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Serbien / Kosovo / Montenegro / Nordmazedonien / Albanien / Bosnien-HerzegowinaKonjunktur
Wirtschaftsumfeld
Bericht Wirtschaftsumfeld | Coronavirus | Westbalkan
Die Anzahl der Infektionen in den Westbalkanstaaten ist noch überschaubar. Ausbleibende Touristen und wegbrechende Absatzmärkte könnten die Länder hart treffen.
18.03.2020
Von Martin Gaber | Bonn
Die Konjunkturprognosen für die sechs Länder des westlichen Balkans (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien) wurden spürbar nach unten korrigiert. Noch zu Jahresbeginn rechnete das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) für die gesamte Region mit einem Wachstum von deutlich über 3 Prozent. Derzeit gilt sogar der neue Wert von 1,8 Prozent als optimistisch. Aktuelle Entwicklungen könnten jederzeit für eine neue Dynamik sorgen.
Land | Neue Konjunkturprognose | Vor-Corona-Prognose |
Albanien | 1,7 | 3,2 |
Bosnien und Herzegowina | 1,2 | 2,5 |
Kosovo | 1,4 | 2,8 |
Montenegro | 1,7 | 3,3 |
Nordmazedonien | 2,0 | 3,7 |
Serbien | 2,8 | 4,3 |
Westbalkan gesamt | 1,8 | 3,4 |
Die neuen Prognosen stehen unter der Prämisse, dass die Krise innerhalb eines halben Jahres bewältigt wird. Zudem wird eine massive Intervention durch die Geld- und Fiskalpolitik in der Europäischen Union (EU) zugrunde gelegt.
Der Tourismus in der Region bricht bereits jetzt ein. In Serbien wurden nach Angaben des Ministers für Handel, Tourismus und Telekommunikation, Rasim Ljajic, 80 Prozent der Buchungen für Februar und März storniert. Noch härter würden ausbleibende Touristen Albanien und Montenegro treffen. Der Tourismus macht in den beiden Ländern nach Angaben der Weltbank rund ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, mindestens jeder fünfte Beschäftigte arbeitet in der Branche. Entscheidend wird sein, wie sich die Lage bis zum Beginn der Hauptsaison im Sommer entwickelt. Die Welt-Tourismus-Organisation (UNWTO) prognostiziert Verluste von 30 bis 50 Milliarden US-Dollar für die Branche.
Albanien und Italien sind historisch eng miteinander verbunden und wirtschaftlich stark verflochten. Diese Verbindung wird für Albanien nun zur Gefahr. Rund 20 Prozent des Außenhandels werden laut wiiw mit Italien abgewickelt. Das ist der höchste Anteil in ganz Mittel- und Osteuropa. Italien ist besonders stark von der Coronakrise betroffen. Für Albanien fallen dadurch Lieferanten aus und ein wichtiger Absatzmarkt bricht weg.
Die europäische Automobilindustrie befindet sich im Krisenmodus. Volkswagen, Audi und die PSA-Gruppe kündigten an, einen Großteil ihrer Werke vorübergehend zu schließen. Auch andere Autobauer schränken die Produktion ein. Besonders Serbien und Nordmazedonien sind eng mit den Lieferketten der Automobilindustrie verflochten. Größere deutsche Investitionen in den vergangenen Jahren fanden vor allem in diesem Bereich statt. Alleine in Nordmazedonien arbeiten rund 30.000 Beschäftigte direkt im Automobilzulieferbereich. Ein Stillstand der Produktion bei den Autobauern wird auch die Zulieferer in Krisenmodus versetzen.
Im serbischen Kragujevac wird zudem der FIAT 500 L hergestellt. Der italienische Autobauer hatte bereits Mitte Februar Schwierigkeiten gemeldet, da Teile aus China nicht rechtzeitig geliefert werden konnten. Nun wird die Produktion bis Ende März ausgesetzt.
In Serbien sucht die Regierung gemeinsam mit der Wirtschaft nach Unterstützungsmöglichkeiten. Premierministerin Ana Brnabic bestätigte, dass man trotz Notstand und Einschränkungen an den Grenzen den freien Warenverkehr aufrechterhalten möchte. Außerdem plant Belgrad, kurzfristig weitere 200 Millionen Euro für Infrastrukturprojekte bereitzustellen. Damit will die Regierung neue Wachstumsimpulse setzen. Erst im Dezember 2019 wurde der Entwicklungsplan Srbija 2025 (Serbien 2025) mit einem Volumen von bis zu 14 Milliarden Euro vorgestellt.
Serbien hat die für den 26. April geplanten Parlaments-, Provinz- und Kommunalwahlen wegen der Coronavirus-Krise für unbestimmte Zeit verschoben. Für alle Fragen rund um die Auswirkungen der Corona-Krise können sich die Unternehmen direkt an die Wirtschaftskammer wenden. Dort wurde eine Hotline für Betriebe eingerichtet.
Aktuelle Informationen zu Einreisebestimmungen finden Sie beim Auswärtigen Amt.
Mehr Informationen finden Sie in unserem Special zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Krise auf Auslandsmärkte.