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Portal 21 Spanien

Zuständige Gerichte

Wer seine Forderungen vor Gericht durchsetzen möchte, muss sich zunächst klar darüber werden, wo er dies machen kann. Er muss also seine Gegenpartei vor dem zuständigen Gericht verklagen.

Bei Gerichtsprozessen zwischen Parteien aus Spanien und Deutschland muss hierzu geklärt werden, ob die spanischen oder deutschen Gerichte den Streit entscheiden dürfen. Das Gericht, vor dem man klagt (oder verklagt wird), muss also international zuständig (competencia internacional) sein. Anschließend muss man sich bewusst machen, vor welchem Gericht in diesem Staat geklagt werden muss. Dafür muss man wissen, ob es (zum Beispiel wegen der Höhe der Forderung oder des besonderen Gegenstandes des Streits) speziellen Gerichten vorbehalten ist, in dem Fall zu entscheiden. Dies bezeichnet man als sachliche Zuständigkeit (competencia objetiva). Zudem muss das jeweilige Gericht innerhalb seines Staates örtlich zuständig (competencia territorial) sein.

Internationale Zuständigkeit

Bei Streitigkeiten zwischen spanischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern richtet sich im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Frage der internationalen und örtlichen Zuständigkeit zunächst nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-Ia-Verordnung oder EuGVVO). 

Gerichtsstandsvereinbarungen sind dabei grundsätzlich zulässig. Unter einer Gerichtsstandsvereinbarung versteht man eine Vertragsklausel, die bestimmt, an welchem Ort oder vor welchem Gericht bei Streitigkeiten geklagt werden darf. Es ist also möglich, mit einer Gerichtsstandsvereinbarung die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts vertraglich zu regeln. Auch wenn gemäß Artikel 25 Brüssel-Ia-Verordnung nicht nur schriftliche Gerichtsstandsvereinbarungen möglich sind, ist eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien ratsam. Allerdings kann sich bei Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung bei bestimmten Angelegenheiten, zum Beispiel Versicherungs- und Verbraucherverträgen, deren Unwirksamkeit ergeben.

In Folge der Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG) müssen Dienstleister in Spanien bestimmte Informationspflichten gegenüber Dienstleistungsempfängern erfüllen. Hierzu gehört auch, dass sie Dienstleistungsempfänger über die von ihnen verwendeten Gerichtsstandsklauseln informieren. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet Artikel 22 des spanischen Gesetzes Nr. 17/2009 über den freien Zugang zu Dienstleistungstätigkeiten und ihre Ausübung (Ley 17/2009, de 23 de noviembre, sobre el libre acceso a las actividades de servicios y su ejercicio). Weiterführende Ausführungen zu den Informationspflichten enthält etwa die Rubrik Informationen zur Qualifikation des Dienstleisters dieses "Portal 21"-Spanien-Beitrages.

Fehlt eine Gerichtsstandsvereinbarung im Vertrag, sind nach Artikel 4 Brüssel-Ia-Verordnung grundsätzlich die Gerichte des Wohnsitzstaates des Beklagten international zuständig. Für juristische Personen wie zum Beispiel eine GmbH wird (mangels Wohnsitzes) auf den satzungsmäßigen Sitz, die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung abgestellt.

Beim grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr ist allerdings die besondere Zuständigkeit nach Artikel 7 Brüssel-Ia-Verordnung zu beachten. Danach kann trotz Wohnsitzes in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (beispielsweise Deutschland) der Dienstleistungsempfänger an dem Ort verklagt werden, an dem die Dienstleistung nach dem Vertrag erbracht worden ist oder hätte erbracht werden müssen (beispielsweise Spanien).

Denkbar sind im Ergebnis folgende Fälle, in denen in Streitigkeiten deutscher gewerblicher Dienstleistungsempfänger mit spanischen Dienstleistern vor einem spanischen Gericht zu klagen wäre:

  1. Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung sieht dies ausdrücklich vor.
  2. Bei Fehlen einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung: Der Beklagte (Dienstleistungsempfänger oder auch Dienstleistungserbringer) hat seinen Wohnsitz beziehungsweise Geschäftssitz in Spanien.
  3. Besonderheit: Wurde die Dienstleistung in Spanien erbracht oder hätte sie nach dem Vertrag in Spanien erbracht werden müssen, so kann auch vor einem spanischen Gericht geklagt werden.

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des spanischen Gerichts bestimmt sich im Anschluss an die Feststellung der internationalen Zuständigkeit nach den nationalen Vorschriften des spanischen Rechts.

Örtliche und sachliche Zuständigkeit

Die Grundlagen für den Aufbau wie auch für den Instanzenzug des spanischen Gerichtssystems legen das spanische Gerichtsverfassungsgesetz (Ley Orgánica del Poder Judicial) und das spanische Zivilprozessgesetz (Ley de Enjuiciamiento Civil) fest.

Der Gerichtsaufbau der ordentlichen Gerichte, die für den deutschen Dienstleistungsempfänger als relevanteste Gerichte in Spanien anzusehen sind, stellt sich wie folgt dar:

  • Friedensgericht (Juzgado de Paz) - je eines in den Gemeinden (municipio) ohne Gericht erster Instanz (Artikel 99 Gerichtsverfassungsgesetz)
  • Gerichte erster Instanz (Juzgado de Primera Instancia) - mindestens eines pro Gerichtsbezirk (partido judicial) (Artikel 84 Gerichtsverfassungsgesetz) / Handelsgericht (Juzgado de lo Mercantil) - mindestens eines pro Provinz (provincia) (Artikel 86bis Gerichtsverfassungsgesetz)
  • Provinzgerichte (Audiencia Provincial): je eines pro Provinz (Artikel 80 Gerichtsverfassungsgesetz)
  • Obergerichte (Tribunal Superior de Justicia): je eines pro Autonome Gemeinschaft (Comunidad Autónoma) (Artikel 71 Gerichtsverfassungsgesetz)
  • Oberster Gerichtshof (Tribunal Supremo) (Artikel 53 Gerichtsverfassungsgesetz).

Die Regeln über die sachliche Zuständigkeit sind in Spanien im Gerichtsverfassungsgesetz und im Zivilprozessgesetz enthalten:

Bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Spaniern und Deutschen in Spanien ist grundsätzlich das Gericht erster Instanz (Juzgado de Primera Instancia) sachlich zuständig, es sei denn die Zuständigkeit ist per Gesetz ausdrücklich einem anderen Gericht zugeschrieben (Artikel 85 Nr. 1 Gerichtsverfassungsgesetz und Artikel 45 Zivilprozessgesetz).

So steht für Klagen um Streitwerte bis zu 90 Euro der Weg zum Friedensgericht (Juzgado de Paz) offen (Artikel 47 Zivilprozessgesetz).

Zudem besteht eine Sonderzuständigkeit der spanischen Handelsgerichte (Juzgados de lo Mercantil). Betroffen sind beispielsweise die Bereiche geistiges und gewerbliches Eigentum, unlauterer Wettbewerb, das Recht der Handelsgesellschaften und Fragen des Transportrechts (Artikel 86bis Absatz 1 Gerichtsverfassungsgesetz). Ein weiterer, wichtiger Kompetenzbereich sind alle Verfahren, die im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren stehen (Artikel 86ter Gerichtsverfassungsgesetz). Auch ist es für die Vollstreckung der Entscheidungen aus seinem Zuständigkeitsbereich verantwortlich (Artikel 86quater Gerichtsverfassungsgesetz). Die Handelsgerichte in Alicante sind auch im Zusammenhang mit den europäischen Bestimmungen über die Gemeinschaftsmarke (vergleiche Verordnung (EG) Nr. 40/94, abgelöst durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009) und über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (vgl. Verordnung (EG) Nr. 6/2002) zuständig (Artikel 86bis Absatz 4 Gerichtsverfassungsgesetz) und heißen dann Gemeinschaftsmarkengerichte (Juzgados de Marca Comutaria).

Die örtliche Zuständigkeit der spanischen Gerichte ist hauptsächlich im Zivilprozessgesetz geregelt:

So richtet sich auch in Spanien der allgemeine Gerichtsstand grundsätzlich nach dem Beklagtenwohnsitz (Artikel 50 Absatz 1 Zivilprozessgesetz). Klagen gegen spanische Unternehmer und Freiberufler können regelmäßig auch beim Gericht am Ort der Tätigkeitsausübung eingereicht werden (Artikel 50 Absatz 3 Zivilprozessgesetz). Zivilverfahren gegen juristische Personen sind grundsätzlich am Gericht des Ortes des Geschäftssitzes anzustrengen. Darüber hinaus können sie auch am Gericht des Ortes des Ursprungs des jeweiligen Rechtsverhältnisses geführt werden, wenn sich dort die Niederlassung dieser juristischen Person befindet (Artikel 51 Absatz 1 Zivilprozessgesetz).

Zu diesen Grundsätzen gibt es allerdings zahlreiche Ausnahmen. Zum Teil kann der Kläger zwischen dem allgemeinen und dem besonderen Gerichtsstand wählen, so zum Beispiel:

  • Im Zusammenhang mit Verletzungen des geistigen Eigentums (demandas sobre infracciones de la propriedad intelectual) ist der Ort, an dem die Verletzung begangen wurde, an dem es Hinweise für eine Urheberrechtsverletzung gibt oder an dem sich illegale Exemplare finden, entscheidend (Artikel 52 Absatz 1 Nr. 11 Zivilprozessgesetz).
  • Im Zusammenhang mit unlauterem Wettbewerb (en materia de competencia desleal) ist der Sitz des Beklagten, mangels dessen Wohnsitz und sofern sich dieser nicht in Spanien befindet, der Ort der unlauteren Wettbewerbshandlung oder der Ort, wo diese ihre Folgen entfaltet, relevant (Artikel 52 Absatz 1 Nr. 12 Zivilprozessgesetz).

In vielen Fällen hat der Kläger jedoch kein Wahlrecht im Hinblick auf den Gerichtsstand, so zum Beispiel:

  • Im Zusammenhang mit dinglichen Rechten an Immobilien (acciones reales sobre muebles inmuebles) ist grundsätzlich der Belegenheitsort, also die Lage der Immobilien, ausschlaggebend (Artikel 52 Absatz 1 Nr. 1 Zivilprozessgesetz).
  • Für Gewährleistungsklagen (demandas sobre obligaciones de garantía) ist das Gericht zuständig, das über die Hauptverbindlichkeit entscheidet oder zu entscheiden hätte (Artikel 52 Absatz 1 Nr. 3 Zivilprozessgesetz).
  • Im Zusammenhang mit Patent- und Markensachen (en materia de patentes y marcas) ist das Gericht zuständig, was durch die Spezialgesetze benannt wird (Artikel 52 Absatz 1 Nr. 13 Zivilprozessgesetz). So richtet sich die Zuständigkeit für Streitigkeiten in spanischen Patentsachen nach Artikel 118 des Patentgesetzes (Ley de Patentes). Im Zusammenhang mit den europäische Bestimmungen über die Gemeinschaftsmarke und das Gemeinschaftsgeschmacksmuster sind ausschließlich die Gemeinschaftsmarkengerichte in Alicante zuständig (Artikel 86Quinquies Gerichtsverfassungsgesetz).
  • Für Drittwiderspruchsklagen (tercerías de dominio o de mejor derecho) ist das Gericht zuständig, das die Pfändung verfügte (Artikel 52 Absatz 1 Nr. 15 Zivilprozessgesetz).

Die Internetseite der spanischen Justizverwaltung (Administración de Justicia) bietet eine Vielzahl weiterer Informationen über das spanische Justizwesen.

Rechtsmittel

Hat ein spanisches Gericht ein Urteil (sentencia dictada) oder einen abschließenden Beschluss (auto definitivo) erlassen, kann dagegen Berufung (apelación) eingelegt werden:

  • Das Gericht erster Instanz (Juzgado de Primera Instancia) ist Berufungsinstanz für Urteile des Friedensgerichts (Artikel 455 Absatz 2 Nr. 1 Zivilprozessgesetz; Artikel 85 Nr. 3 Gerichtsverfassungsgesetz).
  • Gegen erstinstanzliche Urteile des Gerichts erster Instanz oder des Handelsgerichts kann beim Provinzgericht (Audiencia Provincial) Berufung eingelegt werden (Artikel 455 Absatz 2 Nr. 2 Zivilprozessgesetz; Artikel 82 Absatz 2 Nr. 1 und 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Geht es um erstinstanzliche Urteile der Gemeinschaftsmarkengerichte ist allein das Provinzgericht in Alicante zuständig (Artikel 82 Absatz 2 Nr. 3 Gerichtsverfassungsgesetz).

Berufung kann nicht eingelegt werden, wenn die Entscheidung im Rahmen des vereinfachten, mündlichen Verfahrens ergangen ist und der Streitwert 3.000 Euro nicht übersteigt (Artikel 455 Absatz 1 Zivilprozessgesetz). Die Berufung muss innerhalb von 20 Tagen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt werden (Artikel 458 Absatz 1 Zivilprozessgesetz).

Gegen zweitinstanzliche Entscheidungen der Provinzgerichte können die Parteien u.a.--unter anderen Revision (recurso de casación) einlegen (Artikel 466 Absatz 1 Zivilprozessgesetz). Zuständig ist grundsätzlich der Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo) (Artikel 478 Absatz 1 Satz 1 Zivilprozessgesetz). Die Obergerichte (Tribunales superiores de Justicia) sind zuständig, wenn es um die Überprüfung von Rechtsfehlern geht, die die Gesetzgebung der jeweiligen Autonomen Gemeinschaft betreffen (Artikel 478 Absatz 1 Satz 2 Zivilprozessgesetz). Die Revision muss binnen 20 Tagen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt werden (Artikel 479 Absatz 1 Zivilprozessgesetz). Voraussetzung ist allerdings, dass es um die Überprüfung von Rechtsfehlern geht (Artikel 477 Absatz 1 Zivilprozessgesetz). 

Germany Trade & Invest (Stand: September 2023)

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