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Die US-Luftfahrtbranche schöpft vorsichtig Hoffnung

Die Nachfrage nach Inlandsflügen belebt sich in den USA Mitte 2021 spürbar. Auf sein Vorkrisenniveau wird der Luftverkehr aber wohl erst wieder zwischen 2023 und 2025 zurückkehren.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

United Airlines hat Ende Juni auf einen Schlag 200 Boeing-737-Max- und 70 Airbus-A321neo-Maschinen geordert. Mit den neuen Schmalrumpfflugzeugen will sich die US-Fluggesellschaft für ein weiteres Wachstum bei Inlandsflügen wappnen.

Krisengebeutelte deutsche Zulieferer profitieren

Einige der bestellten Airbus-Flieger werden in Mobile, Alabama, gefertigt. „Bei den Single-Aisle-Flugzeugen, die wir hier bauen, gab es zwar Verzögerungen durch Covid-19, aber keine Stornierungen“, sagt Daryl Taylor, General Manager des US-Airbus-Werks. Unter den deutschen Zulieferern profitiert besonders MTU Aero Engines: Der Münchner Turbinenbauer stellt gemeinsam mit dem US-Hersteller Pratt & Whitney Triebwerke für die Maschinen her.

Die beiden Unternehmen hoffen auch, ein Triebwerk für ein mögliches Nachfolgemodell der Boeing 737 entwickeln zu dürfen. Zu diesem gibt es aber bisher noch keine konkreten Pläne. Im Zuge der Marktbelebung bei Inlandsflügen hat der Airbus-Rivale den deutschen Unternehmen PFW Aerospace, General Aerospace und der Jenoptik-Division Vincorion Lieferaufträge über Flugzeugbauteile und Technologielösungen im Gesamtwert von 50 Millionen US-Dollar erteilt. Beobachter schätzen, dass der Umsatz entlang der gesamten Lieferkette für die Luftfahrtindustrie durch den Aufschwung bei Single-Aisle-Jets 2021 gegenüber dem Krisenvorjahr 2019 um 10 bis 11 Prozent steigen könnte. Hielte der Trend 2022 an, dürfte das vermutlich Unternehmen dazu ermuntern, wieder mehr in Forschung und Entwicklung zu investieren.

Nachfrage nach Großraumjets weiterhin gering

Dagegen erholen sich der internationale Flug- und der Geschäftsreiseverkehr nur langsam, sodass Hersteller und Leasinggeber wegen der schwachen Nachfrage weiterhin hohe Lagerbestände halten. Bereits vor der Pandemie zeichnete sich bei Großraumflugzeugen ein Angebotsüberhang ab. „Dieses Überangebot drückt die Preise für Jets, was die Hersteller dazu treibt, Lieferanten schlechtere Konditionen anzubieten“, meint Eric Bernardini von der Beratungsgesellschaft AlixPartners.

Es ist auch nicht zu erwarten, dass der internationale Reiseverkehr in absehbarer Zeit wieder schnell an Fahrt aufnimmt. Zum Beispiel bei Messen: Kostspielige Auftritte und teure Geschäftsreisen könnten die Unternehmen durch den Umstieg bedeutender Leistungsschauen auf Hybridformate beim nächsten Mal überdenken.

Die Bestellungen von Business-Jets gingen in der Krise deutlich zurück, was Herstellern wie Gulfstream Aerospace hohe Umsatzeinbußen bescherte. Im Juli machten die USA zudem klar, die Einreisebeschränkungen für Reisende aus Europa und anderen Staaten wegen der Deltavariante vorerst nicht aufheben zu wollen.

Covid-19 war für die US-Luftfahrtindustrie ein harter Schlag. Und die Krise ist noch nicht vorbei. Viele Airlines konnten zwar durch Staatshilfen vor dem Konkurs gerettet werden, werden aber 2021 erneut Milliardenverluste machen, wenn auch weniger als 2020. Ohne die staatlichen Hilfspakete wären die Folgen noch drastischer gewesen. Aufträge des Pentagon boten zudem einen Puffer für Zulieferer mit großen Raumfahrt- und Rüstungsportfolios. Jene, wie zum Beispiel Collins Aerospace, deren Geschäft sich vorrangig auf die zivile Luftfahrt erstreckt, erlitten dagegen hohe Umsatzeinbußen: Bei der Raytheon-Tochter aus Charlotte, North Carolina, war es 2020 über ein Viertel.

Luftfracht zeigt sich krisenrobust

Noch Schlimmeres verhinderte auch der Luftfrachtbereich: Dank des boomenden Onlinehandels und des hohen Anteils an Expressfracht im Inlandsmarkt ist das Cargovolumen in den USA nicht so stark eingebrochen wie in anderen Teilen der Welt. Außerdem sind die Seehäfen überlastet. So konnten die Airlines in der Krisenzeit mehr Ladung im Bauch von Passagierfliegern transportieren und dadurch einen Teil der Verluste ausgleichen. Einige bauten sogar die Hauptdecks ihrer Maschinen um, um noch mehr Waren befördern zu können.

Das war auch auf vielen internationalen Strecken so. Aus Branchenkreisen verlautet, dass in den nächsten Monaten wieder mehr Interkontinentalflüge aufgenommen werden, auch von neuen Routen ist die Rede. Flughäfen wollen davon profitieren: So haben der Chicago Rockford International Airport und der Flughafen Köln/Bonn im März eine Kooperation vereinbart, um gemeinsam den Luftfrachtverkehr zwischen ihren Regionen auszubauen. Auf Strecken zwischen Süd- und Nordamerika lag die Frachtkapazität in der zweiten Aprilhälfte 2021 sogar um knapp ein Drittel über der im gleichen Zeitraum 2019, meldete das Beratungsunternehmen Accenture.

Dennoch mussten Fluggesellschaften im Zuge der Pandemie ganze Teilflotten stilllegen. Darunter leiden wiederum auch Anbieter von Ersatzteilen sowie Wartungs- und Instandhaltungsdienstleister. Besonders betroffen in den USA sind Zulieferer und Partner bei der Boeing 777X, die voraussichtlich nicht vor Ende 2024 und damit drei Jahre später als einst geplant auf den Markt kommen wird. Davon sind auch deutsche Zulieferer betroffen, wie Diehl Aviation, Liebherr und Recaro.

Innovative Lösungen für Innenkabinen gefragt

Die Konzentration auf kleinere Flugzeuge trübt auch die Erfolgsaussichten für Hersteller von Verbundwerkstoffen. Denn solche werden vorwiegend in Großraumflugzeugen verbaut. Zum Beispiel besteht der komplette Rumpf der Boeing 787 aus Faserverbundwerkstoffen. Dagegen dürften deutsche Kabinenausstatter den US-Markt gespannt verfolgen, da in den Flugzeugkabinen neue Designs und Technologien erwartet werden: angefangen von Sitzbezügen mit anspruchsvollerem Dekor über Lösungen für mehr Sitz-, Lese- und Schlafkomfort bis hin zu kontaktlosen Bordtoilettentüren, um die potenzielle Verbreitung von Krankheitserregern einzudämmen.

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