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Branchen | Polen | Chemische Industrie

Markttrends

Immer wichtiger und umweltschonender wird die Chemieindustrie in Polen. Sie stellt künftig mehr Kunststoffe und Petrochemieprodukte her. Der Output an Dünger, Reifen, Farbe steigt.


Von Beatrice Repetzki | Berlin

Vielfältige Vorhaben zeichnen sich ab

Dank umfangreicher Investitionen und neuer Projekte wächst die polnische Chemieindustrie weiter und wird dabei innovativer und umweltfreundlicher. Nach einem deutlichen Zuwachs 2020 bei Koks-/Erdölraffinerieprodukten und Chemikalien/chemischen Produkten expandierten die Investitionen in diesen Bereichen auch im 1. Halbjahr 2021 weiter. Die Sparte der Gummi- und Kunststoffprodukte investierte dagegen 2020 weniger als noch 2019, steigerte jedoch ihre Investitionen im 1. Halbjahr 2021 einstellig. 

 

Investitionen der polnischen Chemieindustrie (in Millionen Euro; Veränderung in Prozent) ¹⁾ ²⁾
 

2022

Veränderung

1. Halbjahr 2023

Veränderung

Koks, Erdölraffinerieprodukte

1.827

85,4

k.A.

k.A.

Chemikalien, chemische Produkte

1.255

12,7

512,9

0,3

Gummi- und Kunststoffprodukte

1.301

14,4

689,8

37,1

1 Angaben betreffen Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern; 2 nominale Veränderung zu 2021 und zum 1. Halbjahr 2022 auf Złoty-Basis.Quelle: Statistisches Hauptamt GUS 2023

In den ersten sieben Monaten 2021 stiegen die Umsätze der Hersteller mit mindestens zehn Mitarbeitern von Chemikalien / Chemieprodukten und Gummi-/Kunststoffprodukten gegenüber Januar bis Juli 2020, während die der Hersteller von Koks/Erdölraffinerieprodukten rückläufig waren. Auch schon 2020 sanken die Verkäufe von Koks/Erdölraffinerieprodukten gegenüber 2019 laut dem Statistischen Hauptamt GUS auf Złoty-Basis real um 9 Prozent auf 14,4 Milliarden Euro (Januar bis Juli 2021: -5,6 Prozent), die von Chemikalien und Chemieprodukten stiegen dagegen um 2,8 Prozent auf 15 Milliarden Euro (+11,7 Prozent) und die von Gummi- und Kunststoffprodukten um 1,3 Prozent auf 22,5 Milliarden Euro (+24,1 Prozent).

Den großen Herausforderungen der Zukunft stellt sich der führende Mineralölkonzern PKN Orlen S.A., der sich zu einem Multienergiekonzern entwickeln und ab 2050 kein CO2 mehr ausstoßen will. Er führt derzeit die größten Investitionsprozesse seiner Geschichte durch, wobei sich die Aufwendungen längerfristig auf (140 Milliarden Zl) etwa 30 Milliarden Euro summieren, wie sein Vorsitzender Daniel Obajtek gegenüber der Tageszeitung Rzeczpospolita sagte. Der Bereich der Petrochemie werde stark ausgebaut, und die Kapazitäten zur Energieerzeugung mit Erdgas würden vergrößert.

Fusion von Erdöl- und Gaskonzernen steht bevor

Im Laufe einiger Monate will PKN Orlen die Übernahme seines kleineren Konkurrenten Grupa Lotos S.A. und der Polnischen Erdölförderung und Gaswirtschaft  PGNiG S.A. unter Dach und Fach bringen. Dadurch soll ein Konzern mit einem Jahresumsatz von 44 Milliarden Euro entstehen. Mit gebündelten Kräften will Polen die Mammutaufgabe der Energiewende meistern und eine starke Position bei alternativen Kraftstoffen wie Wasserstoff erlangen.

PKN Orlen stellt bereits Biokraftstoffe her und entwickelt Technologien für solche aus Zellulose-Rohstoffen, Pflanzen und altem Speiseöl sowie für Biogas. Der Konzern will  seine Jahresproduktion von Biotreibstoffen bis 2030 um 500.000 Tonnen aufstocken. Fünf Projekte betreffen HVO (hydriertes Pflanzenöl), Co-HVO, UCOME (Biodiesel aus Altspeisefetten und –ölen), Lignocellulose-Bioethanol und Biomethan. Das  Vertriebsnetz für alternative Kraftstoffe soll ausgeweitet werden.

Polen ist stark im Bereich Wasserstoff engagiert und will den Sektor in regionalen  Wasserstofftälern bündeln (zum Beispiel Pomeranian Hydrogen Valley, Dolnośląska Dolina Wodorowa in Niederschlesien). Die wichtigsten Hersteller sind Chemie-,  Mineralöl- und Gaskonzerne. Aber auch der Bergbau, Betreiber von Kohlekraftwerken und der Kupferkonzern KGHM Polska Miedź interessieren sich für diesen Bereich.

Grupa Azoty führt bei Wasserstoff

Bislang ist die Stickstoffgruppe Grupa Azoty S.A. Polens größter Hersteller von Wasserstoff. Auch diese plant Investitionen in den Umweltschutz und will eine geschlossene Kreislaufwirtschaft im Unternehmen einführen. In Kürze wird ihr Strategieprogramm bis 2030 erscheinen, wie ihr Vize-Vorsitzender Grzegorz Kądzielawski gegenüber Rzeczpospolita ankündigte. Azoty entwickelt zu 100 Prozent biologisch abbaubare Kunststoffe auf der Basis von Kartoffeln und Bioabfällen.

Bei Kunstdünger wendet sich die Gruppe weg vom einfachen Verkauf hin zu einem komplexen Dünge-Service unter Anwendung moderner Technologien etwa zur nicht-invasiven Bodenanalyse. Die hohen Gaspreise verteuern die Düngerproduktion. Stattdessen soll verstärkt Wasserstoff verwendet werden, der unter anderem aus der derzeit in Police (Pölitz) bei Szczecin (Stettin) gebauten Fabrik für 437.000 Tonnen Polypropylen jährlich stammt.

Die bislang stark auf die Produktion und den Import von Erdgas konzentrierte PGNiG S.A. will sich künftig verschiedenen Gastechnologien wie Compressed Natural Gas (CNG), Liquefied Natural Gas (LNG), Biomethanol und anderen alternativen, „grünen“  Gasarten widmen. Der auf Soda spezialisierte Chemiekonzern Ciech S.A. will ab 2040 klimaneutral agieren, ab 2033 auf die Nutzung von Kohle verzichten und seinen Stromverbrauch reduzieren. 

Lotos setzt bei der Erdölverarbeitung auf immer teurere Basisprodukte anstelle auf Treibstoffe. Noch 2021 will der Konzern eine Entscheidung über den Bau eines Hydrocracker-Blocks treffen, der 2024/2025 in Betrieb gehen könnte. Die dort erzeugten Basisöle sollen bessere Eigenschaften als die bisherigen haben und umweltfreundlicher sein. Ein Großteil ist für den Export bestimmt. Derzeit liegen die Kapazitäten von Lotos bei Basisölen zwischen 200.000 und 270.000 Tonnen jährlich. Der Output erreichte 2020 rund 260.000 Tonnen und soll 2021 ähnlich hoch ausfallen, sodass sie dem Konzern einen überdurchschnittlichen Gewinn bescheren.     


Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in Polen (Wert in Millionen Euro)

Akteur/Projekt

Investitions-

summe

Projektstand

Anmerkungen

Petrochemieprogramm 2018 bis 2023

rund 1.900

Durchführung

PKN Orlen

Bau einer Polypropylenfabrik und eines Gashafens, Police (Pölitz)

rund 1.500

Durchführung, fertig 2023

Grupa Azoty/ Hyun-

dai Engineering

Ausbau LNG-Terminal, -Anlagen, Regasifizierung, Świnoujście

426

Durchführung, fertig Ende 2023

Gaz System / PORR, TGE Gas Engineering

Erdöl-Hydrocracker

308

Planung

Grupa Lotos S.A.

Ausbau der Kapazitäten für Düngemittel auf 1,5 Mio. t

286

Durchführung, fertig 2022

Anwil

Green H2, Bau von Einheit für grünen Wasserstoff

k.A.

Planung, fertig 2026

Grupa Lotos S.A.

Installation für Produkte auf Basis von Äthylensauerstoff

59 bis 77

Planung, fertig Mitte 2026

PCC  Exol / PCC Rokita

Fabrik für innovative Körperpflege-

mittel und Kosmetika, Posen

31 

Baubeginn, fertig April  2023

Beiersdorf Manufactoring Poznań /  Skanska

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest (GTAI), Pressemeldungen


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