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Wirtschaftsumfeld
Wirtschaftsumfeld | Südkorea | Außenwirtschafts-, Industriepolitik
Kurz nach der Zentralregierung verkündete die Stadt Seoul im Juli 2020 einen eigenen Green New Deal. Die Schwerpunkte liegen auf Änderungen im Verkehr und bei Gebäuden.
13.08.2020
Von Frank Robaschik | Seoul
Am 8. Juli 2020 legte Seouls Bürgermeister Park Won-soon einen Plan für die Stadt Seoul vor, nachdem für Südkorea bereits ein landesweites großes Programm verkündet wurde. Danach sollen in der Hauptstadt bis 2022 rund 2,3 Milliarden US-Dollar (US$) für einen Green New Deal aufgewendet werden. Ausgegebenes Ziel ist eine kohlenstofffreie Stadt bis 2050. Da die drei Bereiche Gebäude (68,2 Prozent), Verkehr (19,4 Prozent) und Abfälle (6 Prozent) für rund 94 Prozent der Treibhausgasemissionen stehen, setzt die Stadt mit ihren Maßnahmen dort an.
Das meiste Geld soll mit rund 960 Millionen US$ für grüne Mobilität ausgegeben werden. Von 2021 bis 2025 sollen 4.000 städtische Busse (und damit mehr als die Hälfte des gesamten Bestands von 7.396 Bussen) durch solche mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb ersetzt werden. Neue Taxis sollen ab 2030 nur noch mit einem der beiden Antriebe zugelassen werden. Dienstwagen will die Stadt bereits ab 2020 nur noch mit Elektro-, Wasserstoff- oder Hybridmotor kaufen.
Der Green New Deal beinhaltet auch einen Gesetzesvorschlag, wonach in der Stadt ab 2035 nur noch Autos mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb neu zugelassen werden dürfen. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor sollen ab diesem Zeitpunkt in der Innenstadt (innerhalb der vier Stadttore) nicht mehr verkehren dürfen.
Bis 2022 soll auf 22 breiten Straßen mit einer Länge von 28,6 km die Zahl der Spuren reduziert und öffentlichem Nahverkehr und Fußgängerzonen mehr Raum gegeben werden. Die Anzahl der Leihfahrräder in der Stadt soll weiter steigen und die Länge der Radwege bis 2030 um 390 auf 1.330 Kilometer erhöht werden.
Rund 950 Millionen US$ will die Stadt für grüne Gebäude ausgeben. Zunächst soll die Energieeffizienz in öffentlichen Gebäuden steigen, danach sollen Gebäude in privater Hand folgen. So ist bis 2022 für 206 Millionen US$ die Sanierung von insgesamt 241 Einrichtungen in älteren Gebäuden, so etwa Treffpunkten für Senioren, Kinderkrippen und öffentlichen Gesundheitszentren, geplant. Dadurch sollen diese auf das Niveau von Nullenergiegebäuden gebracht und der Schutz vor Feinstaub und ansteckenden Krankheiten ausgebaut werden.
Über Subventionen und verbilligte Kredite will die Stadt die Energieeffizienz von Wohnungen niedrigerer Qualität erhöhen. Darüber hinaus will sie ein Treibhausgasmanagementsystem einführen, das sukzessive die Menge der erlaubten Emissionen beschränkt. Den Anfang sollen öffentliche Gebäude machen, ab 2022 in einem Testlauf erste private Gebäude und ab 2023 könnte nach den Plänen alle privaten Gebäude mit einer Fläche von mindestens 10.000 Quadratmeter folgen.
Gebäudetyp | ab 2021 | ab 2022 | ab 2023 |
---|---|---|---|
Öffentliche Gebäude | 61 Pilotprojekte mit Fläche von jeweils mindestens 1.000 Quadratmetern | 401 Gebäude mit Fläche von jeweils mindestens 1.000 Quadratmetern | Stufenweise Erweiterung auf Stadtbezirke und öffentliche Unternehmen der Stadt |
Private Gebäude | - | 328 große Energieverbraucher | primär stufenweise Ausweitung auf Gebäude mit einer Fläche von mindestens 10.000 Quadratmetern |
Die seit 2020 bestehende Pflicht, neue öffentliche Gebäude ab einer Fläche von 1.000 Quadratmetern nur noch als Nullenergiehäuser zu errichten, soll gemäß dem Plan ab 2023 auf private Gebäude ausgeweitet werden. Das wäre für Wohngebäude mit mehr als 1.000 Haushalten und andere Gebäude mit einer Fläche ab 100.000 Quadratmeter zwei Jahre eher, als dies eine Roadmap der südkoreanischen Regierung vorsieht. Um die Belastung für die Bauherren zu reduzieren, schlägt die Stadt Seoul der Zentralregierung Maßnahmen wie eine Reduzierung der Erwerbssteuern beim Kauf von Gebäuden und der Vermögenssteuern vor. Ob sich die Zentralregierung darauf einlässt, ist offen.
Daneben schlägt die Stadt der Zentralregierung vor, ab 2023 eine Zertifizierung der Energieeffizienz von Gebäuden (eine Art Energieausweis) zur Pflicht zu machen und ab 2022 bei Immobilientransaktionen eine Energiebewertung (zum Beispiel jährlicher Energieverbrauch, jährliche Treibhausgasemissionen, Energieeffizienzeinstufung) zu fordern.
Als eine Kompensationsmaßnahme für Treibhausgasemissionen in Seoul will die Stadt bis 2022 unter dem Begriff „Grüner Wald“ einschließlich neuer Wald- und Parkflächen in Seoul in großem Stil Bäume pflanzen und in kleinerem Maßstab auch in der Mongolei und in anderen nordostasiatischen Ländern Bäume pflanzen.
Seoul hat von 2011 bis 2019 die Kapazität bei Kraftwerken für Erneuerbare Energien von 25,2 auf 385,2 Megawatt erhöht und will die Nutzung bis 2022 weiter vorantreiben. Dafür sollen rund 171 Millionen US$ aufgewendet werden. Solarenergie ist dabei die wichtigste erneuerbare Energiequelle in der Stadt.
In öffentlichen Gebäuden und Anlagen wie Wasserwerken, Abwasseranlagen und dem städtischen Schienenverkehr sollen möglichst Solaranlagen installiert werden. Da es in der Innenstadt schwer ist, großflächige Solaranlagen aufzubauen, soll der Einsatz gebäudeintegrierter Fotovoltaik durch Investitionen von circa 10 Millionen US$ gefördert werden.
Den Einspeisetarif der Stadt Seoul für Solarenergie sollen ab 2020 nicht nur Stromerzeugungsunternehmen, sondern auch individuelle Betreiber von Solaranlagen zur Eigennutzung in Anspruch nehmen können. Für Erzeuger von Strom aus Brennstoffzellen sollen ab 2021 Transaktionen zum Verkauf des erzeugten Stroms oder der erzeugten Wärme regulatorisch ermöglicht werden. Auch die Installation von wasserstoffbetriebenen Notstromaggregaten soll erlaubt werden. Daneben will Seoul auch weitere Energiequellen nutzen, so etwa Biogas aus Essensabfällen zur Herstellung von Wasserstoff sowie die Hydrothermie.
Im Bereich der Müllbewältigung will die Stadt das Recycling und das Upcycling vorantreiben. Bis 2025 soll noch eine weitere Recyclinganlage mit einer Kapazität von 500 Tonnen pro Tag gebaut und die bestehenden vier Anlagen in Gangnam, Nowon, Mapo und Yangcheon jeweils um eine Kapazität von 580 Tonnen pro Tag erweitert werden.
Segment | 2020 | 2021 - 2022 | 2020 - 2022 |
---|---|---|---|
Insgesamt | 450 | 1.831 | 2.281 |
Grüne Mobilität | 248 | 711 | 960 |
Grüne Gebäude | 108 | 842 | 950 |
Grüne Energie | 35 | 139 | 174 |
Grüner Zyklus | 28 | 112 | 139 |
Grüner Wald | 31 | 27 | 58 |