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LibanonAußenhandel, Struktur
Wirtschaftsumfeld
Bericht Wirtschaftsumfeld Libanon Außenhandel, Struktur
Kairo (AHK) - Libanon ist eine der ältesten Handelsnationen der Welt. Schon die Phönizier besegelten das Mittelmeer von Tyros aus. Libanesische Geschäftsleute sind in der ganzen Welt aktiv.
16.10.2018
Libanons Amtssprache ist Arabisch, in der Geschäftspraxis mit internationalen Geschäftspartnern kommen außerdem häufig Englisch und Französisch zum Einsatz. Das Land ist darum bemüht, gleichzeitig gute Beziehungen zu allen Staaten zu halten, wobei dem Iran als Verbündeter der Hisbollah wie auch Saudi-Arabien als Verbündetem der sunnitischen Familien und Institutionen im Land besondere Rollen zuteilwerden. Trotz der offiziellen Nichteinmischungspolitik kämpft die Hisbollah weiterhin im syrischen Bürgerkrieg auf Seite des syrischen Regimes. Außerdem sieht sich der Libanon weiterhin formal im Kriegszustand mit Israel, wenngleich seit 2006 eine Feuerpause eingehalten wird. Traditionell sind gute Beziehungen zu Frankreich von großer Bedeutung, aber auch zu der EU und den USA werden enge Beziehungen gepflegt.
Der Libanon ist ein kulturell sehr vielfältiges und offenes Land. Während der Großteil der Hauptstadt Beirut sehr westlich geprägt ist, sollten in traditionelleren und muslimisch geprägten Regionen wie der Stadt Tripoli bestimmte Verhaltensregeln beachtet werden. So wird vor allem auch im Geschäftsleben großen Wert auf konservative, formelle Kleidung gelegt. Männer sollten Anzug und Krawatte tragen, Frauen ein Kostüm. Schultern und Knie sollten auch im Alltag stets bedeckt werden.
Persönlicher Kontakt ist ausschlaggebend für den Geschäftserfolg, was regelmäßige Geschäftsreisen unabdingbar macht. Zum persönlichen Kennenlernen und dem Aufbau einer Beziehung auf persönlicher Ebene ist Smalltalk unabdingbar. Geduld und Ausdauer sind hier bei den Verhandlungen erforderlich.
Libanesen sind sehr gastfreundlich und stets um das Wohlbefinden ihrer Gäste bemüht. So wird man häufig zum Essen, zu Veranstaltungen oder nach Hause eingeladen. Auch bei jeder Art von Problemen wird sofort Hilfe angeboten. Dies sollte jedoch eher als Zeichen der Höflichkeit und der Gastfreundschaft aufgefasst und zunächst höflich abgelehnt werden. Angebote dieser Art sollten erst nach Wiederholung angenommen werden.
Rechtsstreitigkeiten sind meist langwierig und teuer und sollten daher nach Möglichkeit zugunsten einer gütlichen Einigung vermieden werden. Vor dem Geschäftsabschluss sollte stets die Bonität des Geschäftspartners geprüft werden, zum Beispiel anhand öffentlicher Register oder Geschäftsberichte. Eine weitere Möglichkeit der Absicherung sind Testgeschäfte und Vorkasse. Verträge sollten stets sorgfältig aufgesetzt und geprüft werden. Auch Verkäufe sollten vertraglich abgesichert werden, um Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen. Verträge sollten stets die Lizenznummer sowie eine physische Adresse des Geschäftspartners enthalten. Außerdem sollte festgehalten werden, ob libanesisches oder deutsches Recht Anwendung findet. Für Lieferbedingungen empfiehlt es sich auf das offizielle Regelwerk der Internationalen Handelskammer (ICC) zurückzugreifen.
Dauer | 721 Tage |
Kosten | 30,8% der Forderung |
Qualität der rechtlichen Prozesse | 6 (Index: 0 bis18) |
*) Rang 134 von 190
Quelle: Doing Business Report 2018, Weltbank
Sollte es dennoch zu Rechtsstreitigkeiten kommen, können diese durch das libanesische Schiedsgericht ("Lebanese Arbitration Center") beigelegt werden, dessen Satzung und Regulierung ähnlich der der Internationalen Handelskammer sind. Außerdem findet in Verträgen jeglicher Art die alternative Konfliktlösung mehr und mehr Anwendung, auch wenn es hierfür keine spezifischen Regulierungen gibt.
Der Libanon präsentiert sich als liberaler Standort für ausländische Direktinvestitionen. Zum einen sind freier Kapital- und Devisenverkehr garantiert, zum anderen gibt es einen gut funktionierenden Finanzsektor sowie eine gut ausgebildete Bevölkerung. Außerdem können Gewinne und Kapital frei repatriiert werden und die Investitionsgesetzgebung unterscheidet in den meisten Fällen nicht zwischen ausländischem und inländischem Kapital, einzige Ausnahme ist der Landerwerb. Dennoch verzeichnet sich in den letzten Jahren ein eher sinkender Trend an ausländischen Kapitalflüssen ins Land. Gründe hierfür finden sich in komplexen Zollverfahren, hohen Einfuhrsteuern, Tarifen und Gebühren, sowie schwachem Schutz geistigen Eigentums. Die Unternehmensbesteuerung ist jedoch im weltweiten Vergleich mit lediglich 15 Prozent sehr attraktiv. Die libanesische Wirtschaft ist vor allem dienstleistungsorientiert, zu den vielversprechendsten Sektoren gehören Banken- und der Tourismussektor.
Ausländische Investitionen finden sich vor allem im Immobiliensektor sowie im Erwerb von Anleihen und Wertpapieren. Die Hälfte der zwischen 2003 und 2015 getätigten ausländischen Investitionen entfielen demnach auf den Erwerb von Immobilien. Die Investitionen in diesem Bereich werden vor allem von Investoren aus den Golfstaaten getätigt, welche Feriendomizile erwerben, aber auch in Hotels und Touristikprojekte investieren.
Ungeachtet seiner kleinen Größe bietet der Libanon durchaus auch für deutsche Unternehmen interessante Geschäftsmöglichkeiten. Während nur wenige Firmen mit einer Niederlassung präsent sind, werden zahlreiche bekannte, wie auch klein- und mittelständische Unternehmen durch einen Agenten vertreten, welche sich zum "Lebanese German Business Council" zusammengeschlossen haben.
Sehr gute Chancen für deutsche Unternehmen bieten sich bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen des libanesischen Staates sowie privater Unternehmen. Informationen über aktuelle Ausschreibungen sind auf den offiziellen Websites der libanesischen Behörden zu finden.
Im Jahre 1999 wurde ein bilaterales Investitionsschutzabkommen zwischen Deutschland und dem Libanon unterzeichnet, allerdings gibt es bis heute kaum deutsche Direktinvestitionen im Land und auch ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland besteht derzeit nicht.
Die libanesische Regierung begrüßt ausländische Investitionen und bietet sowohl nationalen wie auch internationalen Investoren eine Reihe von Anreizen, wie beispielweise steuerliche Vergünstigungen, um Unternehmen bei der Aufnahme und Durchführung ihrer Geschäftstätigkeiten zu unterstützen. Die nationale Investment Promotion Agency beschreibt im Investitionsgesetz Nummer 360 folgende förderungsberechtigte Sektoren: Landwirtschaft, Agrarindustrie, Industrie, Tourismus, Informationstechnologie, Telekommunikationstechnologie und Medien.
Der libanesische Außenhandel weist kontinuierlich negative Handelsbilanzen aus. Im Jahr 2017 wurden laut der libanesischen Zollbehörde Waren im Wert von 19,6 Milliarden US-Dollar (US$) importiert, während lediglich Waren im Wert von knapp 3 Milliarden US$ exportiert wurden. Zu den Haupteinfuhrgütern zählen Erdölerzeugnisse, Kraftfahrzeuge, elektrische Maschinen, chemische Erzeugnisse, Kleidung, Fleisch sowie Konsumgüter und Tabak. Die EU ist ein wichtiger Handelspartner des Libanon, sie stellt allein 35 Prozent des Außenhandelsvolumens. Aus Deutschland importiert der Libanon vor allem Kraftfahrzeuge, Maschinen, pharmazeutische Produkte und elektrotechnische Erzeugnisse. Mit einem Importvolumen von knapp 1,2 Milliarden US$ (2017, libanesischer Zoll) zählt Deutschland zusammen mit Frankreich, Italien, China und den USA zu den wichtigsten Lieferanten des Libanons.
Exportdauer | Exportkosten | Importdauer | Importkosten | |
Documentary compliance | 48 Stunden | 100 US$ | 72 Stunden | 135 US$ |
Border compliance | 96 Stunden | 410 US$ | 180 Stunden | 695 US$ |
Quelle: Doing Business Report 2018, Weltbank
Exportiert wird hauptsächlich nach Saudi-Arabien, in die Vereinigten Arabischen Emirate, Südafrika, in den Irak und Syrien. Zu den wichtigsten Exportgütern zählen Mineralien (Gold), Ölprodukte, Textilien, Tabak, Perlen und Edelsteine, Salz und Schwefel. Traditionell wurden libanesische Exporte größtenteils über das Nachbarland Syrien in die Golfstaaten abgewickelt. Der andauernde Konflikt in Syrien und Grenzschließungen erschweren daher die Warenausfuhr und schwächen das Wirtschaftswachstum. Die durch die "Investment Development Authority" eingerichtete alternative subventionierte Seeroute blieb dennoch für viele Landwirte zu teuer.
Eine wichtige Rolle spielt auch die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe im Rahmen der Flüchtlingskrise. Deutschland legt hier den Schwerpunkt auf Versorgungsmaßnahmen, Aufnahmezentren, Bildung, Berufsbildung und die Wasserversorgung.
*) Autor: AHK Mena