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Der Präsident des Verbands der afrikanischen Automobilhersteller spricht im Interview über den Wachstumsmarkt Afrika und die Kooperation mit dem VDA.
25.01.2021
Von Wolfgang Karg | Berlin
Ein Großteil der in Afrika verkauften Neuwagen sind Importfahrzeuge. Die Produktion auf dem afrikanischen Kontinent soll jedoch zukünftig deutlich gesteigert werden. Marokko exportiert bereits heute mehr Autos, als es importiert. Steigende Einkommen und hohe Wachstumsraten des Bruttoinlandprodukts werden die Nachfrage weiter steigern. Mit Mobius Motors produziert seit 2010 ein afrikanischer Hersteller in Kenia geländetaugliche Fahrzeuge (SUV). Auch die Politik unterstützt den Trend zum Kauf von Neufahrzeugen, nachdem Afrika jahrzehntelang quasi zur letzten Einsatz- und Ruhestätte von Gebrauchtfahrzeugen avancierte. Eine Reihe von Regierungen haben den Import von Neufahrzeugen steuerlich erleichtert und den von Alt-Pkw erschwert oder ganz verboten.
Im Dezember 2020 hat der der Präsident des Afrikanischen Verbands der Automobilhersteller (AAAM) eine Kooperationsvereinbarung mit dem deutschen Verband der Automobilindustrie (VDA) abgeschlossen. Der AAAM ist der erste Automobilverband mit einem panafrikanischen Ansatz und wurde 2015 von weltweit operierenden Autoproduzenten und Originalteile-Herstellern (OEMs) gegründet. Zu der Kooperation der CEO von AAAM, Dave Coffey, im Interview.
Herr Coffey, was will der AAAM mit der Kooperationsvereinbarung mit dem VDA erreichen?
Der VDA bringt viel Fachwissen, Ressourcen und ein starkes Netzwerk zur Unterstützung der Entwicklung von Automobilpolitik und Ökosystemen mit. Sie sind für eine effektive Industrialisierung und das Wachstum des Automobilsektors auf dem afrikanischen Kontinent nunmal erforderlich. Deshalb ist es eine ideale Partnerschaft, in der wir uns ergänzen. Das ist eine zugkräftige Allianz.
Wie können afrikanische Märkte und Unternehmen von einer engeren Zusammenarbeit mit dem VDA profitieren?
Wir glauben, dass der Markt für Neufahrzeuge in Afrika von 1,1 Millionen Einheiten im Jahr 2019 auf 5 Millionen Pkw pro Jahr bis 2035 ansteigen wird. Dieses Wachstum erfordert die Umsetzung einer fortschrittlichen Autopolitik und eines Ökosystems auf dem gesamten Kontinent. In einigen Ländern werden dabei Fahrzeuge montiert, unterstützt von den umliegenden Volkswirtschaften, die sich an der Wertschöpfungskette bei der Herstellung und Lieferung von Komponenten beteiligen. Letztendlich werden die Fahrzeuge und Komponenten regionale Märkte gehandelt, und das innerhalb des größten Freihandelsblocks der Welt, der AfCFTA. Länder- und Regionalpartnerschaften sind nicht neu für die Entwicklung der Automobilindustrie auf der ganzen Welt.
Welche Trends sehen Sie in den afrikanischen Märkten?
Es wird in Afrika einen Übergang auf dem Weg zur Elektromobilität geben und zwar durch alternative Antriebe wie CNG (komprimiertes Erdgas), Wasserstoff, Hybride, E-Fuels. Afrika ist noch nicht auf rein elektrische Fahrzeuge vorbereitet und alternative Antriebe werden den afrikanischen Regierungen die Möglichkeit bieten, Kraftstoffimporte zu reduzieren und die Zahlungsbilanz zu verbessern. Elektrofahrzeuge werden in Afrika in großem Maßstab hergestellt werden, wenn die lokale Nachfrage die Produktion unterstützt.
Im Interesse der Sicherheit wird ein großes Augenmerk darauf liegen, dass importierte Gebrauchtwagen verkehrssicher sind und ihr Alter begrenzt wird, um den Schadstoffausstoß zu reduzieren. Mehr als 80 Prozent aller in Afrika verkauften Fahrzeuge sind importierte Gebrauchtwagen. Während es im Zuge der Industrialisierung des Automobilsektors in Afrika einen Übergang geben wird, werden die Gebrauchtwagen letztendlich aus Fahrzeugen stammen, die in Afrika zusammengebaut wurden. Dieser "Made in Africa"-Trend wird einen erheblichen positiven Einfluss auf die Zahlungsbilanz, die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Wirtschaftswachstum haben.
Es wird viel Wert daraufgelegt werden, erschwingliche Mobilität anzubieten. Dies wird die Fahrzeugfinanzierung von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen zusammen mit alternativen Mobilitätslösungen beinhalten.
Der Wettbewerb mit chinesischen Automobilherstellern wird weltweit immer härter, was bedeutet das für die afrikanischen Märkte?
Die Herstellung von Fahrzeugen in Afrika muss global wettbewerbsfähig sein. Wir haben den Fahrplan, dies in der Größenordnung zu erreichen, die durch den Handel zwischen den regionalen Märkten innerhalb der AfCFTA entstehen wird. Das neu gebildete AfCFTA-Sekretariat hat die einmalige Chance, die erforderliche kontinentale Automobilpolitik mit den Ländern, die dazu bereit sind, sich zu beteiligen, zu gestalten und voranzutreiben. Das unterstützen wir. Die Entwicklung der Automobilindustrie in Afrika wird nicht zufällig geschehen. Sie erfordert eine mutige und bewusste Führung sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor. Das ist genau das, was sich gerade entwickelt.
Ein Schlüsselelement der Kooperationsvereinbarung ist die Berufsausbildung - was muss hier getan werden?
Der VDA wird sein Fachwissen aus seinen europäischen Erfahrungen mit Mitarbeitern und Akteuren der automobilen Wertschöpfungskette in den verschiedenen afrikanischen Schwerpunktländern teilen. Die Nachfrage nach bestimmten Technologien oder Fachkenntnissen wird in die Ausbildung einfließen, zum Beispiel bei alternativen Antriebstechnologien. Wenn Qualifizierungsmaßnahmen erforderlich sind, die über das Angebot von VDA und AAAM hinausgehen, etwa im Bereich der beruflichen Bildung, werden fachkundige Berater, einschließlich gemeinnütziger Organisationen, hinzugezogen.