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Wirtschaftsumfeld | Russland | Außenhandel

Software und Impfstoffe sind Russlands neue Exportstars

Die Coronapandemie prägte Russlands Außenhandelsbilanz 2020. Der Rohstoffanteil an den Ausfuhren sinkt. Deutschland erzielt seit Jahren erstmals wieder einen Exportüberschuss.

Von Gerit Schulze | Moskau

Der russische Außenhandel hat 2020 stark unter der Coronakrise gelitten. Hauptgrund war der dramatische Preisverfall für Erdöl und andere wichtige Exportrohstoffe. Der Ausfuhrwert lag um 21 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die Einfuhren sind dagegen nur moderat um 5 Prozent im Wert gesunken. Insgesamt betrug das Handelsvolumen 2020 rund 570 Milliarden US-Dollar (US$) und damit ein Drittel weniger als im Rekordjahr 2013.

Ähnlich rasant wie der Rückgang 2020 zog das Außenhandelsgeschäft 2021 wieder an. Von Januar bis September erhöhte sich das Handelsvolumen laut Zollverwaltung um 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und übertraf sogar das Niveau vor der Pandemie. Dabei spielte der steigende Ölpreis eine wichtige Rolle. Unter dem Strich kletterten Russlands Exporte in den ersten drei Quartalen 2021 um 42 Prozent. Die Importe verbuchten ein Plus von 29 Prozent.

Russlands Außenhandel im Fünf-Jahres-Vergleich (in Milliarden US-Dollar)

2015

2020

Veränderung 2020/2015 in %

Importe

182,78

231,66

26,7

Exporte

343,91

337,10

-1,8

Handelsbilanzsaldo

161,13

105,44

-34,5

Quelle: UN Comtrade

Flaute im Coronajahr hat einen Gewinner

China profitierte beim Außenhandel mit Russland während der Coronakrise. Das Reich der Mitte konnte seine Lieferungen 2020 wertmäßig um 1 Prozent ausweiten und stärkte seine Position als wichtigster Handelspartner. Russland wickelte 2020 damit bereits 18,3 Prozent seines gesamten Außenhandels mit China ab.

Deutschland als zweitwichtigster Handelspartner büßte 2020 einen halben Prozentpunkt ein und kam auf einen Anteil von 7,4 Prozent. Dahinter folgen die Niederlande, die als Umschlagplatz für Rohstoffe eine wichtige Rolle spielen.

In den ersten neun Monaten 2021 stiegen Russlands Importe aus Deutschland laut Zollverwaltung um 22 Prozent, während die Einfuhren insgesamt um 29 Prozent zulegten. Besonders hohe Zuwächse verbuchten von Januar bis September 2021 die Importe aus Südkorea mit 117 Prozent, Frankreich mit 59 Prozent und Kasachstan mit 48 Prozent.

Wichtigste Lieferländer_Russland_Pfad_RZ
Wichtigste Lieferländer_Russland_Pfad_RZ

Brexit schmälert Bedeutung der EU als Handelspartner

Die Bedeutung der Europäischen Union (EU) als Handelspartner Russlands ist 2020 weiter gesunken. Ihr Anteil am gesamten Warenaustausch verringerte sich um 3 Prozentpunkte auf 38,5 Prozent. Dafür verantwortlich waren die niedrigen Rohstoffpreise, die den Wert russischer Exporte nach Europa um 28 Prozent verringerten. Dagegen sind die Einfuhren aus EU-Ländern 2020 nur um 7 Prozent gesunken.

Da das Vereinigte Königreich 2020 letztmalig zum EU-Binnenmarkt zählte, sank der Anteil der EU ab 2021 noch einmal deutlich. Er lag im Zeitraum Januar bis September 2021 bei 35,6 Prozent. 

EAWU ist noch kein Zugpferd für den Außenhandel

Wenig Dynamik zeigt der Handel innerhalb der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU). Russlands Warenaustausch mit den vier anderen Staaten der Zollunion wächst kaum schneller als der Außenhandel insgesamt. Der Anteil der EAWU an den Importen lag 2020 bei 8 Prozent, an den Exporten bei 10 Prozent.

Der wichtigste Handelspartner unter den ehemaligen Sowjetrepubliken bleibt EAWU-Mitglied Belarus mit einem stabilen Anteil von 5 Prozent am russischen Warenaustausch. Das gemeinsame Handelsvolumen betrug 2020 rund 28,5 Milliarden US$. Dahinter folgt Kasachstan mit einem Wert von 19,1 Milliarden US$.

Deutschland ist erstmals seit langer Zeit wieder Nettoexporteur

Mit den meisten Ländern erzielt Russland einen Handelsüberschuss. Wegen der niedrigeren Rohstofferlöse im Export verzeichnete die Zollbehörde 2020 allerdings für 26 Länder ein Defizit. Die größte Differenz zwischen Ein- und Ausfuhren entstand beim Handel mit China (5,8 Milliarden US$), gefolgt von Deutschland (4,9 Milliarden US$) und Frankreich (3,5 Milliarden US$).

Das Handelsvolumen mit der Ukraine, das 2011 noch einen Umfang von über 50 Milliarden US$ hatte, ist 2020 auf unter 10 Milliarden US$ gefallen. 

Wichtigste Abnehmerländer_Russland_1_Pfad
Wichtigste Abnehmerländer_Russland_1_Pfad

Hohe Abhängigkeit von Importprodukten bleibt bestehen

Russland ist bei vielen Produktgruppen enorm abhängig von ausländischen Lieferanten. Eine Untersuchung der Moskauer Wirtschaftshochschule HSE hatte 2020 ergeben, dass 75 Prozent der wichtigsten Konsumgüter, die im Einzelhandel verkauft werden, importiert wurden. Besonders hoch ist die Quote bei Kfz-Zubehör, Spielzeug und Schuhen.

Die Regierung hat für verschiedene Branchen Programme zur Importsubstitution gestartet, darunter für Arzneimittel, Fahrzeuge und Ausrüstungen für die Energiewirtschaft. Die Erfolge sind bislang allerdings überschaubar, weil häufig die Zulieferbasis im Land fehlt, um eine lokale Produktion aufzubauen.

Lediglich bei Nahrungsmitteln ist eine nennenswerte Verschiebung hin zu inländischen Produkten zu verzeichnen. Während Russlands Importe von 2015 bis 2020 insgesamt um 27 Prozent zunahmen, wuchs der Wert der Lebensmitteleinfuhren nur um 6 Prozent. 

Der größte Importwert entfällt auf Maschinen und chemische Erzeugnisse. Besonders bei Arzneimitteln ist Russland stark abhängig von ausländischen Präparaten und Wirkstoffen. Das gilt auch für die meisten Produktionsausrüstungen, die zur Modernisierung der Industrie benötigt werden.

Einfuhr nach Warengruppen (in Millionen US-Dollar)

Warengruppe

SITC-Code *)

2015

2020

Gesamt

182.782

231.664

Maschinen

71-74

29.668


35.733


Chemische Erzeugnisse

5

27.482

34.057

Vorerzeugnisse

6

22.443

27.961

Fertigerzeugnisse

8

21.576

28.332

Elektronik

75, 76, 776

16.827

23.920


Straßenfahrzeuge

78

15.037

18.041

Nahrungsmittel/lebende Tiere

0

20.078

21.383

Elektrotechnik

77 minus 776

9.143


14.894


Rohstoffe

2

6.931

9.141

Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge

79

5.657

2.437

Getränke/Tabak

1

2.897

3.658

Sonstiges

9

1.033

9.104

Mineralische Brennstoffe

3

2.990

1.698

Tierische/pflanzliche Öle

4

1.020

1.309

*) Das Internationale Warenverzeichnis für den Außenhandel (Standard International Trade Classification) ist beim Statistischen Bundesamt als Download verfügbar (www.destatis.de) verfügbar.Quelle: UN Comtrade

Software und Impfstoffe verbessern Exportbilanz

Während Russland seine Importe von 2015 bis 2020 um über ein Viertel steigerte, sind die Exporte leicht gesunken. Das lag am Einbruch bei Öl und Gas, deren Ausfuhrwert sich um ein Drittel verringerte. Bei einigen Warengruppen konnten die Exporte im selben Zeitraum jedoch deutlich ausgeweitet werden, beispielsweise bei Lebensmitteln um 70 Prozent und bei Elektrotechnik um 41 Prozent.

Hohe Zuwachsraten erzielen russische IT-Unternehmen. Allein die Softwarebranche konnte ihre Exporterlöse 2020 laut Verband Russoft um 4 Prozent auf 8,6 Milliarden US$ steigern. Eine Sonderkonjunktur erlebt der Export von Impfstoffen. Von Januar bis Mai 2021 verdiente Russland mit Vakzinen über 300 Millionen US$ im Ausland, vor allem dank des Coronaimpfstoffs Sputnik V.

Das Nationale Projekt Internationale Zusammenarbeit und Export sieht vor, die Nichtrohstoffexporte bis 2030 im Vergleich zu 2018 um 85 Prozent auf 250 Milliarden US$ auszuweiten.

Ausfuhr nach Warengruppen (in Millionen US-Dollar)

Warengruppe

SITC-Code *)

2015

2020

Gesamt

343.908

337.104

Mineralische Brennstoffe

3

216.101

141.917

Sonstiges

9

12.309

57.859

Vorerzeugnisse

6

43.494

52.630

Chemische Erzeugnisse

5

19.962

19.280

Nahrungsmittel/lebende Tiere

0

12.730

21.647

Rohstoffe

2

12.185

17.594

Maschinen

71-74


7.140


7.896

Fertigerzeugnisse

8

5.753

5.079

Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge

79

3.719

1.166

Straßenfahrzeuge

78

2.697

2.687

Elektrotechnik

77 minus 776

2.015

2.835

Tierische/pflanzliche Öle

4

1.719

3.671

Elektronik

75, 76, 776


2.922


1.743

Getränke/Tabak

1

1.161

1.100

*) Das Internationale Warenverzeichnis für den Außenhandel (Standard International Trade Classification) ist beim Statistischen Bundesamt als Download verfügbar (www.destatis.de) verfügbar.Quelle: UN Comtrade

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