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Wirtschaftsumfeld | Litauen | Handel

Deutsche Firmen vom Konflikt zwischen China und Litauen betroffen

Der politische Streit zwischen China und Litauen hat wirtschaftliche Auswirkungen. Der Handel zwischen den beiden Ländern ist  blockiert. Taiwan kündigt einen Investitionsfonds an.

Von Niklas Becker | Helsinki

China und Litauen streiten über die Eröffnung und Namensgebung einer de-facto-Botschaft Taiwans in dem baltischen Land. Dieser Konflikt hat nun auch wirtschaftliche Auswirkungen: China hat Litauen Ende November 2021 aus seinem Zollsystem gestrichen. Damit können litauische Waren nicht mehr ins Reich der Mitte exportiert und keine chinesischen Waren in das baltische Land importiert werden. Die chinesische Seite dementiert und weist die Vorwürfe zurück.

China setzt Firmen unter Druck

Betroffen ist aber nicht nur der litauisch-chinesische Warenaustausch. Dem Vernehmen nach setzt China auch Firmen in anderen Ländern unter Druck, dass für das Reich der Mitte bestimmte Waren keine Komponenten aus Litauen mehr enthalten sollen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf einen hochrangigen litauischen Regierungsbeamten und einen Industrieverband bereits Anfang Dezember 2021, dass China multinationale Unternehmen auffordert, ihre Beziehungen zu Litauen abzubrechen, um nicht vom chinesischen Markt ausgeschlossen zu werden.

"Sie haben multinationale Firmen darüber informiert, dass sie nicht mehr auf dem chinesischen Markt verkaufen oder sich dort versorgen dürfen, wenn sie litauische Teile verwenden",

zitiert Reuters Mantas Adomenas, Litauens Vize-Außenminister. Erste Betriebe hätten ihm zufolge Verträge mit litauischen Zulieferern gekündigt.

Ein Ausschluss litauischer Firmen aus europäischen Wertschöpfungsketten würde die Volkswirtschaft hart treffen. Viele Betriebe im Land sind als Zulieferer für nach China exportierende Unternehmen tätig. Einen negativen Einfluss könnten die politischen Spannungen auch auf die Attraktivität des litauischen Investitionsstandorts haben. Eingeschränkte Exportmöglichkeiten könnten neue Investoren abschrecken. 

Laut litauischer Investitionsagentur stehen 40 Prozent der Firmen im Land aufgrund der Streitigkeiten vor Problemen. Vidmantas Janulevičius, Präsident des litauischen Industrieverbands (Lietuvos pramonininkų konfederacijos), zufolge könnten der heimischen Industrie jährlich Umsätze von 3 Milliarden bis 5 Milliarden Euro verloren gehen. 

Deutsche Unternehmen sind betroffen

Das faktische Handelsembargo betrifft auch deutsche Unternehmen, die Produktionsstandorte in Litauen betreiben. Die in diesen Werken hergestellten Waren werden zum Teil in Deutschland weiterverarbeitet und nach China exportiert. Mehr als 50 Investitionsprojekte deutscher Firmen in Litauen hat fDi Markets seit 2015 gezählt.

Nach Angaben des litauischen Statistikamtes beliefen sich die kumulierten deutschen Direktinvestitionen bis Ende September 2021 auf fast 5,6 Milliarden Euro. Die Behörde beziffert die Zahl der deutschen Investoren im Land auf 476 (Stand Ende 2020). Zu den bekanntesten gehören die beiden Automobilzulieferer Hella und Continental. Die beiden Unternehmen hatten Ende 2020 beziehungsweise Anfang 2021 zusätzliche Investitionen in ihre Werke in Kaunas angekündigt. Beide Firmen betreiben auch Produktionsstätten in China. 

Ein Exportverbot von Produkten mit litauischen Komponenten nach China würde auch deutsche Firmen treffen, die zwar keine eigene Produktionsstätte in dem baltischen Land haben, aber bei litauischen Zulieferern einkaufen. Den aus Litauen importierten Waren fällt in der Gesamtbetrachtung der deutschen Einfuhren nur eine geringe Rolle zu. Insgesamt kamen die aus Litauen nach Deutschland importierten Waren 2020 mit einem Volumen von 2,2 Milliarden Euro auf einen Anteil von 0,2 Prozent an den gesamten deutschen Einfuhren. Macht China seine mutmaßlichen Drohungen jedoch wahr, könnten auch schon einzelne litauische Komponenten für den Ausschluss deutscher Produkte vom chinesischen Markt sorgen.  

Taiwan kündigt hohe Investitionen an

Taiwan will als Reaktion auf den Streit zwischen Litauen und China 175 Millionen Euro in die litauische Industrie investieren. Bereits zuvor hatte Taiwan die Einrichtung einer Arbeitsgruppe von Halbleiterexperten in Litauen angekündigt. Sie soll Fachwissen vermitteln und Ingenieure ausbilden. Wie Mitte Januar 2022 bekannt wurde, könnte die Unterstützung Taiwans noch größer ausfallen: Die taiwanesische Regierung erwägt die Einrichtung eines zusätzlichen Darlehensfonds in Höhe von 1 Milliarde Euro. 

Litauische Exporte nach China wachsen 

Die wirtschaftlichen Auswirkungen für Litauen aufgrund des Wegfalls des chinesischen Exportmarktes dürften zwar insgesamt überschaubar bleiben. 2020 lieferten litauische Firmen Waren im Wert von 316 Millionen Euro nach China, ein Anteil von 1,1 Prozent an den gesamten litauischen Ausfuhren. Allerdings ist die Bedeutung des chinesischen Exportmarktes für einige Branchen hoch. Unter anderem berichtet der litauische Laserverband (Lietuvos lazerių asociacija), dass China für die Unternehmen der Branche ein wichtiger Absatzmarkt ist. 

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In den vergangenen Jahren ist der Wert der nach China verkauften litauischen Waren stetig gestiegen. 2019 meldete Eurostat einen Zuwachs der Exporte um fast 47 Prozent, im Coronajahr 2020 um mehr als 14 Prozent.  

Importe aus China spielen zum Teil eine große Rolle

Stärker würden ausbleibende Einfuhren aus China ins Gewicht fallen. 2020 kaufte die baltische Volkswirtschaft chinesische Waren im Wert von fast 1,2 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Importanteil von 4 Prozent. Die Bedeutung dieser Waren für Litauen ist gestiegen. 2020 verzeichnete Eurostat einen Zuwachs chinesischer Importe von 26,9 Prozent gegenüber 2019. In den ersten zehn Monaten 2021 erfolgte im Jahresvergleich ein weiterer Anstieg um fast 31 Prozent. 

Deutlich wird die Bedeutung der Einfuhren aus China bei der Betrachtung einzelner Produktgruppen: Der Anteil der aus dem Reich der Mitte eingeführten Vorerzeugnisse lag 2020 mit 319 Millionen Euro bei 7,5 Prozent. Bei den Fertigerzeugnissen waren es mit 285 Millionen Euro 9 Prozent.

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