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Bericht Wirtschaftsumfeld Türkei Außenhandel, Struktur
Deutsche Exportwirtschaft leidet. Trotzdem bleibt Deutschland drittgrößtes Lieferland.
10.03.2020
Von Katrin Pasvantis | Istanbul
Die Türkei hat ihre Außenhandelszahlen für 2019 veröffentlicht. Die Importe gingen um 9 Prozent zurück und die Exporte legten um 2 Prozent zu, meldet das türkische Statistikamt TÜIK. Damit hat sich das Außenhandelsdefizit um rund 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr reduziert. Die Senkung des chronischen Defizits steht weit oben auf der Agenda der Regierung.
Die türkischen Importe aus Deutschland waren wie die Gesamteinfuhren rückläufig (-12 Prozent). Trotzdem bleibt Deutschland auf Rang drei der Lieferländer.
Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sind eng. Im Ranking der deutschen Handelspartner des Jahres 2018 steht die Türkei auf Rang 18 der Exportländer und auf Rang 17 der Importländer. Für die Türkei ist Deutschland der größte Abnehmer von Waren weltweit. Nachgefragt werden vor allem Textilien und Bekleidung, aber auch Kfz und -Teile sowie Maschinen.
Laut TÜIK nahm Deutschland im letzten Jahr Waren im Wert von 15 Milliarden US-Dollar (US$) ab, weit mehr als das Vereinigte Königreich (Exportwert 11 Milliarden US$) und Italien (9 Milliarden US$). Gleichzeitig importierte die Türkei Waren im Wert von 18 Milliarden Euro aus Deutschland. Nur aus Russland (23 Milliarden US$) und aus der VR China (19 Milliarden US$) kam mehr ins Land. Russland ist ein wichtiger Gaslieferant.
Top-5-Importländer der Türkei (in Milliarden US$; Veränderung in Prozent 2019/2018)
Land | 2018 | 2019 | Veränd. |
---|---|---|---|
Russland | 21,9 | 22,5 | 2,7 |
China | 20,7 | 18,5 | -10,6 |
Deutschland | 20,4 | 17,9 | -12,3 |
USA | 12,4 | 11,2 | -9,7 |
Italien | 10,2 | 8,6 | -15,7 |
Quelle: TÜIK 2020
Die Türkei importiert aus Deutschland traditionell vor allem Maschinen, Kfz und -Teile und chemische Erzeugnisse. Seit etwa drei Jahren sinken die Einfuhren. Das türkische Wirtschaftswachstum hat sich abgekühlt. Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge stagnierte das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2019. Für das Jahr 2020 erwartet der IWF ein Wachstum von rund 3 Prozent. Die Inflation ist hoch und die Kaufkraft hat spürbar nachgelassen. Die Schwäche der Türkischen Lira verteuert die Importe.
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) spricht von „Investitionszurückhaltung“ in der lokalen Wirtschaft. Die deutschen Maschinenexporte in die Türkei gingen dem Verband zufolge in den ersten drei Quartalen 2019 um fast 8 Prozent gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode zurück. Damit setzte sich der Abwärtstrend fort. Die Lieferungen hatten sich 2018 bereits um 11 Prozent verringert. Laut VDMA läuft das Ersatzteilgeschäft weiter gut. Vom deutschen Statistikamt liegen die Außenhandelszahlen für das Gesamtjahr 2019 noch nicht vor.
Rückläufige Geschäfte verbuchte in den letzten Jahren auch die deutsche Kfz und Kfz-Zulieferindustrie. Der Absatz von Kfz in der Türkei hat deutlich nachgelassen (2019: -25 Prozent) und das bekommt nicht nur die lokale Industrie zu spüren, sondern auch die ausländischen Lieferanten. Die von TÜIK gesammelten Daten weisen für 2019 einen Rückgang der Importe von Kfz und -Teilen (HS 87) aus Deutschland um 40 Prozent aus. Aber nicht für alle Wirtschaftszweige läuft der Handel schlecht. Die Einfuhr von pharmazeutischen Erzeugnissen (HS 30) aus Deutschland soll um 17 Prozent gestiegen sein.
Neben dem eingetrübten Wirtschaftsklima beeinträchtigt eine zusehends restriktivere Importpolitik die Lieferungen in die Türkei. Aus der deutschen Exportwirtschaft mehren sich Stimmen, die protektionistische Maßnahmen beklagen. Die Einfuhrkontrollen seien häufiger geworden, es käme zu Verzögerungen bei der Zollabfertigung und Registrierungsvorschriften seien strenger geworden. Die Schutzmaßnahmen sind nur eine Facette der allgemein nationalistischen Wirtschaftspolitik der Türkei. Lokale Firmen sollen bei Liefergeschäften begünstigt werden. Außerdem ist die Regierung in Ankara bestrebt, das chronische Außenhandelsbilanzdefizit durch geringere Importe zu senken.
Sämtliche Schutzmaßnahmen werden im türkischen Staatsanzeiger (türkisch) und auf den Internetseiten des Handelsministeriums veröffentlicht.