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Branchenbericht Georgien Tourismus

Sanfter Tourismus soll wichtige Säule der Reisewirtschaft werden

Georgien setzt auf nachhaltige Wertschöpfung im Ökotourismus. Naturschutzgebiete sollen jährlich bis zu zwei Millionen Besucher anlocken.

Von Uwe Strohbach | Tiflis

Die kleine südkaukasische Republik Georgien verfügt über ein großes Potenzial für den naturnahen Tourismus. Hierzu zählen Hochgebirgslandschaften, Regenwälder, Gebirgstäler, -schluchten und -seen, Mineralwasser- und Heilquellen, Höhlenklöster und Befestigungsanlagen sowie eine einzigartige biologische Vielfalt.

Entwicklungsstrategie für sanften Tourismus steckt Ausbauziele ab

Mit diesen Ressourcen will die Regierung forciert strukturschwache Regionen entwickeln. Eine neue Strategie für den Ausbau des Ökotourismus verzahnt regionale Projekte mit Naturschutz und Biodiversität.

Bewohner der wirtschaftlich wenig entwickelten Landesteile müssen heute größtenteils mit einem Einkommen unterhalb oder an der Armutsgrenze auskommen. Arbeitsplätze außerhalb der vorwiegend in Subsistenzwirtschaft betriebenen Agrarproduktion sind rar.

Vom naturnahen Tourismus soll vor allem die lokale Bevölkerung profitieren  - direkt durch neue Einnahmequellen und indirekt durch Infrastrukturentwicklung und Bildungsangebote im Bereich Umweltschutz. 

Die am 14. Oktober 2021 von der Regierung verabschiedete Entwicklungsstrategie formuliert Ziele und auch konkrete Maßnahmen für einen ganzjährigen sanften Tourismus bis 2030. Dabei bezieht sie sich sowohl auf die geschützten Gebiete als auf die übrigen Naturräume. 

Schutzgebiete aller Kategorien nehmen heute mit einer Fläche von 6.972 Quadratkilometern rund 10 Prozent des gesamten Territoriums Georgiens ein. Im Jahr 2000 waren es lediglich 7,1 Prozent und nur 1,7  Prozent im Jahr 2010. Ökotourismuspläne und -projekte außerhalb von Schutzgebieten sollen bis 2030 auf einer Fläche von 368.000 Hektar entwickelt werden, darunter auf 334.000 Hektar bis 2025. 

Struktur der Schutzgebiete in Georgien

Schutzgebietskategorie

Fläche (in Hektar)

Schutzgebiete, insgesamt 

697.249

   Naturschutzgebiete (14)

131.301

   Nationalparks (12)

430.202

   Besondere Gebiete zum Schutz von Tieren, Pflanzen und Lebensraumtypen (23)

101.479

   Geschützte Landschaft (1)

31.518

   Naturdenkmäler (40)

2.749

Quelle: European Environment Agency

 

Die wegweisende Richtschnur bereiteten die Nationale Tourismusverwaltung (GNTA), die Agentur für Naturschutzgebiete (APA), die Nationale Forstbehörde (NFA), der Georgische Verband für Ökotourismus (GEA) und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ)  vor. Bei der Umsetzung der Projekte setzen die Autoren nicht zuletzt auf ausländisches Know-how und Kapital. 

Investitionspläne reichen von Wanderwegen bis zu Berghütten

Beim geplanten Ausbau der touristischen Infrastruktur ragen hervor:

  • die Errichtung von 271 Kilometern markierten Wanderwegen, Naturlehr- und Umwelterlebnispfaden bis 2030, darunter von 171 Kilometern bis 2025 (Ist 2019: 1.551 Kilometer),
  • der Bau von Gästehäusern, Berghütten und Familienpensionen in der Nähe von Naturschutzgebieten und in anderen Ökotourismusregionen; Ziel ist eine Kapazität von 2.600 Betten bis 2030, darunter von 1.300 Betten bis 2025 (bisher ist das Beherbergungsangebot für Ökotouristen sehr gering),
  • die Errichtung von Museumsdörfern, darunter beispielsweise an der Schlucht Matschachela, Besucher- oder Informationszentren, Aussichtsplattformen und Beobachtungspunkten sowie
  • der Bau von Raststätten, weiteren Verpflegungsstellen und Souvenirläden.

Allein in den Bergregionen sollen im Zeitraum 2021 bis 2023 Infrastrukturprojekte für etwa 311 Millionen US-Dollar (US$) umgesetzt werden, so die Planungen des Ministeriums für Regionalentwicklung und Infrastruktur Georgiens (MRDI). Ein größerer Teil dieser Vorhaben entfällt auf den Ausbau der touristischen Infrastruktur.

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Ein auf 160 Millionen US$ dotiertes mittelfristiges Programm (2021 bis 2024) sieht Infrastrukturprojekte in zahlreichen Munizipalitäten (Landkreisen) vor. Auch hier liegt ein Schwerpunkt auf der Tourismusbranche. Das Programm initiierten das Ministerium für Regionalentwicklung und Infrastruktur Georgiens (MRDI) und der Kommunale Entwicklungsfonds Georgiens (MDF).

Die Investitionen in den Ausbau der touristischen Infrastruktur in Naturschutzgebieten summieren sich im Jahr 2021 auf 29 Millionen US$. Unter den Projekten ragen die Errichtung eines Besucher- und Informationszentrums, eines Hotels, Restaurants und Open-Air-Cafés sowie neue Sportobjekte an der Schlucht Zalka (Daschbaschi) hervor. Hinter dem Vorhaben steht die private Investitionsgesellschaft Kass Group.

Andere aktuelle Vorhaben sind der Bau eines modernen Besucherzentrums im Nationalpark Pschawi-Chewsuretien und die touristische Erschließung der Höhle Okrojanaschwili nahe des Dorfes Pirveli Baldi. Alle diese Investitionen werden von der Agentur für Naturschutzgebiete Georgiens (APA) koordiniert.

Ökotourismus soll vielfältiger werden

Die Palette an Ökotourismusprodukten und -dienstleistungen ist gegenwärtig noch überschaubar. Sie soll aber schon im Jahr 2025 etwa 250 Produkte und Dienste umfassen und 2030 auf rund 400 Angebote ausgeweitet werden. Auch für maßgeschneiderte touristische Dienstleistungspakete im sanften Fremdenverkehr gibt es eine Zielmarke. Letztere sollen von heute weniger als zehn bis 2025 auf mindestens 50 und bis 2030 auf 75 Angebote steigen.

Neue Konzepte in Ökotourismussparten wie Wander- und Skitouren, Schluchtenwanderungen, Gipfelexpeditionen, Natur- und Abenteuersport (Klettertouren, Mountainbiking, Ziplining, Paragliding und Rafting), Tierbeobachtung und Naturfotografie sollen mehr in- und ausländische Natur- und Outdoorurlauber anlocken. Geschäftschancen für ausländische Unternehmen bieten auch die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften für die Tourismuswirtschaft einschließlich von Betreuern und Fremdenführern in National- und Naturparks.

Kolchische Regenwälder und Feuchtgebiete Georgiens sind jetzt Weltnaturerbe

Seit Mitte 2021 stehen die Kolchischen Regenwälder und Feuchtgebiete auf der UNESCO-Weltnaturerbeliste. Sie sind Überbleibsel arkto-tertiärer Reliktwälder an der Ostküste des Schwarzen Meeres. Der georgische Biodiversitätshotspot ist Lebensraum für eine vielfältige Flora und Fauna endemischer Arten, darunter verschiedene weltweit gefährdete Tierarten.


Das Weltnaturerbe besteht aus sieben Flächen eines etwa 80 km langen Küstenkorridors. Die uralten Regenwälder, Feuchtgebiete, Sickermore und andere Moorarten weisen eine  große Artenvielfalt auf. Sie sind die Highlights in den Nationalparks Kolcheti und Mtirala sowie in den Schutzgebieten Kobuleti und Kintrischi.


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