlichen Erholung wächst der Druck auf kleinere Maschinenbauer. Sie leiden unter immer längeren Zahlungszielen; gleichzeitig müssen sie in Automatisierung und Digitalisierung investieren, um am Markt zu überleben. Die Regierung forciert die Modernisierung der traditionellen Industriebereiche und treibt sie mit Zuschüssen und Subventionen voran.

    Aktueller Fünfjahresplan betont Industriemodernisierung

    Das im März 2021 vom Ministry of Industry and Information Technology (MIIT) verabschiedete 14. Fünfjahresprogramm 2021 bis 2025 fokussiert sich auf die Modernisierung und Digitalisierung der Industrie. Dafür wird ein starker inländischer Maschinenbau benötigt. Auch von der Umsetzung des neuen Zweikreislaufsystems (Dual Circulation) und der Stärkung der heimischen Industrie dürfte er profitieren. Chinas Regierung setzt angesichts des wachsenden Technologiekonflikts mit den USA und den Erfahrungen mit Lieferunterbrechungen aus dem Ausland während der Covid-Pandemie verstärkt auf technologische Autarkie und Komplettierung inländischer Lieferketten. Zunehmend verlangen chinesische Kunden diese auch von ihren Maschinenlieferanten.

    Chinas Regierung setzt neben dem Ausbau des Dienstleistungssektors auch auf eine mit Hilfe von Automatisierung, Digitalisierung, Big Data und Data Analytics international wettbewerbsfähige verarbeitende Industrie. Laut des 14. Fünfjahresprogramms sollen die jeweiligen Branchenführer bis 2035 eine komplett intelligente Transformation ihrer Produktion erreichen.

    Smart Manufacturing im Fokus

    Die Regierung fördert konkrete Anwendungsszenarien wie Digital Twin oder den Einsatz von Blockchain und künstlicher Intelligenz (KI). Sie setzt auf den Aufbau inländischer Kapazitäten vor allem in Engpassbereichen wie intelligente numerische Kontrollsysteme oder kollaborative Industrieroboter sowie auf den Ausbau der notwendigen digitalen Infrastruktur. Im gleichen Zug strebt die Volksrepublik stärkere Unabhängigkeit von technologischem Input aus dem Ausland an. So sollen bis 2025 rund 70 Prozent der Anlagen und 50 Prozent der Industriesoftware inländisch gefertigt werden.

    Derartige Entkopplungs- und Autarkiebestrebungen würden vor allem auch mittelständische deutsche Maschinenbauer bei ihren Chinageschäften vor zusätzliche Herausforderungen stellen, warnte im Juli 2021 Ulrich Ackermann, der den Außenwirtschaftsbereich im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) leitet.

    Gleichzeitig sollen in den nächsten Jahren allein 200 nationale und industrielle Standards im Bereich intelligente Fertigung neu geschaffen oder modifiziert werden – nicht zuletzt um die Integration verschiedener Technologien zu gewährleisten. Der Maschinenbau muss sich auf die steigenden Digitalisierungsanforderungen einstellen.

    Von Corinne Abele | Shanghai

  • Branchenstruktur

    Der chinesische Maschinenbau gewinnt an Wettbewerbsfähigkeit. Noch tragen ausländisch investierte Firmen überproportional zum Branchengewinn bei.

    Höhere Wettbewerbsfähigkeit führt zu steigenden Exporten

    China ist seit Jahren der weltweit größte Produzent sowie Abnehmer von Maschinen. Erstmals dürfte es 2020 Deutschland als weltweit führenden Lieferanten von Maschinen und Anlagen überrundet haben. Zu diesem Schluss kommt der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) basierend auf den ihm vorliegenden Exportzahlen. Demnach erreichte Chinas Maschinenausfuhr 2020 einen Anteil von 15,8 Prozent des weltweiten Gesamtexportvolumens an Maschinen - vor Deutschland mit einem Anteil von 15,5 Prozent. 

    Dabei profitiert Chinas Maschinenbau auch davon, dass in China nach dem verheerenden konjunkturellen Covid-19-Einbruch im 1. Quartal 2020 seit April/Mai 2020 bereits wieder weitgehend normal produziert wird. Europa hingegen befand sich das ganze Jahr 2020 im Griff der Pandemie. Dennoch hielten sich Chinas Maschinenimporte 2020 mit knapp 139 Milliarden US-Dollar (US$) in etwa auf dem Vorjahresniveau (-0,8 Prozent), während die Exporte trotz Krise um 1,4 Prozent auf 226,2 Milliarden US$ stiegen. Sowohl Export (+36,5 Prozent) als auch Import (+28,8 Prozent) legten im 1. Halbjahr 2021 deutlich zu. Insgesamt erreichten einige Maschinenbausparten im 1. Halbjahr 2021 bereits wieder das Produktionsniveau des Vergleichszeitraums 2019 vor der Corona-Krise.  

    Produktion in ausgewählten Maschinenbausparten (in 1.000 Stück, Veränderung in Prozent)

    Sparte

    2020

    1.Hbj. 2021

    Veränderung 2021/2020*

    Veränderung 2021/2019*

    Druckmaschinen

    3.112

    3.086

    68,2

    8,1

    Verpackungsmaschinen

    263

    372

    134,7

    297,6

    Spanende Werkzeugmaschinen

    446

    297

    45,6

    24,3

    Formende Werkzeugmaschinen

    202

    103

    15,7

    -20,2

    Futtermittelproduktionsanlagen

    216

    102

    20,3

    -31,0

    Industrie-Robotik 

    237

    174

    69,8

    130,3

    Motoren (in Gigawatt)

    2.627

    1.352

    20,0

    5,9

    Bagger

    401

    262

    25,6

    63,7

    Aufzüge und Rolltreppen

    1.282

    690

    26,6

    49,0

    *Veränderung jeweils zum 1. HalbjahrQuelle: National Bureau of Statistics of PR China (NBS)

    Ausländische Maschinenbauer gut vertreten

    Doch die Covid-Pandemie kann allein nicht Chinas Aufstieg erklären. Der Maschinenbau hat in den vergangenen Jahren nicht zuletzt von Chinas industriellem Modernisierungsprogramm "Made in China 2025" profitiert. Dabei sind vor Ort produzierende ausländische Firmen fester Bestandteil der inländischen Branche. Zwar stellten sie (inklusive Firmen aus Taiwan, Hongkong und Macau) 2019 nur 13,3 Prozent der Maschinenbauer mit einem Mindestjahresumsatz von rund 3 Millionen US-Dollar (20 Millionen RMB), erwirtschafteten aber knapp 31 Prozent des Branchengesamtgewinns. Nach VDMA-Einschätzung dürfte etwa jeder dritte deutsche Maschinenbauer inzwischen mit Produktion, Service und/oder Vertrieb in China vertreten sein. 

    Einige der großen Maschinenbaukonzerne Chinas sind nach wie vor mehrheitlich in staatlichen Händen, wobei Privatfirmen knapp 66 Prozent der Maschinenbauer stellen.  Mit rund 48.000 Firmen mit einem Mindestjahresumsatz von rund 3 Millionen US-Dollar Mitte 2021 bleibt Chinas Maschinenbaubranche fragmentiert. Dabei investieren die führenden Unternehmen (darunter auch ausländische Maschinenbauer - häufig bereits mit Präsenz in China) in Übernahmen und Beteiligungen in China. 

    Maschinenbau stark im Yangtse-Delta

    Zwar ist die Branche über das ganze Land verteilt, jedoch finden sich wenige starke regionale Cluster. Vor allem die Provinzen Jiangsu und Zhejiang im Yangtse-Delta bilden das (eher privatwirtschaftliche) Zentrum der Branche. Dort produzieren auch die meisten deutschen Maschinenbauer. Allein in der Stadt Taicang in der Nähe Shanghais haben sich über 400 deutsche Mittelständler angesiedelt, darunter viele Maschinenbauer. Aber auch in den Provinzen Liaoning, Shandong und Guangzhou befinden sich führende Maschinenbauer des Landes. 

    Von Corinne Abele | Shanghai

  • Rahmenbedingungen

    Chinas Maschinenbaumarkt ist für Importe und Investitionen offen. Einreiserestriktionen sowie die Umsetzung des Cyber-Security-Gesetzes sorgen für Herausforderungen.

    Offen - und doch geschlossen

    Chinas Markt für Maschinen ist offen für Investitionen und Importe. Die Zollsätze für Maschinen und Anlagen sind im internationalen Vergleich niedrig. Für Maschinenimporte aus den ASEAN-Staaten entfallen sie aufgrund des Freihandelsabkommens zwischen China und ASEAN komplett. Der schrittweise Zollabbau im Rahmen des Freihandelsabkommens Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) vom November 2020 wird deutschen Maschinenbauimporten in einigen Produktsegmenten die Konkurrenz gegenüber Japan oder Korea (Rep.) in den nächsten Jahren erschweren; allerdings bleiben wichtige Konkurrenzsegmente ausgeschlossen. Das RCEP ist allerdings noch nicht in Kraft getreten.

    Weiterhin kann generell für bestimmte High-Tech-Maschinen vom Importeur beim Ministerium für Industrie und Informationstechnologie Zollbefreiung beantragt werden. Seit 2015 ist in einigen Sparten auch die Einfuhr von Gebrauchtmaschinen wieder möglich. Der administrative und teilweise finanzielle Aufwand ist jedoch hoch.

    Behinderung durch Einreiserestriktionen

    Die weiterhin geltenden Visa- und Reiserestriktionen stellen derzeit das größte Hindernis für den deutschen Maschinenbau dar. Insgesamt 30 Prozent der vom VDMA befragten Mitglieder vor Ort sahen sich in ihrer Geschäftstätigkeit behindert. Davon gaben 93 Prozent Visa- und Reiserestriktionen als Grund an. Besserung ist nicht in Sicht. 

    Das seit 1. Juni 2017 gültige Cybersecurity-Gesetz fordert von Betreibern kritischer Infrastruktur (eingeschlossen Energieversorgung, Finanz- und Gesundheitswesen) die Speicherung von im Land erhobener personenbezogener sowie "wichtiger" Daten, wobei deren Transfer außer Landes einem Genehmigungsvorbehalt unterliegt. Eine klare Definition, was unter "wichtigen Daten" zu verstehen ist, steht noch aus. Chinas rigides Vorgehen gegen an ausländischen Börsen notierte chinesische Tech-Giganten im Rückgriff auf das Cybersecurity-Gesetz im Sommer 2021 hat jedoch inzwischen gezeigt, dass es vor negativen Auswirkungen bei der Umsetzung nicht zurückschreckt. 

    Gerade in Zeiten weitgehend geschlossener Grenzen arbeiten auch deutsche Maschinenbauer verstärkt mit ferngesteuerte Wartung und Schulung bis hin zur Entwicklung von Digital-Twin-Anwendungen; grenzüberschreitender Datentransfer ist dafür häufig notwendig. Auch innerhalb des Landes legen Digitalisierung, Big Data und Cloud Computing rasant zu; Datenschutz wird zum zentralen Thema. Zwar sind alle in der Cloud in China gespeicherte Daten verschlüsselt, zugelassen sind jedoch nur für China lizenzierte Verschlüsselungstechnologien. Anlassbezogen (Stichwort: Terrorismus) muss den Behörden Dateneinsicht gewährt werden. 

    Verantwortlich für den Erlass neuer Normen und Standards (soweit zugänglich sind Entwürfe online einsehbar) ist die Standardization Administration of China. Zwar sind damit mehr Informationen verfügbar als früher. Intransparenz und kurze Implementierungszeiten bleiben – gerade für Mittelständler - ein Thema. 

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht zur Verfügung sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.


    Von Corinne Abele | Shanghai

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