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Special | Portugal | Wasserstoff

Verbindung zwischen Potenzial und Nutzung entsteht langsam

Die Einsatzmöglichkeiten für Wasserstoff in Portugal sind vielfältig. Bislang befinden sich jedoch nur wenige Projekte in der Umsetzung.

Von Oliver Idem | Madrid

Der Fachverband AP2H2 fördert das Thema Wasserstoff in Portugal bereits seit 2003. Der Nachrichtenagentur Lusa zufolge sieht der Verband Einsatzfelder im Schiffsverkehr und der Luftfahrt, bei Schwertransporten und in der Industrie. Mit Blick auf den Autoverkehr stellen aufgrund der höheren Energieeffizienz Batterien die aussichtsreichere Technologie dar.

Die Mitgliederliste des Fachverbands AP2H2 vermittelt einen Überblick darüber, welche Unternehmen bereits im Wasserstoffsektor in Portugal aktiv sind.

Das größte Vorzeigeprojekt Portugals H2Sines musste im ersten Halbjahr 2021 zwei Rückschläge hinnehmen. Nach Galp verließ im Mai 2021 auch EDP das Konsortium. Das Unternehmen wendet sich jedoch nicht vom grünen Wasserstoff ab, sondern analysiert rund 20 andere mögliche Vorhaben. 

Laut Medienberichten spielten unterschiedliche strategische Vorstellungen sowie Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens die wesentlichen Gründe für die Veränderungen im Sines-Konsortium. Die verbliebenen Partner und die weiteren geplanten Vorhaben in Portugal sprechen dafür, dass der Wasserstoffsektor sich weiter entwickeln wird. Die staatliche Förderung im Rahmen des Aufbau- und Resilienzplans dürfte zusätzlichen Auftrieb geben. Für den Hochlauf der Technologie und eine Verbesserung der preislichen Konkurrenzfähigkeit könnte die Unterstützung eine entscheidende Rolle spielen.

Verkehrssektor bietet Potenzial auf längere Sicht

Die europäische Initiative Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking hat auf der Basis der nationalen Energie- und Klimapläne das Potenzial für Wasserstoff analysiert. Die Länderanalyse Portugal teilt die Perspektiven in zwei Zeithorizonte auf. Der Straßen- und Schienenverkehr bietet auf mittlere Sicht Chancen für den Einsatz von Wasserstoff. Längerfristig gilt das auch für den Luft- und internationalen Schiffsverkehr.

Für den Autoverkehr stecken die Möglichkeiten der Wasserstoffnutzung eher in der Ergänzung zur Elektrifizierung. Wasserstoff kann demnach vor allem für Schwertransporte und den Betrieb von größeren Fahrzeugen auf weiten Strecken eingesetzt werden.

Ein ähnliches Zusammenspiel der Technologien ist im Schienenverkehr denkbar. Noch stammt ein Fünftel des Energieverbrauchs hier aus fossilen Quellen. Zur Dekarbonisierung kommen sowohl die weitere Elektrifizierung als auch Wasserstoffzüge in Frage. 

Der Luft- und Schiffsverkehr ist aufgrund seines Energiekonsums ebenfalls ein interessantes Ziel für den Wasserstoffeinsatz. Damit ist jedoch eher auf längere Sicht zu rechnen.

Wasserstoff als Beitrag zur Dekarbonisierung der Industrie

In der Industrie bieten sich direkte Ansatzpunkte für die Nutzung von Wasserstoff. Noch deckt das verarbeitende Gewerbe in Portugal seinen Energiebedarf zu rund einem Viertel durch Erdgas. Dieser Anteil kann technisch relativ einfach durch grünen Wasserstoff ausgetauscht werden.

Die Raffinerien in Portugal verfügen über eine verhältnismäßig geringe Produktionskapazität. Da sie mit fossil erzeugtem Wasserstoff arbeiten, sind sie dennoch ein interessanter Bereich. Die Anlagen könnten ihren Bedarf durch umweltfreundlich erzeugten Wasserstoff decken. 

Ein Drittel des Energieverbrauchs in der Industrie entfällt auf die Erzeugung von Wärme im Hochtemperaturbereich. Für diese Zwecke ist Wasserstoff ein besonders geeigneter Energieträger.

Die portugiesische Industrie stellt eine breite Produktpalette her. In dem stark fragmentierten Sektor befinden sich auch viele energieintensive Unternehmen und solche, die Wärme oder Kälte in ihren Prozessen benötigen. Gemessen am Umsatz von 2019 repräsentierte die Nahrungsmittelindustrie 14 Prozent. Darauf folgten mit 12 Prozent Kfz und Kfz-Teile. Die Erzeugung von Metallen und Brennstoffen stellten jeweils 8 Prozent des Umsatzes. Auch der Chemiesektor mit einem Anteil von 5 Prozent fällt in diese Gruppe. Unter Einbeziehung der wichtigsten Exportzweige kommt auch noch die Textil-, Leder- und Bekleidungsindustrie hinzu.

Heizen und Kühlen von Gebäuden birgt ebenfalls Potenzial

Circa 40 Prozent des Energiebedarfs der Gebäude in Portugal entfällt auf das Heizen. Bislang wird dieser Bedarf zu 30 Prozent durch Erdgas gedeckt. Etwa 15 Prozent der Energie liefern mit Erdöl befeuerte Kessel.

Für die Nutzung von grünem Wasserstoff besteht aufgrund der Menge des Wärmebedarfs ein erhebliches Potenzial. Auch der wachsende Kühlungsbedarf spielt in diesem Bereich hinein. Da mit Hilfe von Wasserstoff sowohl Wärme als auch Kälte generiert werden können, bieten sich mittel- bis langfristig Anwendungsfelder im Gebäudesektor in Portugal.

Ausgewählte Wasserstoffprojekte in Portugal

Unternehmen/ Projektbezeichnung

Projektspezifika 

Status

Investitionsvolumen (in Mio. EUR)
 

H2Sines. REN, Martifer, Vestas, Engie (Hafen Sines)

Präsentiert als zukünftiges Wasserstoffcluster Portugals. Bestandteile des Pilotprojekts sind ein 10-Megawatt-Elektrolyseur und 1,5 Gigawatt installierte Leistung aus erneuerbaren Energien. Der Wasserstoff soll in der Industrie und dem Transport genutzt werden. 

Planungsphase

1.500

Umwandlung des Kraftwerks Pego. Endesa (Médio Tejo)

Umwandlung des letzten portugiesischen Wärmekraftwerks in eine Wasserstoffanlage für industrielle Verwendung. Ziel: Erzeugung von 1.500 Tonnen grünen Wasserstoffs pro Jahr mit 650 MW Fotovoltaik, 100 MW Batterien Speicherung und einem Elektrolyseur.

Planungsphase

582

H2Enable. Bondalti (Estarreja) 

Pilotprojekt zur Reduzierung der Emissionen des Chemiekomplexes von Estarreja. Der Wasserstoff soll in den Norden und das Zentrum von Portugal geliefert werden. Ziel ist, die Importe von Ammoniak durch inländische Produktion zu ersetzen und sich als Exporteur auf dem Markt zu positionieren. 

Planungsphase

k.A.

Hyperion Energy Investment  (Setubal) 

Wasserstoffanlage zur Erzeugung von 919 Tonnen grünen Wasserstoffs pro Jahr. Geplant ist ein Solarpark von 15 MW. Der Bau soll Mitte 2022 anfangen und ein Jahr später der Betrieb begonnen werden.

im Genehmigungsprozess

k.A.

H2 Évora. Fusion Fuel (Évora, Alentejo) 

Pilotprojekt zur Wasserstofferzeugung für die industrielle Verwendung. Zwei Fotovoltaikparks sind geplant zur Erzeugung von 70 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Zudem plant das Unternehmen eine Maschinenfabrik in Benavente für den in- und ausländischen Bedarf. 

Im Bau. Fertigstellung Ende 2021

40

Quelle: Recherchen von Germany Trade and Invest

Die deutschen Unternehmen Linde, Siemens und Siemens Energy haben sich dem portugiesischen Wasserstoffverband angeschlossen. Ansonsten tauchen noch keine deutschen Akteure in der Berichterstattung zum Thema Wasserstoff auf.

Noch ist die Dynamik im Sektor eher gering. Die Aussichten für die kommenden fünf bis zehn Jahre erscheinen jedoch vielversprechend. Wasserstoff ist sowohl in verschiedene Strategiepläne eingebettet als auch Ziel von Förderung durch den Aufbau- und Resilienzplan Portugals.

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