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Wirtschaftsumfeld | Polen | Außenhandel

Trotz Corona: Deutsch-polnischer Außenhandel robust

Das deutsch-polnische Handelsvolumen wuchs auch im Coronajahr 2020. Grund sind die starken Exportzahlen aus Polen. Mittlerweile steigt auch die Einfuhr aus Deutschland wieder.

Von Christopher Fuß | Warschau

Auf der Rangliste der größten Handelspartner Deutschlands zog Polen 2020 an Italien vorbei und erreiche erstmals Platz 5. Während Deutschlands Exporte nach Polen laut Eurostat um nominal 3,4 Prozent zurückgingen, wuchsen die polnischen Ausfuhren nach Deutschland trotz mehrerer Lockdowns um 3,6 Prozent.

Starke Einbußen im Außenhandelsgeschäft mussten 2020 vor allem deutsche Kfz-Unternehmen und die Maschinenbauer verkraften. Hersteller von Fahrzeugen und Komponenten exportierten 19,2 Prozent weniger nach Polen als im Vorjahr. Teilelieferanten aus Deutschland litten unter Produktionsstopps in polnischen Autofabriken. Der deutsche Maschinenbau verbuchte 2020 einen Rückgang der Ausfuhren nach Polen um 8 Prozent. Pandemie-bedingte Zurückhaltung bei den Investitionen erschwerte das Geschäft.

Nach Einschätzung der staatlichen Bank PKO Bank Polski konnten polnische Hersteller langlebiger Konsumgüter ihr Exportgeschäft nach Deutschland hingegen ausbauen. Während der Lockdowns standen weniger Dienstleistungen zur Verfügung. Verbraucher investierten das gesparte Geld später in Hausgeräte - viele davon made in Poland. 

Der Export von Batterien für Elektroautos aus Polen nahm im 4. Quartal 2020 an Fahrt auf. Polen ist der größte Exporteur von Lithium-Ionen-Batterien in der Europäischen Union (EU). Das Land profitiert von der steigenden Nachfrage nach E-Fahrzeugen in Deutschland.

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Deutsche Ausfuhren steigen wieder im 1. Quartal 2021

Zahlen der polnischen Statistikbehörde GUS lassen erwarten, dass sich das deutsch-polnische Handelsvolumen auch 2021 positiv entwickeln wird. Mittlerweile nehmen die Importe aus Deutschland wieder zu. Polen kaufte zwischen Januar und April 17,4 Prozent mehr Waren von deutschen Herstellern als im Vorjahreszeitraum. Nominal liegen die Exporte Deutschlands damit über dem Vorkrisenniveau.

Eurostat schlüsselt die Warengruppen für das 1. Quartal 2021 genauer auf. Wesentlich zugenommen haben demnach deutsche Exporte nach Polen von Industriechemikalien, Elektronik und Elektrotechnik sowie von Vorerzeugnissen aus Metall. Die steigenden Einfuhrvolumina deuten laut PKO Bank Polski auf größere Investitionsvorhaben der polnischen Unternehmen im 2. Halbjahr 2021 hin. Der von Experten prognostizierte wirtschaftliche Aufschwung des Landes wird von steigenden Investitionsaufwendungen getragen.

Die Kfz-Exporte aus Deutschland sind ebenso wie die Ausfuhren von Maschinen im 1. Quartal 2021 zwar noch rückläufig. Allerdings prognostizieren Branchenverbände auch für diese Industriezweige eine deutliche Belebung im 2. Halbjahr 2021.

Gleichzeitig baut Deutschland seine Position als der mit Abstand wichtigste Handelspartner Polens weiter aus. In den ersten vier Monaten 2021 kamen 21,8 Prozent aller Importe aus Deutschland. Im gleichen Zeitraum verkaufte Polen 28,8 Prozent seiner Exporte nach Deutschland. Das ist mehr als bei den nächsten sechs größten Empfängerländern polnischer Waren zusammengerechnet.

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Neue Industriepolitik soll Polens Export stärken

Bereits im Sommer 2020 prognostizierte das Polnische Wirtschaftsinstitut PIE, im Zuge der Pandemie könne Polen von einer Neuorganisation weltweiter Lieferketten profitieren. Untersuchungen der Bank Crédit Agricole deuten an, dass Polen tatsächlich stärker in globale Wertschöpfungsprozesse eingebunden wird. So nahm der Anteil der Exporte des Landes an allen weltweiten Ausfuhren zwischen 2019 und 2020 von 1,7 auf 1,8 Prozent zu.

Die Wirtschaftszeitung Puls Biznesu unterstützt die These. Ein Beleg sei, dass im 1. Quartal 2021 der Export von bearbeiteten Metallteilen, Komponenten für Maschinen sowie von Kfz-Teilen gestiegen ist. Diese Produkte würden in der Regel weiterverarbeitet.

PKO Bank Polski verweist in diesem Zusammenhang auf die 2020 trotz Pandemie höhere Zahl der Greenfield-Investitionen. Die Neuansiedlungen in Polen könnten auf eine Verkürzung der Lieferketten hindeuten. Allerdings betonen die Analysten, dass es für ein Fazit noch zu früh sei.

Untersuchungen des PIE und Daten von GUS belegen, dass internationale Firmen einen wichtigen Beitrag zu Polens Auslandsumsatz leisten. Firmen mit ausländischem Kapital waren 2019 in Polen nach Berechnungen von GTAI für bis zu 45,1 Prozent aller Exporte und 48,8 Prozent aller Importe verantwortlich. PIE kritisiert, dass Firmen mit polnischem Kapital nur selten Güter im Bereich der Hochtechnologie ins Ausland verkaufen.

Polen müsse nach Ansicht des PIE die Herstellung und den Export komplexer Produkte fördern. Perspektiven hätten vor allem Industriemaschinen, Fertigungswerkzeuge, chemische Erzeugnisse und Pharmazeutika. Die im Juni 2021 vorgestellte Industriestrategie des Entwicklungs- und Technologieministeriums knüpft an diese Überlegungen an. Das Ministerium definiert 15 Schlüsselbranchen. Unternehmen in diesen Wirtschaftszweigen erhalten bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie bei der Erschließung ausländischer Märkte Unterstützung. Das Land hofft, auf diese Weise mittelfristig in der globalen Wertschöpfungskette aufzusteigen.

Chancen für Hightech und Konsumgüter aus Deutschland

Polen will seine Unternehmen bei der Herstellung und beim Export von hochtechnischen Waren unterstützen. Für die Produktion dieser Artikel sind anspruchsvolle Maschinen, eine digitalisierte Produktion und komplexe Vorprodukte nötig. Deutsche Firmen können entsprechende Erzeugnisse liefern. Gerade im Bereich der vernetzten und automatisierten Fertigung besitzt Deutschland als Industrie 4.0-Standort einen Technologievorsprung.

Sollten internationale Hersteller ihre Werke aus Asien nach Polen zurückverlagern, könnte Deutschland ebenfalls profitieren. Polen müsste seine Produktionskapazitäten ausbauen, was den Bedarf an technischen Gütern erhöht.

Im Mai 2021 kündigte die polnische Regierung außerdem Steuererleichterungen für niedrige und mittlere Einkommen an. In der Vergangenheit hatten ähnliche Maßnahmen einen positiven Effekt auf den Privatkonsum. Davon profitieren auch deutsche Hersteller.

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