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Wirtschaftsumfeld | Griechenland | Investitionen

Griechischer Aufbauplan schafft Chancen für deutsche Präsenz

Die Projekte und Maßnahmen im Rahmen des griechischen Wiederaufbauplans geben deutschen Unternehmen die Möglichkeit sich stärker im Land zu engagieren.

Von Michaela Balis | Athen

Deutschland ist der wichtigste griechische Handelspartner. Im Jahr 2019 war es auch deren größter Investor mit einer Summe in Höhe von 8,2 Milliarden Euro, so die griechische Zentralbank. Vor Ort sind 130 deutsche Unternehmen tätig, die zusammen einen Jahresumsatz von 10,2 Milliarden Euro erwirtschaften. In der Studie des griechischen Instituts für Wirtschaft- und Industrieforschung (IOBE) „Der Abdruck des deutschen Unternehmertums in der griechischen Wirtschaft“, die gemeinsam mit der Auslandshandelskammer (AHK) Griechenland im April 2021 erstellt wurde, wird die Bedeutung Deutschlands für die griechische Wirtschaft ausführlich erörtert.

„Ausländische Investitionen sind unabdingbar, wenn es um die wirtschaftliche Entwicklung Griechenlands geht, genauso wie die Förderung der Exporte und die Umsetzung struktureller Reformen“, erklärt Nikos Vettas, Geschäftsführer des IOBE, in einem Interview gegenüber Germany Trade & Invest.

"Die deutschen Unternehmen werden in den nächsten sechs Jahren eine zentrale Rolle bei den Investitionen spielen"

sagt Konstantinos Marangos, Präsident AHK Griechenland. Im Rahmen des griechischen Aufbauplans werden mithilfe der EU-Fördermittel bis 2026 rund 30,5 Milliarden Euro an Zuschüssen und Darlehen und geplante 26 Milliarden Euro an privatem Kapital für Investitionen zur Verfügung stehen. Allerdings betont Vettas: „Um die Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität effizient zu nutzen, müssen der private Sektor, das Bankensystem und die öffentliche Verwaltung koordiniert zusammenarbeiten“.

Es stellt sich die Frage, ob deutsche Unternehmen diese Chance nutzen werden, um ihre Präsenz im Land zu stärken. „Griechenland ist wieder auf dem Radar deutscher Investoren“, bestätigt Konstantinos Marangos, Geschäftsführer der SKAMA S.A. und Präsident der AHK Griechenland.

Energiewende und Digitalisierung werden vorangetrieben

„Erneuerbare Energien, Speicheranlagen und Wasserstoffprojekte bilden die Schwerpunkte der Energiebranche in den kommenden Jahren. Mehrere deutsche Unternehmen sind engagiert wie beispielsweise RWE, ABO Wind und Juwi“, erklärt Marangos. „Wir, die AHK Griechenland, sind bereits seit vielen Jahren in diesen Bereichen aktiv und unterstützen deutsche Unternehmen auf ihrem Weg nach Griechenland“, fügt er hinzu.

Ein erfolgreiches Beispiel ist das Joint Venture zwischen dem deutschen Energieversorger RWE und PPC Renewables, der Tochtergesellschaft der griechischen Stromgesellschaft PPC. Gemeinsam wollen die beiden Unternehmen ab 2022 rund eine Milliarde Euro in Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung von über 2 Gigawatt investieren.

„In dieser neuen Ära sind digitale Lösungen und Anwendungen für kleine und mittlere Unternehmen in der Industrie und im Dienstleistungssektor besonders gefragt“

erklärt Ioannis Capras, Geschäftsführer Robert Bosch Hellas S.A. Der Fokus liegt insbesondere auf der Elektromobilität: Etwa 220 Millionen Euro stehen unter anderem für den Ausbau von E-Ladesäulen seitens der Europäischen Union (EU) bereit. Das Tochterunternehmen Bosch Griechenland kann sich in diesem Bereich erfolgreich mit Produkten und Dienstleistungen einbringen.

Interessant für deutsche Unternehmen sind auch die Infrastrukturvorhaben, wie beispielsweise der Ausbau von Autobahnen und Häfen oder die Modernisierung regionaler Flughäfen. Vettas erwähnt noch die Tourismus- und Logistikbranche, die aufgrund der geographischen Lage des Landes bedeutend sind. Auch die Chancen im verarbeitenden Gewerbe, insbesondere in der Lebensmittelindustrie bis hin zu Biotechnologie, sind zu erwähnen.

Reformen und Wirtschaftsentwicklung gehen Hand in Hand

Griechenland bemüht sich schon seit seiner zehnjährigen Wirtschaftskrise (2008 bis 2019) Reformen zu realisieren, um die Rahmenbedingungen für Investitionen und unternehmerische Tätigkeit attraktiver zu gestalten. „Es gibt jedoch noch viel zu tun“, so Vettas. Der öffentliche Sektor müsse effizienter werden und die Berufsausbildung im dualen System stattfinden. Der Abbau der Bürokratie und die Beschleunigung von Genehmigungs- und Justizverfahren stellen eine große Herausforderung dar. Insbesondere diese Reformen thematisiert auch der griechische Aufbauplan. Nun müssen sie innerhalb eines straffen Zeitplans und unter strengen EU-Bedingungen in die Tat umgesetzt werden.

Die Wachstumsprognosen der Experten fallen positiv aus

Trotz pandemiebedingter Krise, glaubt der IOBE-Geschäftsführer an eine rasche Erholung in den nächsten drei bis vier Jahren. „Es ist allerdings notwendig, dass die Finanzierungskosten gesenkt werden“, informiert er. Der durchschnittliche Zinssatz für Unternehmenskredite liegt in Griechenland rund zwei Prozent über dem deutschen.

Das IOBE geht für 2021 von einem Wirtschaftswachstum von bis zu 5,5 Prozent aus. Ein höherer Wert gegenüber den rund 4 Prozent, die von der Europäischen Kommission prognostiziert wurden.

Griechenland orientiert sich am deutschen Bildungswesen

Es wird an der Umsetzung eines dualen Bildungssystems gearbeitet. Äußerst erfolgreich sind die Lehrprogramme nach dem deutschen Vorbild, die die AHK Griechenland anbietet. Duale Ausbildungsberufe im Gastronomiegewerbe und in der Tourismusbranche anzubieten, wird priorisiert.

Einige Lehrberufe sind selten: „Wir bilden junge Griechen zu Brauern und Mälzern aus“, informiert Athanasios Syrianos, Präsident der Brauerei Hellenic Breweries of Atalanti. „Das deutsche Konzept bewährt sich und weckte das Interesse des griechischen Industrieverbands SEV. Gemeinsam mit der AHK Griechenland will der Verband Ausbildungsprogramme für weitere Berufe in die Praxis umsetzen“, fügt Syrianos hinzu. Im Schuljahr 2020/2021 begannen zwei Auszubildende diese Art der Ausbildung in der griechischen Brauerei.

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