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Branchen | Griechenland | Wasserfahrzeuge

Schiffsbranche bleibt auf gutem Kurs

Griechische Reeder verteidigen ihre Spitzenposition bei der Handelsflotte. Der grüne Umbau von Schiffen wird sowohl für Kunden als auch Werften immer bedeutender.

Von Michaela Balis | Athen

Schiffseigner aus Griechenland greifen im Jahr 2021 tief in die Tasche. Bis Ende des Jahres stecken sie rund 14 Milliarden Euro in den Erwerb von rund 450 Schiffen, berichten griechische Pressemeldungen. Etwa drei Viertel davon sind Schiffe aus zweiter Hand. Dabei handelt es sich um Massengutfrachter und Tanker. Bei Neuanschaffungen konzentrieren sich die griechischen Reeder auf Tanker und Containerschiffe.

Die Schifffahrt trägt in Griechenland rund 6,6 Prozent zum Wirtschaftsprodukt bei, so die Studie „Impact Analysis of the Greek Shipping Industry“ der internationalen Beratungsgesellschaft Deloitte vom Januar 2020.

Die geostrategische Lage des Landes und die gut ausgebildeten Techniker zählen bei Investitionen in die Schiffbaubranche zu den großen Pluspunkten, informiert Deloitte in seiner Studie. Hinzu kommt die hohe Bereitschaft einheimischer Eigner, griechische Werften zu beauftragen. Nachholbedarf besteht dagegen bei den Arbeitsregelungen und beim Wartungsangebot für elektrische und elektronische Teile.

Handelsflotte bleibt an der Weltspitze

Die griechische Handelsschifffahrt steht, gemessen an der gesamten Tragfähigkeit, mit einem Anteil von 17,8 Prozent an der weltweiten Flotte weiterhin an erster Stelle. Dies gibt die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Unctad) in ihrer Studie „Review of Maritime Transport 2020“ bekannt. Es folgen Japan mit 11,4 Prozent und China mit 11,2 Prozent. Deutschland steht mit 4,4 Prozent auf Rang sechs.

Hellenische Eigner verfügten im Jahr 2019 über insgesamt 5.623 Schiffe und damit 2 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Gesamttragfähigkeit betrug rund 426,9 Millionen Tonnen (deadweight tonnage - dwt). Das bedeutete ein Wachstum von knapp 3,5 Prozent gegenüber 2019, berichtet das auf Schiffsverkehr spezialisierte griechische Marktforschungsunternehmen Petrofin.

Global lagen im Jahr 2020 knapp 18,5 Prozent der Massengutfrachter und fast ein Viertel der Tanker in griechischen Händen, meldet Unctad. Auf europäischer Ebene entfiel 2019 mehr als die Hälfte der gesamten Tragfähigkeit auf griechische Eigner, so der griechische Reederverband. Deutschland stand an zweiter Stelle mit einem Anteil in Höhe von 15,7 Prozent.

Im internationalen Vergleich schneiden griechische Reeder auch bei der Größe ihrer Schiffe deutlich überdurchschnittlich ab: Der griechische Reederverband gibt die durchschnittliche Tragfähigkeit für ein griechisches Schiff 2019 mit 81.118 dwt an. Weltweit beträgt dieser Wert 43.766 dwt.

Offene Fragen bei grüner Schifffahrt bremsen Nachfrage

Die Dekarbonisierung im Rahmen des europäischen Green Deal hat auch den Seeverkehr erreicht: Im September 2020 stimmte das Europäische Parlament dafür, die CO₂-Emissionen der Seeschifffahrt ab 2022 in das Emissionshandelssystem aufzunehmen. Darüber hinaus sollen die Reedereien dazu verpflichtet werden, ihre Emissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent im Vergleich zu 2008 zu senken. Damit sind sich das EU-Parlament und die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) einig. Die Regelungen sind bislang jedoch noch nicht in geltendes Recht überführt worden. 

Hinzu kommt, dass seit dem 1. Januar 2020 die neuen Emissionsvorschriften der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) gelten: Sie sehen für Schiffskraftstoffe einen Schwefelgehalt von höchstens 0,5 Prozent vor.

Griechische Reeder und Experten äußern sich sehr skeptisch gegenüber den neuen EU-Plänen. Noch steht nicht fest, welcher Treibstoff oder welche Technologie die optimale Lösung bieten wird. Experten befürchten, dass aktuell genutzte Technologien zur Verringerung von Emissionen noch während des Lebenszykus eines Schiffs ersetzt werden müssen. "Einige Reeder zögern, dieses Risiko einzugehen und halten sich bezüglich neuer Anschaffungen zurück", erklärt Harry Papachristou, Korrespondent von TradeWinds, einer Fachzeitschrift für internationale Handelsschifffahrt.

Beim Bau neuer Schiffe achten die Auftraggeber besonders auf Möglichkeiten zur Umstellung auf neue Treibstoffe, zum Beispiel Ammoniak, Methanol und Elektroantriebe. Besonders beliebt bleibt Flüssiggas (LNG).

Die Bereitstellung umweltschonender Treibstoffe in ausreichenden Mengen, beispielsweise von grünem Wasserstoff oder Strom aus erneuerbaren Energien, ist längerfristig noch nicht garantiert. Trotz der Einleitung der Dekarbonisierung gehen Experten davon aus, dass in der Branche noch viele Jahre konventionelle fossile Brennstoffe genutzt werden.

Neue Investoren modernisieren Werften

Griechische Werften orientieren sich künftig beim Umbau von Schiffen an Nachhaltigkeit und grünen Technologien. Neue Investoren übernahmen die beiden wichtigsten und zwischenzeitlich stillgelegten Werften Griechenlands. 

Die griechische Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Onex Group plant gemeinsam mit der US-amerikanischen Entwicklungsbank International Development Finance Corporation und der italienischen Gesellschaft Fincantieri, dem größten europäischen Schiffbauunternehmen, für 500 Millionen Euro die Werft in Elefsina zu sanieren und neue Dienstleistungen anzubieten.

Die Werft von Elefsina umfasst eine Kapazität von bis zu 180 Schiffen pro Jahr. Unter anderem sollen in Elefsina Schiffe auf umweltfreundliche Treibstoffe umgestellt werden. Der neue Inhaber plant außerdem, vor Ort ein Innovationszentrum zu gründen. 

Bereits zuvor hatte Onex die Werft Neorion auf der Insel Syros erworben. Das Unternehmen will die Synergien zwischen den beiden Werften ausbauen. Neorion baut und wartet Jachten sowie Schiffe der Kriegsmarine. Dank der Investitionen von Onex kann die Werft rund 100 Schiffe pro Jahr bedienen.

Die zyprische Firma Milina Enterprises Company Ltd des griechischen Reeders Georgios Prokopiou erwarb die größte griechische Werft in Skaramangas in Attika. Seit 2018 stand diese unter Sonderverwaltung der Behörden. Die Übergabe wird voraussichtlich im 2. Halbjahr 2022 erfolgen.

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