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Special | China | Beratende Ingenieure

Chinas beratende Ingenieure brauchen Anpassungshilfe im Ausland

Chinas beratende Ingenieure wirken bei vielen internationalen Bauprojekten mit. Gern übertragen sie erfolgreiche Designs aus China ins Ausland. Doch dabei entstehen oft Probleme. (Stand: 20.12.2023)

Von Marcus Hernig | Bonn

Jedes Jahr vergibt die internationale Vereinigung beratender Ingenieure FIDIC (Fédération Internationale des Ingénieurs Conseils) Preise für herausragende Ingenieursdienstleistungen weltweit: Im Jahr 2023 waren unter den 30 Gewinnern zehn chinesische Projekte, darunter die rund 2 Kilometer lange Peljesac-Brücke an der kroatischen Adriaküste. China zählt sie zu den größten Projekten seiner Belt and Road Initiative (BRI) in Europa. Doch chinesische Ingenieursdienstleister stoßen im Ausland immer wieder auf Probleme. Zudem agieren sie nicht unabhängig, denn in der Regel sind sie Tochterfirmen der großen staatlichen Baukonzerne. Diese ziehen sie für ihre eigenen Komplettpakete wie Engineering, Procurement and Construction (EPC) heran. 

Beratungsdienstleister gehören zu Chinas großen Baukonzernen

Bei der 2022 fertiggestellten Peljesac-Brücke in Kroatien übernahm die China Communications Construction Highway Consultants Company das Baudesign für den Kunden Hrvatske ceste, Kroatiens staatliche Straßenbaugesellschaft. Die Beratungsfirma gehört zum Staatskonzern China Communication Construction Group (CCCG) und beschäftigt heute nach eigenen Angaben 800 Mitarbeitende. CCCG verfügt über die größten Anteile an chinesischen Bauprojekten im Ausland. Die Brücke selbst baute die China Road and Bridge Corporation, die ebenfalls zu CCCG gehört. 

Ähnlich ist es beim Staatskonzern China Railway Group: Dort übernimmt die China Railway Eryuan Engineering Group (CREEC) Planung und Bauüberwachung in rund 40 Ingenieursdisziplinen von der Geologie bis zum Fahrzeugeinsatz. CREEC verfügt laut eigenen Angaben über 6.300 Mitarbeitende. Damit ist das Unternehmen der größte Ingenieursdienstleister des Landes. Im Vergleich zu den größten europäischen oder amerikanischen Firmen ist das jedoch noch recht klein: Die dänische Beratungsfirma Ramboll verfügt beispielsweise über rund 18.000 Angestellte.

Chinesische Baukastensysteme passen nicht überall

Die Aufgabe der CREEC besteht darin, chinesische Designs kostengünstig und schnell "eins zu eins" ins Ausland zu übertragen. Eines der bekanntesten Beispiele ist die Laos-China-Eisenbahn, die im Dezember 2021 ihren Betrieb aufnahm. Sie ist im Grunde die Kopie eines chinesischen Systems auf nicht-chinesischem Boden.

Weitaus schwieriger wird es, wenn eine stärkere Anpassung der Projekte an regionale Anforderungen gefragt ist: Beim Weiterbau der Eisenbahn von Belgrad nach Budapest kollidierte das Design der China Railway Group im Laufe des Jahres 2023 mit den technischen Auflagen des Europäischen Zugbeeinflussungssystems (ETCS, European Train Control System). Die Export-Import Bank Chinas stoppte die Weiterfinanzierung. 

Thomas Eckart, Geschäftsführer von German Rail Engineering (GRE) aus Düsseldorf, kennt solche Probleme: "In Äthiopien oder Laos haben chinesische Planer alles auf Chinesisch abgegeben, einfach copy-paste. So hat man es auch in Serbien versucht und übersehen, dass das dort noch zertifiziert werden muss. Die Chinesen haben uns dann dazu geholt." Da die GRE die serbische Eisenbahn gut kennt, führte sie schließlich das Design-Review (Designprüfung) für das Bahnprojekt durch.

Internationale Gutachter kompensieren Probleme

German Rail Engineering gehört zu jenen weltweit gefragten Firmen, die chinesischen Baudienstleistern helfen, Probleme bei ihren internationalen Projekten zu meistern. Langjährige Auslandserfahrung in Afrika macht die Deutschen bei Gutachten zu Baudesigns interessant. Dazu noch einmal Thomas Eckart im GTAI-Interview: "Die Chinesen sind keine Konkurrenz für uns. Wir können regelmäßig als Partner in diesen Projekten mitarbeiten. Lokale Infrastrukturbetreiber verlangen häufig eine unabhängige Prüfung des Planungsdesigns. Die führen wir dann durch." 

Der Fortbildungsbedarf für chinesische Ingenieure ist also noch immer hoch. Seit 2011 bildet der internationale Branchenverband FIDIC beratende Ingenieure in China nach seinen eigenen Standards fort, um professionelle Defizite zu decken. Dazu ist FIDIC seit 1996 mit der China National Association of Engineering Consultants (CNAEC) in Peking vernetzt.

Einflussreiche Consultingfirma berät auf neuer Seidenstraße

Eine Sonderrolle bei Chinas Beratungsdienstleistern spielt die China International Engineering Consulting Company (CIECC). Das Unternehmen gehört zu keinem Staatskonzern, untersteht aber direkt der Kommission zur Kontrolle und Verwaltung des Staatsvermögens (State-owned Assets Supervision and Administration Commission, SASAC). Gleichzeitig gilt sie als staatlicher Think Tank der Bauingenieurbranche. Nach eigenen Angaben war die CIECC bis Ende 2022 seit ihrer Gründung im Jahr 1982 bei 70.000 Großbauprojekten im In- und Ausland mit einem Auftragsvolumen von insgesamt rund 15 Billionen US-Dollar (US$) als Beratungsdienstleister dabei.

Für Chinas Belt and Road Initiative ist CIECC von großer Bedeutung. Vor dem offiziellen Moratorium für neue Kohlekraftwerke im Jahr 2021 beriet sie bei entsprechenden Vorhaben in Pakistan, Bangladesch, Kenia und Vietnam. Bei Kraftwerksprojekten mit erneuerbaren Energien entstanden Staudämme wie das Nam Ou-Projekt in Laos oder das Garissa-Solarkraftwerk in Kenia. Im Transportbereich übernahm CIECC die Planung für Großprojekte im Straßen- und Eisenbahnbau wie das Äthiopien-Dschibuti-Bahnprojekt. Hier wurden jedoch auch die Berater von GRE hinzugezogen.

Ihre größten Erfolge verbuchte die CIECC im Inland. Sie war beteiligt am Bau verschiedener Prestigeprojekte, darunter die erste chinesische Hochgeschwindigkeitsstrecke von Shanghai nach Peking und die Anlagen für die Olympischen Spiele in Peking 2008. So befindet sich auch der Großteil der Beratungsprojekte in China: Von über 5.000 Mitarbeitenden sind laut eigenen Angaben nur etwa 500 bis 1.000 international tätig. Erst seit 2017 arbeitet das Unternehmen von Hongkong aus international. 

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