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Tschechische RepublikCoronavirus / Groß- Einzelhandel / Konjunktur
Wirtschaftsumfeld
Tschechien | Coronavirus | Geschäftsöffnung
Nach mehreren Wochen weitreichender Geschäfts- und Bewegungsverbote will die Regierung eine Normalisierung beschleunigen. Druck macht ein Gerichtsurteil.
24.04.2020
Von Miriam Neubert | Prag
Die Aufhebung der Beschränkungen für Einzelhandel und Dienstleister soll nun schon in vier, statt der zunächst beschlossenen fünf Phasen erfolgen. Der gestraffte neue Zeitplan könnte, wenn kein Corona-Rückfall dazwischen kommt, bis zum 25. Mai 2020 abgeschlossen sein. Das wäre zwei Wochen früher, als im ersten Zeitplan vorgesehen war. Die Regierung traf diese Entscheidung auf einer außerordentlichen Sitzung am 23. April 2020.
Am späten Abend desselben Tages lockerte sie dann in zwei Beschlüssen auch die Reisebeschränkungen und die Ausgangsbeschränkungen. Bürger dürfen sich mit Wirkung ab dem 24. April unter bestimmten Bedingungen wieder in Gruppen bis zu zehn Personen treffen und Lebensmittel im Freien konsumieren. Die Aus- und Einreisebegrenzungen für Tschechen und Ausländer mit Aufenthaltsgenehmigung wurden ab dem 27. April gelockert.
Bei ihrer Einreise können sie einen negativen Test auf Covid-19 vorlegen, der nicht älter sein darf als vier Tage, oder aber 14 Tage Quarantäne wählen. Das gilt auch für die Grenzpendler, die bisher der Quarantänepflicht unterworfen waren. Legen sie alle zwei Wochen einen negativen Test vor, können sie wieder täglich pendeln. Pendler, die in Gesundheitseinrichtungen, Rettungsdiensten oder kritischen Strukturen arbeiten, sind von beidem befreit.
Der Kreis der einreiseberechtigten Ausländer wurde erweitert auf Bürger der Europäischen Union (EU), die zu wirtschaftlicher Aktivität einreisen oder in Tschechien studieren. Weitere Einzelheiten finden sich in einer Meldung des Innenministeriums. Die epidemiologische Situation im Zusammenhang mit der Erkrankung Covid-19 hat sich positiv entwickelt und macht nach Angaben der Regierung die Lockerung möglich.
Zugleich ist der Druck gestiegen, die Restriktionen zu beenden. Am 23. April 2020 hob das Prager Stadtgericht mit Wirkung zum 27. April vier Maßnahmen auf, die das Gesundheitsministerium zur Eindämmung der Coronapandemie ergriffen hatte. Diese betreffen die Beschränkungen des Einzelhandels, des Dienstleistungssektors und der Bewegungsfreiheit. Sie sind dem Urteil zufolge ungesetzlich, weil sie vom Gesundheitsministerium und nicht der Regierung unter den Bedingungen des Krisengesetzes getroffen worden seien. Medienberichten zufolge will die Regierung das Urteil anfechten.
Für die Unternehmen zählt nach wochenlangem Stillstand jeder Tag, an dem es früher losgehen kann. Es geht bei vielen um die Existenz. Sie wollen ein Ende der wettbewerbsverzerrenden Eingriffe. So ist für die jeweils Betroffenen nicht nachzuvollziehen, warum etwa Hobbymärkte bereits vor Ostern öffnen durften, der Lebensmitteleinzelhandel nie geschlossen worden ist, Autohändler früher als große Möbelgeschäfte die Tore aufschließen sollten. Die Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik hatte eine schnellere Aufhebung der Betriebsverbote für das Hotel- und Gaststättengewerbe und für Einkaufszentren verlangt und eine Überarbeitung des Zeitplans gefordert. Teile der Wirtschaft drohten unbegründet diskriminiert zu werden.
Auch Ärzte der Karlsuniversität in Prag warnten vor den Folgen anhaltender Restriktionen, mit Blick auf Schwerkranke, die sich kaum noch in Krankenhäuser trauen und auf die Wirtschaft, die sich negativ entwickele. Sie halten es für nötig, die medizinische Versorgung wieder für alle sicherzustellen, Firmeninsolvenzen zu vermeiden und die Grenzen schrittweise zu öffnen.
Das neue Harmonogramm sieht schrittweise Lockerungen bis zum 25. Mai 2020 vor, wobei Hygiene- und Schutzauflagen einzuhalten sind. Das Gesundheitsministerium veröffentlicht Bedingungen für die Öffnung. Entscheidend für das verkürzte Szenario bleibt, dass kein Rückfall beim Infektionsgeschehen eintritt.
Harmonogramm vom 23. April 2020 zur Wiederaufnahme unternehmerischer und anderer Tätigkeiten
20. April | 27. April | 11. Mai | 25. Mai |
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Handwerksbetriebe (Liste auf Tschechisch) | Betriebsstätten bis 2.500 Quadratmeter Fläche (einschließlich touristischer Infromationszentren), sofern sie nicht in Einkaufzentren mit mehr als 5.000 Quadratmetern liegen 2) | Alle Betriebsstätten in Einkaufzentren 3) | Restaurants, Bars, Imbisse, Cafes, Vinotheken, Brauereien (Innenbetrieb) |
Bauernmärkte | Fahrschulen | Betriebsstätten bis 2.500 Quadratmeter Fläche, die nicht in Einkaufzentren liegen | Hotels, Campingplätze und weitere Unterkünfte, einschließlich ihrer Restaurants und Cafes |
Autosalons und Gebrauchtwarenhändler | Sport- und Fitnesszentren ohne Nutzung des Umfelds (Duschen, Umkleidekabinen) | Restaurants, Bars, Imbisse, Cafes, Vinotheken, Brauereien, aber nur im Rahmen des Fensterverkaufs oder der Verköstigung im Außenbereich (Sommergarten) | Auch Taxidienste, die bislang nicht fahren durften |
Training für Sportprofis im Außenbereich in kleinen Gruppen und ohne Zuschauer 1) | Gottesdienste bis 15 Personen 1) | Friseursalons und Salons für Pediküre, Maniküre, Kosmetik, Massage-, Physiotherapie-, Rehabilitationsdienste, Sonnenstudios | Tattoo- und Piercingsalons |
Hochzeiten bis zu zehn Personen 1) | Buchhandlungen | Museen, Galerien, Ausstellungshallen | Theater, Schlösser, Burgen und andere kulturelle Aktivitäten 1) |
Zoologische, botanische und dendrologische Gärten (Außenbereich) | Schlösser, Burgen, Freilichtmuseen (Außenbereiche) | Kultur-, Gesellschafts- und Sportveranstaltungen (Anzahl der Teilnehmer wird spezifiziert) | |
Training im Freien von Profisportlern (unter Ausschluss der Öffentlichkeit) | Erholungsaktivitäten für Kinder bis 15 Jahren | ||
Weitere Tourismus-Maßnahmen | |||
Hochzeiten unter spezifischen hygienischen Bedingungen | |||
Zoologische, botanische, dendrologische Gärten (einschließlich Innenbereiche) | |||
Weitere Aktivitäten werden im Laufe des Juni erlaubt je nach aktueller epidemiologischer Lage |
1) zu vorher festgelegten Bedingungen; 2) betrifft nicht die Gewerbe, die erst in späteren Etappen geöffnet werden dürfen; 3) Im Falle einer positiven epidemiologischen Entwicklung und unter spezifischen hygienischen Voraussetzungen