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Corona bringt Israels Fitnessmarkt durcheinander
Sportstudios haben durch die Pandemie Langzeitschäden erlitten. Dagegen stellten sich die Bürger Sportgeräte in die eigenen vier Wände wie nie zuvor. Die Importe schnellten hoch.
09.07.2021
Von Wladimir Struminski | Jerusalem
Des einen Leid ist des anderen Freud. Besser als mit diesem alten Spruch lassen sich die Folgen der Coronakrise für den israelischen Markt für Fitness und Sport nicht beschreiben. Die Leidtragenden der Pandemie waren massiv die Fitnessstudios. In der heißen Phase der Epidemie reichten die von der Regierung verhängten Freizügigkeitsbeschränkungen vom Verbot von Menschenversammlungen bis hin zu nahezu vollständigen Ausgangssperren. Für die Studios bedeutete das auf dem Höhepunkt der Krise einen Rückgang der Neumitgliedschaften und der Mitgliedschaftserneuerungen um schätzungsweise 95 Prozent.
Umsatzeinbruch und Firmenschließungen
Im Sommer 2021, in dem die allermeisten Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie dank einer erfolgreichen Impfkampagne aufgehoben worden sind, stellt sich indessen die Frage, wie schnell sich die Branche erholen kann. Eine Studie der israelischen Wirtschaftsinformationsfirma CofaceBDI zeigt, dass der Gesamtumsatz der Fitnessstudios 2020 in laufenden Binnenpreisen gegenüber dem Vorjahr um 41 Prozent nachgegeben hat. In Dollarwerten erreichte er 2020 umgerechnet 662 Millionen US-Dollar (US$).
Diese Zahl schließt das erste Quartal 2020 ein, in dem die ökonomischen Folgen der Pandemie noch so gut wie gar nicht zu spüren waren. Daher ist anzunehmen, dass der Branchenumsatz in den drei letzten, von Corona geprägten Vierteljahren 2020 viel stärker eingebrochen ist, wahrscheinlich um 60 bis 65 Prozent. Die von CofaceBDI durchgeführte Untersuchung erfasste Fitnessklubs, Studios zum Muskelaufbau, Fitnessräume in Country Clubs und organisierte Freiluftsportaktivitäten.
Die Studie ergab ferner, dass rund 350 der circa 2.070 Anfang 2020 bestehenden Studios im Jahresverlauf geschlossen wurden. Das entspricht einer Quote von 17 Prozent. Allerdings haben auch viele der Studios, die die Krise überlebt haben, mit Schwierigkeiten zu kämpfen.
Langsame Erholung erwartet
Wie Tehila Yanai, Co-Geschäftsführerin von CofaceBDI erklärte, hätten viele Studios während der Krise ihren Kunden erlaubt, die Mitgliedschaft ruhen zu lassen. Nach der Wiedereröffnung müssten sie diesen Kunden ihre Dienste vorerst ohne zusätzliche Bezahlung anbieten. Mehr als das: Nach Schätzung von CofaceBDI dürften rund 30 Prozent der vor der Krise registrierten Mitglieder von Indoor-Studios in den Jahren 2021 und 2022 ihre Mitgliedschaft nicht erneuern.
Yaron Sela, Inhaber der Fitnesskette Great Shape und Vorsitzender der Vereinigung der Sport- und Fitnessunternehmen fürchtet ebenfalls, dass zahlreiche Kunden längerfristig ausbleiben werden. Das erklärte Sela im Mai 2021 gegenüber der Wirtschaftszeitung The Marker.
Somit stehen der Branche schwere Zeiten bevor, wobei die hohen Fixkosten bei geringeren Einnahmen besonders ins Gewicht fallen. Nach Angaben von CofaceBDI sind die führenden Fitnessstudioketten des Landes (in alphabetischer Reihenfolge auf Hebräisch) Great Shape, Holmes Place, Country (Central Country Club Network), Studio C, Spice und Profit.
Heimtraining lässt die Einfuhr boomen
Während der Krise stellten sich viele Menschen auf körperliche Betätigung in den eigenen vier Wänden oder im Freien um. Sporttätigkeit an der freien Luft durch Einzelne ohne Begleitung war auch während der Lockdowns erlaubt.
Diese Umstellung gab der Einfuhr von Sportgeräten kräftigen Auftrieb. Zwar hatten die Importe dieser Warenkategorie (SITC 894.7) auch vor Corona einen Aufwärtstrend aufgewiesen, doch schnellten sie 2020 sprunghaft nach oben und legten in laufenden Dollarpreisen um 31,8 Prozent zu.
Zu 76,8 Prozent rührte dieser Anstieg von einem Importboom der SITC-Position 894.78 her: Geräte und Ausrüstungsgegenstände für die allgemeine körperliche Ertüchtigung, Gymnastik oder Leicht- und Schwerathletik. Deren Einfuhr schoss 2020 um 54,4 Prozent in die Höhe.
Nicht ganz so eindeutig sah die Situation beim Import von Fahrrädern (ohne Motor) aus. Dieser nahm 2020 um 36,5 Prozent zu, doch folgte dieser Anstieg einem kräftigen Rückgang im Vorjahr, sodass es sich zumindest zum Teil um einen technischen Erholungseffekt handeln dürfte. Tatsache bleibt dennoch, dass die Fahrradimporte 2020 einen historischen Höchstwert erreicht haben. Ihre sprunghafte Zunahme dürfte zumindest zum Teil auf den Wunsch nach Fitness während der Coronakrise zurückgehen.
Einfuhr von Sportgeräten und Fahrrädern 2016 - 2020 (Mio. US$)
Jahr | Sportgeräte (SITC 894.7) | Davon: SITC 894.78 *) | Fahrräder ohne Motor (SITC 785.2) |
---|---|---|---|
2016 | 83,9 | 32,1 | 32,1 |
2017 | 91,4 | 38,1 | 34,9 |
2018 | 99,2 | 37,7 | 34,5 |
2019 | 96,5 | 43,2 | 28,5 |
2020 | 127,2 | 66,7 | 38,9 |
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