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Branchen | Albanien | Digitalisierung

Digitalwirtschaft soll zweites Standbein in Albanien werden

Die albanische Regierung will die Wirtschaft mit ihrem Digitalplan fit machen für die Zukunft. Langfristig soll die starke Abhängigkeit vom Tourismus reduziert werden.

Von Viktor Ebel | Belgrad

Mit ihrer Digitalstrategie 2022-2026 will die Regierung den digitalen Wandel in Albanien beschleunigen. Die Bürger profitieren von einer effektiveren und transparenteren öffentlichen Verwaltung. Die Wirtschaft erhält wichtige Impulse: Innovationen und Start-ups sollen gefördert, der Online-Handel ausgeweitet und Albanien als Standort für IT-Outsourcing etabliert werden.

Auch wenn der Tourismus momentan im Land boomt und Geld in die Kassen spült, ist es wichtig, Albaniens Wirtschaft auf eine breitere Basis zu stellen. Die Coronapandemie hat gezeigt, wie schnell es wirtschaftlich bergab geht, wenn die Besucher ausbleiben. Zudem hat Albanien mit einer massiven Abwanderung zu kämpfen. Die Jobs im Gastgewerbe sind oftmals saisonal und unterdurchschnittlich bezahlt. Das Land braucht qualifizierte Arbeitsplätze, um seine Hochschulabsolventen und junge Familien zu halten.

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Förderung aus dem In- und Ausland für albanische Start-ups

Bislang spielt die Informations- und Telekommunikationstechnologie (IKT) keine große Rolle in der Wirtschaft Albaniens. Dabei ist das Potenzial für digitale Anwendungen in vielen Bereichen groß, so beispielsweise in der Verwaltung, der Landwirtschaft, im Gesundheitsbereich und der Finanzbranche. Zudem haben albanische Firmen bereits Erfahrung im Segment Business Process Outsourcing, also der Auslagerung von Geschäftsprozessen. Zu ihren Kunden gehören hauptsächlich italienische Unternehmen, die ihren Kundenservice nach Albanien outgesourct haben.

Um digitale Innovationen zu fördern und langfristig auch höherwertige IT-Dienstleistungen zu exportieren, will die Regierung Start-ups fördern sowie digitale Nomaden ins Land locken. Dafür will das Ministerium für den Schutz des Unternehmertums eine staatliche Agentur für Start-up-Förderung ins Leben rufen. Ziel ist es, junge Unternehmer schneller und effektiver mit öffentlichen Geldern zu unterstützen. Albanien ist für selbstständige IT-Nomaden ein attraktiver Standort, da sie im ersten Jahr keine Steuern zahlen müssen. 

5 %

beträgt die Gewinnsteuer für Unternehmen in der Softwareproduktion. 

Auch die EU hat sich auf die Fahne geschrieben, das Start-up-Ökosystem in Albanien zu fördern. Über das Programm EU4Innovation stellt Brüssel zusammen mit Deutschland und Schweden 11,7 Millionen Euro bereit, um die Gründerszene zu unterstützen und mehr Arbeitskräfte für den IKT-Sektor zu schulen. Herausgekommen ist unter anderem eine Online-Datenbank, die über bestehende Start-ups, Trends in der Branche und Jobangebote informiert. Zudem gibt es ein Matching-Tool für Investoren. 

Auswahl an Einrichtungen zur Unterstützung von Start-ups in Albanien

Bezeichnung

Anmerkungen

Garazh

One-Stop-Shop für Start-ups (Trainings, Recruiting, Beratung)

Yunus Social Business Balkans

Inkubator mit verschiedenen Programmlinien (Training, Mentoring)

Oficina

Accelerator und Coworking Büroräume

Metropolitan Incubator

Inkubator am Universitätscampus, Fokus auf bestehende Unternehmen

Innovation Hub Gjirokaster

Beratung für Start-ups und kleine/mittlere Unternehmen in Südalbanien

Tirana Business Park

Büroräume, Coworking Büroräume, erster Business Park in Albanien

MyOffice.al

Coworking Büroräume im Zentrum Tiranas

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Südosteuropa ist beliebter Standort für IT-Outsourcing

Die Region überzeugt vor allem mit geringen Lohnkosten, vielen Hochschulabsolventen und weit verbreiteten Fremdsprachkenntnissen. Junge Leute sprechen zumeist Englisch und eine weitere europäische Sprache. Auch die Geografie der Balkan-Länder erweist sich als vorteilhaft: Sie profitieren von den Nearshoring-Bestrebungen europäischer Firmen, die ihre Lieferketten so kurz wie möglich halten wollen. Zudem lassen regionale Integrationsbemühungen wie die Open Balkan Initiative den Markt zusammenwachsen, was den Handel und die Arbeitsmobilität fördert.

35.000

Angestellte arbeiten laut albanischer Investitionsagentur in den Bereichen IKT und Business Process Outsourcing.

Um auf den Zug aufspringen zu können, muss Albanien aber noch mehr in die IT-Ausbildung investieren. Zwar haben von den jährlich etwa 20.000 Bachelorabsolventen albanischer Universitäten etwa 20 Prozent einen IKT-relevanten Studienabschluss, schätzt das Beratungsunternehmen PwC. Dennoch hat die Internationale Telekommunikationsunion Anfang 2022 Schwachstellen identifiziert:

  • Es mangelt im internationalen Vergleich weiter an Computerkenntnissen in der breiten Bevölkerung.
  • Angestellte haben wenige Weiterbildungsmöglichkeiten zu IKT-bezogenen Themen. 
  • Es klafft eine große Lücke zwischen vermittelten Kenntnissen an den Universitäten und dem Bedarf der Industrie.

Öffentliche Verwaltung fährt auf digitaler Überholspur

Dass es durchaus auch Fortschritte gibt, zeigt die öffentliche Verwaltung. Sie hat letztes Jahr 95 Prozent ihrer Dienste auf das Portal e-Albania verlagert. Schlangen am Schalter der Behörden gehören nun der Vergangenheit an. Die albanische Regierung verspricht sich davon effektivere und transparentere Prozesse. Zudem soll die Korruption unterbunden werden. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung vergab dafür im Transition Report 2022 Platz 17 von 37 bewerteten Ländern. 

Auch bei den digitalen Kompetenzen und der Nutzung des Internets macht die albanische Bevölkerung Fortschritte. Laut dem Statistikdienst INSTAT ist die Zahl der Haushalte mit Internetanschluss von 88,3 Prozent (2021) auf 96,5 Prozent gestiegen, was vor allem auf expandierende Breitbandanschlüsse zurückzuführen ist. Bei den persönlichen IT-Kompetenzen wurden leichte Verbesserungen beschieden. Zwischen 2018 und 2022 hat sich zudem der Anteil von Unternehmen, die IKT verwenden, von knapp 6 Prozent auf über 13 Prozent verdoppelt. 

Online-Handel auf dem Vormarsch

Ein weiterer Indikator für den digitalen Wandel sind die gestiegenen Online-Verkäufe. Diese nahmen 2022 gegenüber dem Vorjahr um 13,3 Prozent zu, so INSTAT. Etwa 35 Prozent der Albaner zwischen 16 und 74 Jahren bestellten in diesem Jahr etwas im Internet. Ein Großteil der Einkäufe entfiel auf Kleidung und Schuhe. Das größte Wachstum verzeichneten Kosmetikprodukte, deren Bestellungen um fast 20 Prozent anwuchsen. 

Beim E-Commerce besteht aber noch viel Luft nach oben, so die Weltbank. Zum Vergleich: Im nahe gelegenen Kroatien kauften 2022 mit etwa 62 Prozent wesentlich mehr Menschen online ein. Um das Potenzial besser auszuschöpfen, haben die Weltbank und die albanische Regierung gemeinsam die Digital Trade Initiative auf den Weg gebracht. Diese hat unter anderem dazu geführt, dass:

  • der Verbraucherschutz durch neue Richtlinien für Online-Shops gestärkt wurde, 
  • der albanische E-Commerce Verband gegründet wurde, 
  • die albanische Post ein Dienstleistungsangebot für Web-Shops eingeführt hat und 
  • das Gesetz über Zahlungsdienste angepasst wurde, um elektronische Zahlungen zu vereinfachen. 
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