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Kleinbauern dominieren den Anbau
Kenias Landwirtschaft ist 2020 mit einem Wachstum von geschätzt 5 Prozent deutlich besser durch die Pandemie gekommen als der Rest der Wirtschaft.
03.08.2021
Von Ulrich Binkert | Bonn
Ausreichend Regen sorgte für gute Ernten, und auch die Exporte von Obst, Blumen, Tee und Kaffee hatten sich nach anfänglichen Einbrüchen schnell erholt. Der Sektor dürfte sein Wachstumstempo beibehalten. Die Economist Intelligence Unit (EIU) verweist bei ihrer Prognose auf eine künftig gute Exportnachfrage, allerdings auch auf die Abhängigkeit von Niederschlägen. Eine Gefahr stellen weiterhin die Heuschrecken dar, die im Vorjahr große Schäden angerichtet hatten.
Exportgut Tee findet neue Abnehmer
Von seinem wichtigsten Exportgut Tee setzte Kenia 2020 ein Fünftel mehr im Ausland ab als 2019. Die Branche erschloss neue Märkte, auch weil der Konkurrent Indien weniger produzierte. Die durchschnittlich erzielten Preise sanken allerdings wie schon im Vorjahr. Die großen Teegesellschaften möchten den Anbau mechanisieren. Die Kaffeeexporte stiegen leicht auf 216 Millionen US-Dollar (US$), mit einer Tendenz zu besseren Preisen gegen Jahresende. Die Erzeugung hingegen schrumpfte 2020. Etliche Farmen in der Nähe von Nairobi haben Flächen in Bauland umgewandelt, weil das lukrativer ist.
Die Blumenexporte werden 2021 nach Einschätzung des Kenya Flower Council weiter steigen. Kenianische Qualitätsblumen seien derzeit weltweit gefragt. Hilfreich seien außer neuen Handelsabkommen vor allem höhere Preise. Steigende Notierungen hatten dem Sektor den Angaben zufolge bereits 2020 mehr Exporteinnahmen verschafft, was ironischerweise auch Corona zu verdanken war. Der heftige, aber kurze Nachfrageeinbruch nach Ausbruch der Pandemie hatte weltweit das Angebot vermindert und so die Preise stabilisiert.
Mais ist wichtigstes Grundnahrungsmittel
Die Produktion von Mais bleibt in der Saison 2021/22 auf dem Rekordniveau der Vorperiode, erwartet das US-Agrarministerium (USDA). Die Gründe hierfür seien gutes Wetter, eine hohe Nachfrage und stabile Preise. Außerdem hätten Bauern wegen Covid ihre Anbauflächen vergrößert: Die Pandemie habe beschäftigungslose Städter zurück aufs Land getrieben und so die Zahl der Arbeitskräfte dort erhöht. Mais ist wichtigstes Grundnahrungs- und Futtermittel in Kenia und wird überwiegend von Kleinbauern angebaut. Geschätzte 30 bis 40 Prozent des Ertrags gehen dabei nach der Ernte verloren, wegen des Schimmelpilzgifts Aflotoxin.
Weizen steht in Kenia zwar nur auf einem Zehntel der Anbaufläche von Mais, er wird wegen des wachsenden Bäckereisektors aber lukrativer. Dies und gutes Wetter dürften die großen Farmen, die diesen Sektor bestimmen, in der kommenden Saison zu einer deutlichen Ausweitung der Produktion veranlassen.
Reis ist ein Beispiel für die kritische Abhängigkeit der kenianischen Landwirtschaft von Niederschlägen. Praktisch der gesamte Anbau basiert auf Bewässerung - deren Kapazität laut USDA ausgeschöpft sei und die sich nicht so einfach ausweiten lasse. Kenianischer Reis ist von relativ niedriger Qualität, und das Land importiert etwa 80 Prozent seines Bedarfs.
Zucker zuletzt mit höherer Produktion
Die Erzeugung von Zuckerrohr ist in den letzten Jahren tendenziell zurückgegangen. Kleinbauern, die den Anbau dominieren, sind auf lukrativere Pflanzen wie Mais umgestiegen - obwohl Kenia nur etwa die Hälfte seines Zuckerbedarfs selber produziert. Generell schwankt der Output stark, 2020 stieg die Zuckerproduktion im Vorjahresvergleich immerhin um über ein Drittel auf gut 600.000 Tonnen.
Ein Großteil der kenianischen Landwirte sind Klein- oder Subsistenzbauern. Im starken Gegensatz dazu stehen die niederländischen Blumenfarmen und andere große Agrarunternehmen, die vor allem Tee und Kaffee exportieren. Als Problem bei den oft ausländischen Investitionen in Großfarmen gelten unsichere Landrechte.
Produktion wichtiger landwirtschaftlicher Erzeugnisse (in Tsd. Tonnen) und Veränderung im Jahresvergleich (in Prozent)
Erzeugnis | 2019 (1.000 t) | 2019/2010 (%) | 2019/2015 (%) | 2019/2018 (%) |
---|---|---|---|---|
Getreide | 4.936 | 14 | 9 | 3 |
Mais | 3.897 | 12 | 2 | -3 |
Weizen | 366 | -28 | 53 | 9 |
Hülsenfrüchte | 1.191 | 100 | -9 | -3 |
Maniok | 971 | 200 | 37 | 3 |
Ölsaaten | 202 | 25 | -5 | 0 |
Süßkartoffeln | 894 | 9 | -27 | 3 |
Obst | 4.004 | 25 | 31 | 18 |
Bananen | 1.716 | 8 | 33 | 21 |
Mangos | 868 | 57 | 27 | 28 |
Ananas | 278 | 2 | 38 | -20 |
Avocados | 365 | 80 | 168 | 56 |
Zitrusfrüchte | 191 | -23 | -18 | 0 |
Zuckerrohr | 4.606 | -19 | -36 | -12 |
Gemüse | 2.735 | 15 | 28 | 9 |
Kohl | 829 | 6 | 13 | 23 |
Kartoffeln | 2.000 | -27 | 2 | 7 |
Kaffee (grün) | 45 | 6 | 6 | 8 |
Tee | 459 | 15 | 15 | -7 |
Die in Kenia ansässigen deutschen Unternehmen, die von Nairobi aus oft auch ganz Ostafrika bedienen, stellen ihre Aktivitäten wegen der Corona-Pandemie bislang nicht infrage. Allerdings gibt es derzeit auch kaum Meldungen über geplante Neuansiedlungen deutscher Firmen. Die Weltbank attestiert Kenia in Afrika das viertbeste Geschäftsumfeld nach Mauritius, Ruanda und Marokko. In ihrem Ease of Doing Business Index liegt das Land aktuell auf Rang 56 und damit vor Luxemburg oder Italien - 2014 hatte sich Kenia noch auf dem 129. Platz befunden.