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Branchen | Iran | Haushaltsgeräteindustrie

Markt für weiße Ware expandiert

Irans Haushaltsgeräteindustrie nutzt die Abschottung des Landes für einen starken Ausbau der lokalen Produktion. Auch zukünftig dürfte es die ausländische Konkurrenz schwer haben.

Von Robert Espey | Dubai

Die iranische Haushaltsgeräteindustrie gehört zu den Branchen, die durch Importbeschränkungen und die US-Sanktionen kräftige Wachstumsimpulse erhalten. Die 2018 reaktivierten US-Sanktionen haben zu einem Rückzug westlicher Haushaltsgerätehersteller geführt. Zudem unterliegt der Import von weißer Ware seit Mitte 2018 weitgehenden Beschränkungen. Schon zuvor waren teilweise sehr hohe Einfuhrabgaben ein erhebliches Importhindernis. Die Regierung will offensichtlich zugunsten der lokalen Produzenten an den Einfuhrrestriktionen mittelfristig festhalten.

Investitionen und Technologietransfer statt Einfuhren

Der Sprecher der iranischen Home Appliances Manufacturers Union, Hamid Reza Ghaznavi, erklärt, ausländische Unternehmen seien als Investoren willkommen, wenn damit ein Technologietransfer verbunden sei. Montagebetriebe ausländischer Hersteller, die vom Import wichtiger Komponenten abhängig sind, werden als unerwünscht bezeichnet.

Die lokalen Hersteller sind an Kooperationen mit westlichen Unternehmen sehr interessiert, um das Qualitätsniveau zu erhöhen und Zugang zu neuesten Technologien zu erlangen. Gegenwärtig kämpfen iranische Haushaltsgeräte mit dem Image schlechter Qualität und niedriger technischer Standards. Allerdings sind die Preise im Vergleich zu ausländischen Konkurrenzprodukten (falls überhaupt verfügbar) erheblich günstiger.

So kostet beispielsweise eine 520 Liter Kühlgefrierkombination des lokalen Herstellers "Goldiran", der im oberen Preissegment angesiedelt ist, umgerechnet weniger als 450 Euro. Für ein vergleichbares Produkt von Bosch oder LG dürfte mindestens das Doppelte fällig sein.

Positiver Produktionstrend setzt sich fort

In der Vergangenheit war die lokale Haushaltsgeräteherstellung durch schwankenden Ausstoß, aber nicht durch einen Wachstumstrend gekennzeichnet. Nach Angaben des Industrieministeriums erreichte die Produktion von Kühl- und Gefriergeräten 2014/2015 (iranisches Jahr 1393; 21. März bis 20. März) mit 1,3 Millionen Einheiten einen Höhepunkt. Nur noch 0,7 Millionen Geräte wurden 2015/2016 produziert. In den nächsten drei Jahren (2016/2017 bis 2018/2019) bewegte sich der Ausstoß zwischen 1 Million und 1,1 Millionen.

Den sanktionsbedingten Abgang westlicher Anbieter und die starken Importbeschränkungen nutzen die lokalen Hersteller zur deutlichen Ausweitung ihres Angebots. Die Kühl- und Gefriergeräteproduktion hat sich zwischen 2018/2019 und 2020/2021 nahezu verdoppelt auf 2,1 Millionen Einheiten. Auch bei der Waschmaschinenproduktion konnte 2020/2021 mit 1,1 Millionen Geräten ein neuer Spitzenwert erreicht werden.

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Im laufenden Jahr 2021/2022 zeichnet sich eine weitere deutliche Steigerung der Haushaltsgeräteproduktion ab. In den ersten fünf Monaten (21. März bis 20. August) legte der Kühl- und Gefriergeräteausstoß um 12 Prozent auf 0,9 Millionen Einheiten zu, bei Waschmaschinen kam es zu einer Steigerung um 37 Prozent auf 0,5 Millionen Einheiten.

Vor einigen Monaten wurde in Iran auch mit der Fertigung von Geschirrspülmaschinen begonnen. Die Geräte werden bei zwei bekannten Haushaltsgeräteherstellern montiert. Angaben über die Produktionsmengen liegen aber nicht vor. Daten zur lokalen Produktion von Haushaltskleingeräten (Küchenmaschinen, Staubsauger, Mikrowellenherde etc.) sind ebenfalls nicht verfügbar. Der Branchenverband gibt an, dass die Zahl der gefertigten Haushaltsklein- und -großgeräte 2020/2021 um 24 Prozent auf etwa 15 Millionen expandiert sei.

Trotz des gestiegenen Ausstoßes sind die Produktionskapazitäten bei weitem nicht ausgelastet. Das weitere Wachstum der iranischen Haushaltsgeräteindustrie könnte aber durch Versorgungsengpässe bei Vorerzeugnissen und Komponenten abgebremst werden. Nach Darstellung des Branchenverbandes haben die Hersteller von Kühl- und Gefriergeräten Probleme bei der lokalen Beschaffung ausreichender Mengen des Thermoplastmaterials ABS (Acrylnnitril-Butadien-Styrol) sowie notwendiger Stahl-, Kupfer- und Aluminiumteile.

Zudem bereitet die Einfuhr von im Land nicht oder nicht ausreichend verfügbaren Vorerzeugnissen und Komponenten Schwierigkeiten, Devisen sind sehr knapp und teuer. Dem Vernehmen nach ist China der wichtigste ausländische Zulieferer der iranischen Haushaltsgeräteindustrie.

Einfuhren stark gesunken

Eine Auswertung der Exportdaten der Lieferländer von Haushaltsgeräten (SITC 775: elektrische und nichtelektrische Haushaltsgeräte) ergibt für 2019 Ausfuhren nach Iran in Höhe von 558 Millionen US-Dollar (US$). Davon entfallen 81 Prozent (beziehungsweise 452 Millionen US$) auf die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).

Bei den VAE-Lieferungen nach Iran handelt es sich im Wesentlichen um Re-Exporte über die Handelsdrehscheibe Dubai. In welchem Umfang diese Wiederausfuhren in den Exportstatistiken der Herkunftsländer ebenfalls als Iran-Exporte erfasst sind (Doppelzählung), ist nicht zu ermitteln. Für 2020 fehlen bislang die VAE-Daten. Es ist aber von einem weiteren Rückgang auszugehen. Zwischen 2017 und 2019 hatten sich die VAE-Haushaltsgerätelieferungen nach Iran um 24 Prozent vermindert.

Ausfuhren von Haushaltsgeräten nach Iran 2017 bis 2020 (ausgewählte Lieferländer; in Millionen US$) 1)

Lieferländer

2017

2018

2019

2020

Vereinigte Arabische Emirate 2)

596

529

452

k.A.

China

357

171

92

68

Türkei

144

52

6

5

Italien

9

2

1

2

Deutschland

21

7

1

2

Südkorea

144

48

0

0

1) SITC 775; 2) vor allem Re-Exporte über DubaiQuelle: Daten der Lieferländer, UN Comtrade

Chinas Lieferungen sind zwischen 2017 und 2020 um 81 Prozent auf 68 Millionen US$ gesunken. Im selben Zeitraum sind die türkischen Ausfuhren um 97 Prozent auf 5 Millionen US$ gefallen. Aus der Türkei kamen auch dort hergestellte Bosch-Haushaltsgeräte. Aus Südkorea kommen nahezu keine Geräte mehr.

Die chinesischen Haushaltsgeräteausfuhren nach Iran konzentrierten sich 2020 auf Elektrowärmegeräte (35 Millionen US$; SITC 775.8). Es folgten elektromechanische Geräte (15 Millionen US$; SITC 775.7), Waschmaschinen (9 Millionen US$; SITC 775.1) sowie Kühl- und Gefriergeräte und Rasierapparate etc. (SITC 775.2) für jeweils 4 Millionen US$.

Branchenvertreter sprechen von erheblichen Einfuhren, die als Schmuggelware ins Land kommen. Legale Importmöglichkeiten bestehen unter anderem für Bewohner von Grenzregionen. Offiziellen Angaben zufolge werden auf diesem Weg jährlich Haushaltsgeräte im Wert von etwa 1,5 Milliarden US$ eingeführt.

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