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Finnland setzt zunehmend auf Wärmepumpen
Hohe Energiekosten und staatliche Impulse steigern die Nachfrage nach Wärmepumpen. Davon profitieren auch deutsche Firmen.
30.01.2024
Von Niklas Becker | Helsinki
Kein anderes EU-Land muss seine Gebäude so stark heizen wie Finnland. Die Finnen müssen etwa doppelt so viel heizen wie die Deutschen. Der Grund ist klar: das deutlich kältere Klima. Erwärmt werden die finnischen Gebäude in den Städten vor allem über die Fernwärmenetze. Außerhalb der Stadtzentren sind es hingegen besonders Elektroheizungen.
Staat stimuliert den Markt
Immer häufiger kommen in Finnland aber auch Wärmepumpen zum Einsatz. Dazu trägt auch die finnische Gesetzgebung bei. Ab dem 1. Mai 2029 ist die Strom- und Wärmeerzeugung mit Kohle verboten. Nach Einschätzung des finnischen Wärmepumpenverbandes (Suomen Lämpöpumppuyhdistys; SULPU) könnten Wärmepumpen zudem Öl- und Elektroheizungen in finnischen Gebäuden ersetzen.
Für das Umrüsten von Öl- und Gasheizungen in Einfamilienhäusern stehen Fördergelder zur Verfügung. Der Umstieg auf eine Wärmepumpe wird mit bis zu 4.000 Euro unterstützt. Bis Oktober 2023 wurden bereits knapp 90 Millionen Euro aus dem entsprechenden Programm ausgezahlt. Weitere 42 Millionen Euro stehen bis maximal August 2025 bereit.
Hohe Energiekosten erhöhen den Absatz
Ein weiterer Grund für die große Nachfrage an Wärmepumpen in Finnland sind die gestiegenen Energiekosten. Zwar zahlen finnische Haushalte im Schnitt weniger für Energie als Verbraucher in vielen anderen EU-Staaten. Doch auch für sie sind beispielsweise die Fernwärme- und Stromkosten als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine merklich gestiegen. Gestiegene Stromkosten sind dabei in Finnland kein Kriterium gegen, sondern ein Argument für Wärmepumpen. Denn Verbraucher außerhalb der Fernwärmenetzes nutzen oft Elektroheizungen, die viel mehr Strom verbrauchen als Wärmepumpen. SULPU berichtet zudem von einem erhöhten Interesse an Wärmepumpen, weil sie größtmögliche Unabhängigkeit bieten.
Nach Ansicht des finnischen Ministeriums für Arbeit und Wirtschaft sind Wärmepumpen nicht nur eine Option für Gebäude ohne Fernwärmeanschluss. Größere Anlagen könnten genutzt werden, um Energie in das Fernwärmenetz einzuspeisen, immerhin verfügen über die Hälfte aller Gemeinden (170 Gemeinden) im Land über ein solches Netz. Hier könnten Wärmepumpen fossile Brennstoffe ersetzen, die derzeit zur Energiegewinnung im Fernwärmenetz zum Einsatz kommen. Nach Einschätzung von SULPU bieten Wärmepumpen langfristig zudem die Möglichkeit, die zur Fernwärmegewinnung eingesetzte Biomasse zu ersetzen. Im Land laufen verschiedene Großprojekte.
Standort | Investitionssumme (in Millionen Euro) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Helsinki-Eiranranta | 100 | Bau, geplante Fertigstellung 2025 | |
Helsinki-Oulunkylä | 73 | Planung, geplante Fertigstellung 2026 | |
Jyväskylä | 29 | Planung | |
Helsinki-Salmisaari | 14 | Bau, geplante Fertigstellung 2025 | |
Kankaanpää-Honkajoki | 5 | Planung, Investitionsentscheidung voraussichtlich 1. Halbjahr 2024 | |
Rovaniemi | 4 | Investitionsentscheidung, geplante Inbetriebnahme 2025 | |
Oulu | Gesamtinvestition 65 Mio. Euro, zum Anteil der Wärmepumpenanlage k.A. | Planung, geplante Fertigstellung 2025 | |
Liminka | Gesamtinvestition 11 Mio. Euro, zum Anteil der Wärmepumpenanlage k.A. | Planung, geplante Fertigstellung 2024 |
Deutsche Wärmepumpen stehen hoch im Kurs
Deutschland zählt zu den wichtigsten Lieferanten von Wärmepumpen in Finnland. Nur aus dem Nachbarland Schweden importiert das Land noch mehr Aggregate. Während die schwedischen Importe zwischen 2020 und 2022 konstant blieben, sind die deutschen Importe deutlich gestiegen.
Mit 18 Millionen Euro lag der Wert der aus Deutschland nach Finnland importierten Wärmepumpen zwischen Januar und Oktober 2023 zwar rund 18 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Blendet man jedoch das Jahr 2022 - das wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ein Ausnahmejahr war - aus, zeichnet sich weiterhin eine wachsende finnische Nachfrage nach deutschen Wärmepumpen ab: Der Wert der aus Deutschland importierten Geräte lag in den ersten zehn Monaten 2023 etwa 8 Prozent über dem von 2021.
Lieferland | Importvolumen | Anteil an den Wärmepumpenimporten Finnlands | Veränderung im Vergleich zum Vorjahr (Importvolumen) |
---|---|---|---|
Schweden | 52,5 | 44,2 | 2,0 |
Deutschland | 29,3 | 24,7 | 47,2 |
Dänemark | 7,0 | 5,9 | 59,7 |
Italien | 6,0 | 5,1 | 18,8 |
Polen | 5,1 | 4,3 | 7,1 |
China | 4,2 | 3,5 | 72,4 |
Frankreich | 3,7 | 3,1 | 575,1 |
Thailand | 2,6 | 2,2 | 175,9 |
Estland | 2,1 | 1,8 | 294,9 |
Normalisierung der Nachfrage nach Wärmepumpen im Jahr 2023
Im Jahr 2023 dürfte der Anteil von Wärmepumpen an der Wärmeerzeugung in finnischen Gebäuden weiter gestiegen sein. Laut dem Verband SULPU wurden im Berichtsjahr knapp 120.000 Wärmepumpen neu installiert. Das sind allerdings 40 Prozent weniger als im Vorjahr. Dass die Verkaufszahlen 2023 niedriger ausfallen, ist für den Verband nicht überraschend. Er spricht von einer Normalisierung des Absatzes. Die Preissteigerungen auf dem Energiemarkt hatten 2022 zu einer überhitzten Nachfrage geführt. Laut SULPU haben 2023 steigende Zinsen, die Flaute auf dem Bau und eine Eintrübung des Investitionsklimas die Nachfrage geschwächt.
Daten des Europäischen Wärmepumpenverbandes (European Heat Pump Association; EHPA) zeigen, dass der Rückgang der Verkaufszahlen 2023 ein europäischer Trend ist. So berichtet EHPA für die ersten drei Quartale 2023 in acht von zehn untersuchten Länder von einem rückläufigen Trend bei den Umsätzen. Lediglich in Deutschland sind die Umsätze zwischen Januar und September 2023 durchweg höher ist als 2022.
Der Großteil der verkauften Wärmepumpen in Finnland sind Luft-Luft-Wärmepumpen. Besonders die kleinste Kategorie mit einer maximalen Kapazität von bis zu 6 Kilowatt ist gefragt. Wie Daten des finnischen Statistikamtes zeigen, kommen die Wärmepumpen vor allem in Einzelhäusern zum Einsatz. Sie machen drei Viertel der durch Wärmepumpen erzeugten Energie aus.