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Wirtschaftsumfeld
Wirtschaftsumfeld | Luxemburg | Außenhandel
Die luxemburgischen Im- und Exporte brechen im Zuge der Covid-19-Krise ein. Dadurch verringert sich auch das hohe strukturelle Handelsbilanzdefizit.
16.07.2020
Von Torsten Pauly | Berlin
Von März bis Juni 2020 hatte die luxemburgische Regierung strikte Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verhängt. Diese haben das Wirtschaftsleben stark beeinträchtigt und im April 2020 war die Industrieproduktion um 33,3 Prozent geringer als im selben Vorjahresmonat. Starke Umsatzrückgänge hat auch der Einzelhandel verzeichnet.
In der Folge ist auch der Außenhandel eingebrochen. Der Warenexport lag im März und April 2020 um 23,4 Prozent niedriger als vor Jahresfrist und der Warenimport sank im selben Zeitraum sogar um 27,6 Prozent. Besonders stark haben dabei die Einfuhren von Fahrzeugen (-53,6 Prozent) und Brennstoffen (-39,7 Prozent) abgenommen. Aber auch klassische deutsche Liefergüter wie Maschinen und Anlagen (-15,5 Prozent) oder chemische Erzeugnisse (-7,4 Prozent) hat Luxemburg im März und April 2020 weniger als in denselben Vorjahresmonaten importiert.
Bis Ende 2020 ist mit einer teilweisen Normalisierung der Warenströme zu rechnen, wenn sich der Pandemieverlauf günstig entwickelt. Dennoch erwartet die Europäische Kommission, dass die luxemburgische Einfuhr von Waren und Dienstleistungen 2020 preisbereinigt um 12 Prozent unter dem Niveau von 2019 bleibt. Die Einfuhren sollen um 11,5 Prozent sinken.
Da die Importe während der Coronapandemie stärker als die Exporte einbrechen, verringert sich auch das Handelsbilanzdefizit. Dieses ist in Luxemburg traditionell sehr hoch und hat 2019 etwa 6,7 Milliarden Euro erreicht. Dies entspricht 10,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Ein wichtiger Grund für den Einfuhrbedarf des Landes ist der Umstand, dass die Industrie in den letzten Jahren stark an Bedeutung verloren hat. Luxemburgs verarbeitendes Gewerbe hat 2019 nur 5 Prozent der landesweiten Bruttowertschöpfung erbracht.
Das Land ist mit 600.000 Einwohnern eine kleine Volkswirtschaft, die jedoch im Tertiärsektor in den letzten Jahren stark gewachsen ist. Luxemburg erwirtschaftet einen sehr hohen Wohlstand durch Überschüsse im Außenhandel mit Dienstleistungen. Dieser hat 2019 etwa 23,7 Milliarden Euro oder 37,3 Prozent des BIP ausgemacht.
Die Bevölkerung ist sehr kaufkräftig. Ein Luxemburger gab 2019 etwa 39,5 Prozent mehr für Konsum aus als ein Deutscher. Hohe Margen machen den Markt zusätzlich attraktiv. Das luxemburgische Preisniveau für Endverbraucher lag 2019 um 31,1 Prozent über dem Schnitt der Europäischen Union (EU) und war das nach Irland zweithöchste in der Eurozone. Deutsche Konsumenten haben 2019 nur 6,8 Prozent mehr als im EU-Mittel gezahlt.
2019 | Veränderung 2019/2018 | Veränderung 2019/2009 | |
---|---|---|---|
Importe | 21.411,4 | 5,2 | 17,9 |
Exporte | 14.723,8 | 6,5 | -3,8 |
Handelsbilanzsaldo | -6.687,6 | 2,6 | 133,7 |
Die starke Wirtschafts- und Kaufkraft spiegelt sich in der luxemburgischen Importstruktur, in der High-Tech-Produkte und Waren mit hoher Wertschöpfung dominieren. Kfz haben 2019 allein 14,3 Prozent der Gesamteinfuhr ausgemacht. Dazu entfielen hohe Anteile auf chemische Erzeugnisse, Elektronik und Maschinen.
Segment (SITC-Position) | 2019 |
---|---|
Kfz (78) | 14,3 |
Chemische Erzeugnisse (5) | 11,4 |
Nahrungsmittel, lebende Tiere, Getränke (0, 1) | 11,2 |
Elektronik (75, 76, 776) | 9,7 |
Brennstoffe (3) | 9,5 |
Maschinen (71, 72, 73, 74) | 7,8 |
Sonstige | 36,1 |
Der Bedarf an High-Tech-Einfuhren kommt deutschen Lieferanten entgegen. Im Jahr 2019 hat Luxemburg 24,1 Prozent aller Importe aus Deutschland bezogen. Wichtigstes Lieferland ist traditionell Belgien. Beide Staaten hatten schon vor der Euro-Einführung eine gemeinsame Währung. Zudem ist Belgien mit Europas zweitgrößtem Hafen Antwerpen oft ein Transitland für Luxemburgs Handel mit anderen Staaten.
Land | 2019 | 2009 |
---|---|---|
Belgien | 33,9 | 27,2 |
Deutschland | 24,1 | 22,7 |
Frankreich | 10,7 | 8,9 |
Niederlande | 5,7 | 5,0 |
Sonstige | 25,6 | 36,3 |
Das Vereinigte Königreich ist einer der wichtigsten Handelspartner für Finanz- und andere Dienstleistungen. Im Jahr 2019 hat Luxemburg Dienstleistungsprodukte im Wert von 31 Milliarden Euro mit dem Vereinigten Königreich samt den Kanalinseln ausgetauscht, das entspricht 48,8 Prozent des BIP. Davon entfielen allein 15 Milliarden Euro auf Finanzdienstleistungen.
Im Jahr 2019 hat Luxemburg im Dienstleistungsaustausch mit dem Vereinigten Königreich, Jersey und Guernsey auch einen Überschuss von 5,5 Milliarden Euro erzielt. Daher ist für Luxemburg von großer Bedeutung, wie sich die Handelsbedingungen für den britischen Markt nach der bis Ende 2020 laufenden Übergangsfrist entwickeln. Einerseits könnte der bilaterale Handel stark zurückgehen. Andererseits könnten sich mehr britische Investoren in Luxemburg ansiedeln, um weiterhin im EU-Binnenmarkt vertreten zu sein.
Luxemburg ist ein Hochlohnstandort, der teure und hochwertige Waren ausführt. Führende Produkte sind Eisen beziehungsweise Stahl, Maschinen, Elektronik und chemische Erzeugnisse. Auch Kfz kommen zur Ausfuhr, wobei es sich hierbei jedoch um Reexporte handelt.
Segment (SITC-Position) | 2019 |
---|---|
Eisen/Stahl (67) | 13,9 |
Maschinen (71, 72, 73, 74) | 12,1 |
Elektronik (75, 76, 776) | 11,5 |
Chemische Erzeugnisse (5) | 10,8 |
Nahrungsmittel, lebende Tiere, Getränke (0, 1) | 8,1 |
Kfz (78) | 7,7 |
Sonstige | 35,9 |
Deutschland ist traditionell Luxemburgs wichtigster ausländischer Absatzmarkt. Es folgen Frankreich, Belgien und die Niederlande.
Land | 2019 | 2009 |
---|---|---|
Deutschland | 24,8 | 20,1 |
Frankreich | 15,6 | 16,5 |
Belgien | 11,2 | 11,4 |
Niederlande | 5,4 | 4,5 |
Sonstige | 43,0 | 47,5 |