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Wirtschaftsumfeld | Thailand | Coronavirus
Das thailändische Gesundheitssystem ist laut WHO auf Epidemien relativ gut vorbereitet und verfügt über genügende Kapazitäten, um Erkrankungen zu erkennen und Risiken zu bewerten.
17.03.2020
Von Thomas Hundt | Bangkok
Der Virus ist nach offiziellen Angaben derzeit weniger verbreitet als in Risikoländern. Behörden bestätigen aber eine Zunahme der Erkrankungen. Verdachtsfälle werden beobachtet. Das zuständige Department of Disease Control des Gesundheitsministeriums berichtet täglich über die aktuelle Lage, Vorsichtsmaßnahmen sowie die Einreisevorschriften.
Als Risikoländer eingestuft sind derzeit: China, Korea, Italien und Iran. Einreisende müssen ein Gesundheitszertifikat bereits am Abflughafen vorzeigen.
Als Länder mit fortlaufenden Übertragungen sind momentan eingestuft: Deutschland, Frankreich, Spanien, USA, Schweiz, Norwegen, Dänemark, Niederlande, Schweden, Vereinigtes Königreich und Japan. Ihre Gesundheit wird bei der Einreise kontrolliert. Auch wenn sie den Gesundheitscheck bestehen, sollen sie für 14 Tage zu Hause bleiben und ihre Gesundheit selbst überwachen.
Das Gesundheitsministerium empfiehlt, belebte Orte zu meiden. Versammlungsverbote oder Ausgehsperren gelten noch nicht. Die 76 Provinzen entscheiden selbst über Schließungen von Gaststätten, Kinos und ähnliche Maßnahmen. Büros stellen auf Heimarbeit um. Einige Messen und Veranstaltungen finden statt, andere werden verschoben. Die Veranstalter informieren fortlaufend.
Die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen zeigen sich deutlich. Der Hauptstadtflughafen meldet einen starken Rückgang der internationalen Passagierzahlen. Hotels stellen auf Kurzarbeit um, weil die Gästezahlen eingebrochen sind. Der Tourismus beklagt die heftigsten Umsatzeinbußen, er erwirtschaftet ungefähr 13 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Alleine die Ausgaben chinesischer Touristen machten 2019 rund 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus.
China ist mit Abstand wichtigster Handelspartner Thailands. Knapp 12 Prozent der Exporte gingen 2019 nach China. Die Lieferungen von chemischen Erzeugnissen, Textilien, Bekleidung und Agrarprodukten nach China leiden unter den Unterbrechungen im Seeverkehr und den Produktionsstopps.
Einige Produkte „Made in Thailand“ dürften wiederum von einer Umlenkung der Nachfrage nach Waren aus China profitieren. Entsprechende Anfragen erreichen bereits thailändische Produzenten. Die thailändische Bank Krungsri erwartet, dass die lokalen Hersteller von Metallwaren und Maschinen infolge der Produktionsrisiken in China mehr ausführen werden.
Bei den thailändischen Einfuhren dominiert China mit über 21 Prozent der Waren. Weil China auch kritische Komponenten zuliefert, beispielsweise für die lokalen Fertigungen von Kfz, Elektronik und Elektrotechnik sowie für die Chemieindustrie, melden deren Hersteller erste Probleme bei der Versorgung. Logistikfirmen berichten von Schwierigkeiten im Warenverkehr, jedoch von keiner Krise der Lieferketten.
Die Mitglieder der Deutsch-Thailändischen Auslandshandelskammer bezeichneten bereits Ende Februar 2020 den Ausbruch des Coronavirus als größte Herausforderung für das laufende Geschäftsjahr. Das Coronavirus wird 2020 das thailändische Wirtschaftswachstum stark bremsen, das Ausmaß ist aber noch nicht absehbar. Die Zentralbank Bank of Thailand steuert gegen und hat am 5. Februar 2020 den Leitzins von 1,25 auf 1,0 Prozent gesenkt. Eine weitere Zinssenkung wird erwartet.
Der Finanzsektor und die Staatsfinanzen gelten als solide und können eine Rezession etwas mildern. Die privaten Haushalte sind aber stark verschuldet und verfügen über wenige Rücklagen. Auch kleinere und mittlere Unternehmen, denen die Einnahmen wegbrechen, können eine längere Krise nicht abfedern. Der Staat will Unternehmen bei Umschuldungen unterstützen. Das Finanzministerium stellt Sonderkredite in Aussicht, erlaubt Sonderabschreibungen, stundet Steuerzahlungen und arbeitet an weiteren Hilfsmaßnahmen.
Der Coronavirus wird auch rechtliche Folgen haben. Firmen sollten sich in strittigen Schadensfällen mit Anwälten beraten und die Vertragsklauseln studieren. Wenn Verträge nicht eingehalten werden, kann eine Mängelhaftung vorliegen. Das thailändische Zivilrecht definiert im Abschnitt 8 indes die Ereignisse, in denen sich eine Partei auf Höhere Gewalt (Force Majeur) berufen kann.