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Branchen | Schweiz | Nahrungsmittel

Markttrends

Die Nahrungsmittelbranche ist durch die Pandemie unterschiedlich stark betroffen. Die Schweizer kauften 2020 mehr heimische Produkte. Das Biosegment wird 2021 weiter wachsen.

Von Karl-Heinz Dahm | Bonn

Die Lockerungen der Corona-Beschränkungen bescherten dem Nahrungsmittelsektor im 1. Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr ein nur moderates Wachstum von 3 Prozent. Seitdem die Schweizer wieder die Möglichkeit haben, Nahrungsmittel in den Nachbarländern einzukaufen, ist der Zuwachs im Detailhandel spürbar zurückgegangen.

Für das Jahr 2021 erwarten Beobachter insgesamt eine leichte Zunahme der Importe bei Nahrungsmitteln und Getränken. Die Nachfrage nach Bioprodukten wird tendenziell zunehmen.

Die Coronapandemie beeinflusste 2020 sowohl den Nahrungsmittelsektor als auch dessen Vertriebskanäle. Durch Grenzschließungen und pandemiebedingte Einschränkungen kam der Einkaufstourismus zum Stillstand, was dem Einzelhandel deutlichen Zuwachs bescherte. Zudem gab es einen Trend, weg von der Gastronomie und dem Außer-Haus-Konsum hin zum Online- und Detailhandel.

Die Sektoren waren unterschiedlich betroffen. Einerseits musste die Fleischwirtschaft, für die die Gastronomie ein wichtiger Absatzkanal darstellt, bedingt durch Restaurantschließungen Fleisch einlagern, um den Markt zu stabilisieren. Andererseits bestand aufgrund der höheren Nachfrage im Einzelhandel die Notwendigkeit, bestimmte Agrarprodukte zusätzlich zu importieren, darunter Eier, Äpfel, Karotten oder auch Bananen.

Online- und Einzelhandel mit Rekordumsatz

Der Vertrieb von Lebensmitteln und Getränken erfolgt hauptsächlich über den stark konzentrierten Einzelhandel, der von den beiden Handelskonzernen Coop und Migros dominiert wird. Migros (einschließlich seiner Discounterkette Denner) und Coop kontrollieren etwa 70 Prozent des Lebensmitteleinzelhandels in der Schweiz.

Laut Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) stiegen die Ausgaben für Nahrungsmittel einschließlich Getränke 2020 deutlich an. Der Detailhandel verzeichnete laut BLW einen Rekordumsatz von rund 28 Milliarden Euro, was einem Umsatzplus von 11,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Danach kaufte ein schweizerischer Haushalt 2020 im Durchschnitt Nahrungsmittel im Wert von 7.174 Euro über den Einzelhandel.

Tierische Produkte generierten einen Umsatz von rund 10 Milliarden Euro und waren laut BLW zu rund 35 Prozent am gesamten Einzelhandelsumsatz beteiligt. Früchte, Gemüse und Kartoffeln erreichten mit 3,8 Milliarden Euro Umsatz rund 14 Prozent. Knapp 3,7 Milliarden Euro wurden für Milchprodukte ausgegeben. Backwaren und Getreide erzielten rund 3 Milliarden Euro.

Im Jahr 2020 flossen rund 77 Prozent der Ausgaben der Schweizer für Lebensmittel in den klassischen Einzelhandel.  Die großen Discounter wie Migros, Coop, Volg etc. setzten mit Lebensmitteln rund 21 Milliarden Euro um. Auch die Online-Verkäufe von Lebensmitteln verbuchten 2020 einen kräftigen Zuwachs in allen Kategorien. Die Marktforscher von Nielsen Monitoring errechneten ein Wachstum des Online-Umsatzes von 18,8 Prozent gegenüber 2019. Dabei wurde der größte Zuwachs bei Fleisch und Fisch verortet.

Umsatz mit Lebensmitteln im Schweizer Detailhandel nach Produktgruppen (in Millionen Euro)

Produktsegment

2020

Fleisch

5.023

Milch

3.724

Getreide/Backwaren

3.050

Alkoholische Getränke

2.390

Gemüse/Kartoffeln frisch

2.144

Früchte frisch

1.673

Alkoholfreie Getränke

1.415

Schokolade

975

Fisch

744

Kaffee/Tee/Kakao

686

Eier

430

Öl/Fett

230

Honig/Aufstrich

209

Reis

96

Babynahrung

78

Zucker

38

Übrige Lebensmittel

4.973

Gesamt

27.878

Gemäß EZB Jahresdurchschnittskurs 2020, 1 Euro= 1,0705 sfrQuelle: Bundesamt für Landwirtschaft, 2021

Der weltweite Umsatz mit Schokolade aus Schweizer Produktion ist laut dem Verband der Schweizer Schokoladefabrikanten 2020 gegenüber dem Vorjahr um 14,5 Prozent auf rund 1,4 Milliarden Euro gesunken. Die Branchenriesen Lindt & Sprüngli und Nestlé sind dennoch robust durch die Krise gekommen. Grund dafür ist der trotz Pandemie florierende Einzelhandel. Laut Firmenangaben ist der Umsatz von Lindt & Sprüngli in Deutschland und Großbritannien im Jahr 2020 sogar gewachsen.

Gleiches gilt für den Nestlé-Konzern, der insbesondere mit seinen Kaffeeprodukten (Nespresso) stark zulegen konnte. Umsatzwachstum generierten bei Nestlé auch Milchprodukte, Backwaren für zu Hause, Fertiggerichte, Süßwaren und Fleischersatzprodukte auf Pflanzenbasis.

Geschäft mit Biolebensmitteln wächst rasant

Gut lief und läuft das Geschäft auch für Anbieter von Bio-Nahrungsmitteln. Bioprodukte generierten 2020 einen Umsatz von knapp 3 Milliarden Euro (+16,5 Prozent) und erzielten einen Marktanteil von 10,8 Prozent (2019: 10,3 Prozent). Die beliebtesten Produkte im Bio-Segment waren 2020 Eier (Marktanteil 28,9 Prozent), Brot (26,2 Prozent) und Gemüse (23,9 Prozent).

Die Marktforscher des BLW haben errechnet, dass ein Schweizer Haushalt 2020 im Schnitt 766 Euro für Bionahrungsmittel im Einzelhandel ausgegeben hat. Dies bedeutet, dass jeder zehnte Euro hierfür verwendet wurde.

Nach Angaben des BLW ist auch die Nachfrage nach Fleischersatzprodukten in der Schweiz in den letzten Jahren stark gewachsen. Im Jahr 2020 erzielte der Schweizer Einzelhandel mit entsprechenden Produkten einen Umsatz von rund 110 Millionen Euro, was dem Doppelten des Umsatzes 2016 (56 Millionen Euro) entspricht.

Regierung will Regionalität fördern

Die umweltbewussten Schweizer Konsumenten bevorzugen neben Bioprodukten insbesondere regionale Produkte mit kurzen Transportwegen. Einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung zufolge hat der Nationalrat in der laufenden Herbsttagung 2021 den Bundesrat damit beauftragt, Maßnahmen auszuarbeiten, die den regionalen Verkauf von nachhaltig produzierten Produkten aus der Schweiz fördern sollen. Ziel soll nach Angaben der Zeitung sein, die Marktposition von Schweizer Produkten gegenüber importierten Lebensmitteln zu stärken. Kritiker sehen in den Maßnahmen versteckten Protektionismus.

Investitionen in Nachhaltige Produktion und Digitalisierung

Laut einer Befragung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) von Mai bis Juni 2020 unter Lebensmittel- und Getränkeproduzenten in der Schweiz, Österreich und Deutschland nach deren Investitionsabsichten in den kommenden Jahren nannten die befragten Unternehmen als Schwerpunkte: Energiemanagement, Abfallvermeidung durch effizientere Prozesse und Investitionen in neue Technologien zur Reduzierung von Wasser, Kälte, Wärme und Strom. Außerdem war die Digitalisierung ein Schwerpunkt, hier insbesondere die Bereiche Datenmanagement sowie Daten- und Produktionssicherheit. Ein weiteres Investitionsfeld war laut den Ergebnissen der Befragung unter anderem der Ausbau des Lebensmittel-Onlinehandels (E-Food).

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