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Wirtschaftsumfeld | EAWU | Außenwirtschaftspolitik

Usbekistans Beitritt zur EAWU lohnt sich für beide Seiten

Die Eurasische Entwicklungsbank hat in einer Studie untersucht, wie sich die wirtschaftliche Integration in der Region auf Wachstum, Handel und Investitionen auswirkt.

Von Viktor Ebel | Bonn

Integration steht in Zentralasien hoch im Kurs. Spätestens seit der Ankündigung der Neuen Seidenstraße durch China im Jahr 2013 hat die Weltöffentlichkeit die Region im Blick. Ost-West und Nord-Süd-Korridore führen über das Gebiet im Herzen Asiens. Usbekistan kommt dabei eine besondere Rolle zu, da es als einziges Land an alle zentralasiatischen Nachbarstaaten grenzt. Seien es Transportrouten, Pipelines, Energiekorridore oder Wasserdispute: Wer in Zentralasien langfristig Erfolg haben will, muss Usbekistan mit ins Boot holen.

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Mit seinem 2016 gestarteten Reformmarathon, einer branchenübergreifenden Modernisierungsoffensive und einem großen Arbeitskräfte- und Ressourcenpotenzial bietet sich das Land hierfür geradezu an. Welches wirtschaftliche Potenzial der EAWU-Beitritt Usbekistans für beide Seiten birgt, hat die Eurasische Entwicklungsbank (EDB) in einer Studie untersucht.

Hinter den Kulissen ist die Integration bereits angelaufen 

Seit Beginn der Öffnung im Jahr 2016 wurde Usbekistan von anderen EAWU-Mitgliedern in vielen Bereichen beraten, sei es bei der Synchronisierung des Steuersystems oder bei der Einführung von technischen Standards. Die zunehmende Harmonisierung ließ die EAWU zum wichtigsten Absatzmarkt für Usbekistan avancieren, auf den 30 Prozent des Außenhandels und gar 75 Prozent der landwirtschaftlichen Exporte entfallen. Die Verleihung des Beobachterstatus am 11. Dezember 2020, der die Teilnahme an Sitzungen der Unionsgremien sowie eine weitere Anpassung an den EAWU-Markt erlaubt, war die logische Konsequenz. Beobachter werten dies als eine Vorstufe der Vollmitgliedschaft. Das im April 2021 unterzeichnete Memorandum über die weitere Kooperation bekräftigt das Vorhaben.

Makroökonomische Indikatoren der EAWU-Mitglieder und Usbekistans

Land

BIP (in Mrd. US$, 2020)

Reales BIP-Wachstum (Durchschnitt der Jahre 2011 - 2019)

BIP pro Kopf (in Tausend US$, PPP, 2020)

Inflationsrate (in %, 2020)

Staatsverschuldung (in % des BIP, 2020)

Internationale Währungsreserven (in Mrd. US$, 1. Januar 2021)

Armenien

12,6

4,7

13,3

3,7

67,3

2,6

Belarus

60,4

1,2

20,2

7,4

48

7,5

Kasachstan

169,8

4,7

26,6

7,5

29,4

35,6

Kirgisistan

7,7

4,7

5,0

9,7

68,1

2,7

Russland

1.487

1,7

27,9

4,9

17,6

595,8

Usbekistan

57,7

6,6

7,4

11,1

40,4

34,9

Quelle: Eurasische Entwicklungsbank

Wachstum in Usbekistan kann um bis zu 2,5 Prozentpunkte anziehen

Die EDB schätzt, dass im Falle eines Beitritts das jährliche Wirtschaftswachstum Usbekistans um 1,4 bis 1,7 Prozentpunkte zunehmen wird. Zurückzuführen sei dies auf Kapitalinvestitionen, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und Produktivitätssteigerungen. Wenn Infrastrukturinvestitionen (bis zu 1,5 Milliarden US$ jährlich) und gestiegene Rücküberweisungen (bis zu 2 Milliarden US$ jährlich) aus der EAWU einbezogen werden, beträgt das zusätzliche Wachstum sogar 2,5 Prozentpunkte. Die zusätzlichen Milliarden erhöhen Wohlstand und Nachfrage und treiben die Modernisierung und Einführung neuer Technologien voran.

Viel ungenutztes Exportpotenzial

Durch die Abschaffung von Handelsbarrieren und die weitere Harmonisierung von technischen und phytosanitären Standards, welche mit einem Beitritt einhergehen, kann Usbekistan die Exporte in die EAWU deutlich ausweiten. Laut EDB könnten die Ausfuhren von 3 Milliarden US$ im Jahr 2020 auf 4,2 Milliarden US$ jährlich steigen. Die größten Steigerungen sind in den Warengruppen Obst, Gemüse, verarbeitete Lebensmittel, Textilien und Metalle möglich. Intraindustrieller Handel sowie industrielle Kooperation würden außerdem dazu beitragen, die Wirtschaftsstruktur und das Exportportfolio zu diversifizieren.

Exporte und Exportpotenzial von Usbekistan in die EAWU (in Millionen US$)

Land

Exporte*

Zusätzliches Exportpotenzial

Russland

920,8

559,2

Kasachstan

565,0

362,8

Kirgisistan

187,1

124,5

Belarus

32,0

61,2

Armenien

2,0

2,3

*arithmetisches Mittel der Werte zwischen 2015 und 2019 Quelle: Eurasische Entwicklungsbank

Usbekistan ist für die EAWU mehr als nur ein wichtiger Markt

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass das bevölkerungsreichste Land Zentralasiens mit seinen fast 35 Millionen Einwohnern ein wichtiger Absatzmarkt ist. Die EDB schätzt das zusätzliche Exportpotenzial für die EAWU-Mitgliedsstaaten, welches durch den freien Warenverkehr ermöglicht wird, auf 1,6 Milliarden US$. Hauptausfuhrgüter sind Maschinen, Metallprodukte, Weizen, mineralische Rohstoffe, Holz, Plastik und Gummi.

Exporte und Exportpotenzial von der EAWU nach Usbekistan (in Millionen US$)

Land

Exporte *

Zusätzliches Exportpotenzial

Russland

2.600,0

1.200,0

Belarus

177,0

177,8

Kasachstan

1.100,0

153,5

Kirgisistan

44,2

34,1

Armenien

2,2

4,8

*arithmetisches Mittel der Werte zwischen 2015 und 2019 Quelle: Eurasische Entwicklungsbank

Positive Auswirkungen auf den Wettbewerb in der EAWU

Usbekistan ist reich an Rohstoffen und hat ein großes industrielles und landwirtschaftliches Potenzial. Seine Agrarerzeugnisse (Obst, Gemüse, Baumwolle), Textilien, Metalle und Güter der Leichtindustrie können sich auf den Märkten der EAWU behaupten, den Wettbewerb ankurbeln und dadurch Preissenkungen und Qualitätssteigerung an Endkunden weitergeben. Selbiges gilt für den Arbeitsmarkt, auf dem usbekische Arbeiter dann unter verbesserten Bedingungen mit Arbeitnehmern aus Armenien, Kirgisistan und dem Nicht-EAWU-Mitglied Tadschikistan konkurrieren könnten.

Verhandlungsstärke der Eurasischen Wirtschaftsunion steigt 

Weitere Mitglieder würden die Rolle der EAWU bei Verhandlungen mit Dritten stärken, so die EDB. Zusammen mit Usbekistan hätte die Union eine Bevölkerungszahl von 216 Millionen und ein Bruttoinlandsprodukt von 1.795 Milliarden US$ (2020, nominal). Für Freihandelsabkommen wird die EAWU damit zunehmend attraktiver, wie die Verhandlungen mit Ländern in Asien, dem Nahen und Mittleren Osten, Afrika und Lateinamerika zeigen. Mit Serbien, Singapur, Vietnam und dem Iran sind entsprechende Abkommen bereits in Kraft getreten.

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