Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Kasachstan | Energie

Kasachstan sucht Investoren für Kraftwerke als Netzreserve

Interessenten sind zu Auktionen Ende 2021 eingeladen. Staatliche Investitionszuschüsse fließen in die Modernisierung mehrerer Kraftwerke. Über ein Kernkraftwerk wird debattiert.  

Von Jan Triebel | Almaty

Kasachstans Fortschritt beim Ausbau im Bereich der erneuerbaren Energien hat auch eine Kehrseite: Um einer möglichen Unterversorgung in Phasen mit wenig Sonne oder Wind entgegenzuwirken, müssen Netzreserven her. Die bereits seit einiger Zeit bekannten Pläne wurden nun konkretisiert. Das zuständige Energieministerium hat Ende September 2021 Eckdaten zu drei Kraftwerksprojekten veröffentlicht, für die im Rahmen von Auktionen Investoren gesucht werden. Die Versteigerungen finden vom 27. bis 29. Dezember 2021 statt. Leistungsmäßig geht es um insgesamt 1.140 Megawatt. Die Kapazitäten müssen bis Ende 2025 einsatzbereit sein.

Details zu den angekündigten Auktionen für Netzreserven

Kraftwerksart

Leistung (kombiniert)

Standort (Versorgungszone)

(Angebots-)Höchstpreis für 1 MW installierter Leistung je Monat (in US$ *)

Termin der Auktion

GuD-Kraftwerk

240 MW

Südzone (Gebiet Kysylorda)

27.272,54

27.12.2021

Kraftwerke, die keine fossilen Brennstoffe verwenden

350 MW

Nord- und Südzone

23.023,53

28.12.2021

Gasturbinenkraftwerk und/oder Wasserkraftwerk

550 MW

Nord- und Südzone

23.023,53

29.12.2021

*) Umrechnung zum Kurs der Zentralbank Kasachstans am 18. Oktober 2021: 1 US-Dollar (US$) = 425,78 Tenge (T)Quelle: Energieministerium Kasachstans

Über den Zuschlag bei dem Auktionsmodell entscheidet der jeweils günstigste Tarif, den die Bieter ansetzen, um ihre Kosten für Bau und Unterhalt der geplanten Kraftwerke einzuspielen. Als Berechnungsgrundlage dient dabei die monatliche Vergütung für jeweils 1 Megawatt installierter Leistung. Für das Vorhalten der fraglichen Kapazitäten gelten jeweils Höchstpreise, die bei den Auktionen nicht überschritten werden dürfen.

Festgelegt wurden zudem weitere Ausschreibungsdetails, darunter die Höhe der finanziellen Sicherheiten, die für die Teilnahme am Zuschlagsverfahren und die Vertragserfüllung anfallen. Außerdem sind potenzielle Investoren aufgefordert, Interessensbekundungen zwischen Mitte und Ende November 2021 beim Energieministerium einzureichen.

Mehr Investitionszuschüsse für Modernisierung bestehender Kraftwerke  

Neben der Schaffung von Netzreserven kommt Kasachstan auch bei der Modernisierung und/oder Erweiterung von bestehenden Kapazitäten zur Strom- und Wärmeerzeugung schrittweise voran. Dazu verhandelte das Energieministerium im Herbst 2021 beispielsweise mit insgesamt fünf Kraftwerksbetreibern im Land über den Abschluss von Investitionsabkommen.

Kraftwerksprojekte mit Aussicht auf Investitionsvereinbarung

Kraftwerk (Standort)

Geplante Investition (in Mio. US$*)

Eingesetzter Energieträger

Installierte Leistung (davon von Investitionen betroffen)

Pawlodarenergo (Pawlodar/Gebiet Pawlodar)

79

Kohle

662 MW (87 MW)

Stepnogorskaja TEZ (Stepnogorsk/Gebiet Akmola)

33

Kohle

180 MW (50 MW)

Aktöbe TEZ (Aktöbe/Gebiet Aktöbe)

31

Gas

118 MW (54 MW)

Sewkasenergo (Petropawl/Gebiet Nordkasachstan)

20

Kohle

541 MW (48 MW)

Kysylorda teploelektrozentral (Kysylorda/Gebiet Kysylorda)

17

Heizöl

44 MW (44 MW)

*) Umrechnung zum Kurs der Zentralbank Kasachstans am 18. Oktober 2021: 1 US-Dollar (US$) = 425,78 Tenge (T)Quelle: Energieministerium Kasachstans; Recherchen von Germany Trade & Invest

Bei diesen wird traditionell auf das Tarifmodell "Preiszugeständnisse im Tausch gegen Investitionen" gesetzt. Dessen Grundidee ist es, dass der Staat die jeweiligen Vorhaben indirekt bezuschusst. Dazu wird mit dem investitionswilligen Kraftwerksbetreiber ein individueller Großhandelspreis für den von ihm produzierten Strom vereinbart, der teilweise deutlich über dem zentral regulierten Tarif liegt. Die Laufzeit dieser höheren Abnahmepreise beträgt zumeist mehrere Jahre.

Auch wenn dieses Modell nicht unbedingt marktkonform ist, hat sich dieser Ansatz in Kasachstan in den letzten Jahren bereits mehrfach als probates Mittel erwiesen, um die kostspielige Modernisierung und Erweiterung von Kapazitäten zur Strom- und Wärmeerzeugung zu ermöglichen. Im bisherigen Verlauf des Jahres 2021 wurden bereits acht derartige Investitionsvereinbarungen neu abgeschlossen.

Kraftwerksprojekte mit bestehender Investitionsvereinbarung

Kraftwerk (Standort)

Eingesetzter Energieträger

Geplante Maßnahmen

Umsetzungszeitraum *)

von Investitionen betroffene Leistung

Batys Power (Beles/Gebiet Westkasachstan)

Gas

Drei neue Gasturbinenblöcke

2025 bis 2033

375 MW

Karaganda Energozentr (Karagandy/Gebiet Karagandy)

Kohle

Zusätzlicher Dampferzeuger; Austausch Turbineneinheit (jeweils TEZ-2)

2026 bis 2036

105,6 MW

Ekibastusiskaja GRES-1 (Ekibastus/Gebiet Pawlodar)

Kohle

Umfassende Modernisierung von Block 1

2025 bis 2031

476,6 MW

Ust-Kamenogorskaja TEZ (Öskemen/Gebiet Ostkasachstan)

Kohle

Zusätzlicher Dampferzeuger; Austausch Turbineneinheit

2025 bis 2034

118,8 MW

Ridder TEZ (Ridder/Gebiet Ostkasachstan)

Kohle

Austausch Turbineneinheit

2023 bis 2029

27 MW

Atyrauskaja TEZ (Atyrau/Gebiet Atyrau)

Gas

Umfassende Modernisierung eines Blocks

2023 bis 2032

120 MW

SagatEnergy (Atyrau/Gebiet Atyrau)

Gas

Erweiterung

Mitte 2022 bis 2029

26 MW

Schardarinskaja GES (Schardara/Gebiet Turkestan)

Wasser

Umfassende Modernisierung

seit März 2020 bis 2028

61 MW

*) Laufzeit der TarifzugeständnisseQuelle: Energieministerium Kasachstans; Recherchen von Germany Trade & Invest

Parallel dazu halten die Verantwortlichen im Energieministerium Ausschau nach weiteren Optionen, um auch langfristig mit dem steigenden Stromkonsum im Land Schritt halten zu können. Während sich Kasachstans Verbrauch von elektrischer Energie in der Vergangenheit mit durchschnittlich rund 2 Prozent pro Jahr recht überschaubar erhöht hatte, wurde für die ersten neun Monate 2021 ein Stromverbrauch registriert, der um etwa 7 Prozent höher als im fraglichen Vorjahreszeitraum lag.

Bau eines Kernkraftwerks wieder auf der Agenda

Diese Entwicklung hat die bereits seit längerem kontrovers geführte Diskussion über den möglichen Bau eines kasachischen Kernkraftwerks zusätzlich befeuert. Pressemeldungen zufolge werden derzeit verschiedene Optionen von Anbietern dieser Technologie aus den USA, Südkorea, Frankreich, China und Russland geprüft. Daraus resultierende Empfehlungen sollen bis September 2022 der Öffentlichkeit vorgelegt werden. Als ein möglicher Standort wurde in der Vergangenheit immer wieder das südliche Ufer des Balchasch-Sees im Gebiet Almaty ins Gespräch gebracht.

Ob letztlich das kasachische Volk über den Bau eines Kernkraftwerks abstimmen wird, wie es Staatspräsident Kassym-Schomart Tokajew zu einem früheren Zeitpunkt angekündigt hatte, bleibt abzuwarten. Einer aktuellen Umfrage zufolge würden bei einer solchen Abstimmung 55 Prozent der Bevölkerung ein Kernkraftwerk auf kasachischem Boden ablehnen.

Beschränkungen für das Schürfen von Kryptowährungen wahrscheinlich

Um die Versorgungssicherheit bei Strom im Land langfristig gewährleisten zu können, schließt das Energieressort auch Beschränkungen für ausgewählte Konsumenten des recht günstigen kasachischen Stroms nicht aus. Davon betroffen könnte etwa das Schürfen von Kryptowährungen sein, das in Kasachstan 2021 einen starken Zulauf verzeichnet.

So werden aktuell Obergrenzen beim Netzanschluss für Akteure des Bereichs Bitcoin & Co. diskutiert. Eine Kryptofarm soll demnach nur dann vom staatlichen Stromnetzbetreiber KEGOC Zugang zum Netz erhalten, wenn ihre Leistung 1 Megawatt nicht übersteigt. Außerdem soll die landesweite Leistungsaufnahme durch das Kryptomining bei insgesamt 100 Megawatt gedeckelt werden.

Für den jüngsten Popularitätsschub in Kasachstan ist vor allem das Verbot dieser Aktivitäten im Nachbarland China verantwortlich, dass dort im Sommer 2021 verhängt wurde. Als Reaktion darauf wechselten zahlreiche Akteure in die zentralasiatische Steppenrepublik und machten diese für das Kryptomining in kurzer Zeit zum weltweit zweitwichtigsten Standort.

Gemäß dem Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index (CBECI) entfielen im August 2021 auf Kasachstan gut 18 Prozent der weltweiten Hashrate, mit der die für Bitcoin & Co. genutzte Rechenleistung bemessen wird. Der Anteil des Landes war somit mehr als doppelt so hoch wie noch im Juni 2021. Der von der University of Cambridge ermittelte Index sah die USA im August 2021 mit gut 35 Prozent ganz vorne; hinter Kasachstan belegte Russland mit rund 11 Prozent den dritten Rang.

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.