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Branchen | Indien | Gesundheitswesen

Indien baut den Gesundheitssektor aus

Das Gesundheitssystem ist in weiten Teilen unzureichend entwickelt. Die öffentlichen Ausgaben werden daher erhöht. Dennoch wird die Zweiklassenversorgung bestehen bleiben.

Von Florian Wenke | Mumbai

Ein Arzt auf knapp 1.200 Personen, ein normales Krankenhausbett auf gut 1.800 Personen - so lauteten Anfang 2020 die ernüchternden offiziellen Zahlen der indischen Regierung. Die Coronapandemie hat dann noch einmal verdeutlicht, wie schnell das Gesundheitssystem an seine Grenzen gerät. Indien gab vor der Pandemie nur rund 1,3 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für das öffentliche Gesundheitswesen aus, so das zuletzt erschienene National Health Profile 2019. Auch im Vergleich mit anderen Entwicklungs- und Schwellenländern ist dies niedrig. Seit Langem fordern Experten eine Erhöhung dieses Wertes auf wenigstens 2,5 bis 3 Prozent. Bereits mit der National Health Policy (NHP) 2017 hat die Regierung 2,5 Prozent als Ziel bis 2025 ausgegeben und bekräftigt dies regelmäßig. Absolut gesehen dürfte der Betrag zwischen 72 Milliarden und 80 Milliarden US-Dollar (US$) liegen, abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung Indiens bis dahin.

Eckdaten zum indischen Gesundheitssystem (2019)

Indikator

Wert

Anzahl Krankenhäuser 1)

25.778

Anzahl Klinikbetten 1)

713.986

Anzahl Ärzte 2)

1.159.309

Anzahl Zahnärzte

254.283

Anzahl medizinischer Laboratorien 3)

1.332

Anzahl Blutbänke 4)

3.108

Anzahl Medical Colleges

529

Anzahl neuer Medizinstudenten im Finanzjahr 2018/19

58.756

1) im öffentlichen Gesundheitswesen; 2) registrierte Schulmediziner (Allopathic Doctors); 3) 2020 registriert beim NABL; 4) davon 2.007 privatQuelle: National Health Profile 2019; Medical Council of India; National Accreditation Board for Testing and Calibration Laboratories (NABL)

Unterschiede in der Versorgung sind allgegenwärtig

Die öffentlichen Gesundheitsausgaben verteilen sich zu rund einem Drittel auf die Zentralregierung und zwei Dritteln auf die Bundesstaaten. Dementsprechend kann es zu starken Unterschieden in der Versorgungslage kommen. In einigen Bundesstaaten, besonders im Süden des Landes, ist das Gesundheitssystem relativ gut ausgebaut. Der Bundesstaat Kerala hat dies zu seinem wirtschaftlichen Vorteil genutzt. Gezielt werden dort Ärzte und Pflegekräfte in großer Zahl ausgebildet. Viele von ihnen arbeiten anschließend im Ausland - besonders in den Golfstaaten oder in Südostasien. Die dort gezahlten höheren Gehälter ermöglichen Rücküberweisungen in die Heimat und kommen so der lokalen Kaufkraft zugute.

Es herrscht allerdings nicht nur zwischen den Bundesstaaten ein Versorgungsunterschied. Auch zwischen Stadt und Land gibt es ein Gefälle. Im ländlichen Raum ist die Versorgungsdichte geringer als in urbanen Zentren. Ferner wird auf dem Land oft nur eine Grundversorgung angeboten. Ein weiterer Unterschied besteht zwischen privater und öffentlicher Versorgung. Privateinrichtungen gelten allgemein als hochwertiger ausgestattet und verfügen meist über besser ausgebildetes Personal. In den Städten erfolgen dann auch knapp über 62 Prozent der Krankenhausbehandlungen in privaten Einrichtungen. Auf dem Land beträgt der Anteil fast 52 Prozent, so die Angaben der Ende 2020 veröffentlichten Health and Family Welfare Statistics 2019/20 des Ministry of Health and Family Welfare. Private Krankenhäuser sind außerdem zahlreicher vorhanden. Die Denkfabrik Institut Montaigne gibt ihre Zahl mit 43.486 an.

Die bessere Versorgung hat allerdings ihren Preis. Laut offiziellen Angaben liegen die Ausgaben für einen Krankenhausbesuch im Durchschnitt bei 430 US$ in privaten und lediglich 60 US$ in öffentlichen Einrichtungen. Für manche Behandlungen können die Kosten allerdings schnell einige Tausend US$ betragen. Dies führt nicht selten zu Überschuldung bei ärmeren Haushalten.

Im Rahmen des staatlichen Versicherungsprogramms Ayushman Bharat wurde 2018 der Zugang zu Gesundheitsleistungen insbesondere für untere Einkommensgruppen verbessert. Das Ziel ist, so insgesamt 500 Millionen Inder zu erreichen. Allerdings gilt auch hier, dass Leistungen fast ausschließlich in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen in Anspruch genommen werden können.

Gesundheitsausgaben steigen 

Im Staatshaushalt für das laufende Finanzjahr 2021/22 (1. April bis 31. März) hat die indische Regierung die öffentlichen Gesundheitsausgaben deutlich erhöht. Laut Budget sind Ausgaben in Höhe von rund 30 Milliarden US$ für das Gesundheitswesen (Health and Wellbeing) vorgesehen - mehr als doppelt so viel wie im Finanzjahr davor. Allerdings werden dazu auch Ausgaben von fast 4,7 Milliarden US$ für die Impfkampagne gegen das Coronavirus gezählt. Weitere rund 5,1 Milliarden US$ an Ausgaben im Bereich Wasser und Abwasser sowie Ernährung im Rahmen der Pandemiebekämpfung sind ebenfalls subsumiert. Rund 400 Millionen US$ entfallen außerdem auf traditionelle indische Medizin und Homöopathie.

Hohe Investitionen geplant

Bereits 2013 wurde die National Health Mission (NHM) aufgelegt. Ihr Ziel ist es, verschiedene Gesundheitsindikatoren in Indien zu verbessern. Dazu zählen beispielsweise die Verringerung der Mütter- und Kindersterblichkeit bei der Geburt sowie eine Senkung der Malariainfektionen und der Kampf gegen Tuberkulose. Die NHM läuft vorerst noch bis zum Ende des laufenden Finanzjahres. Dafür ist ein Budget von rund 5 Milliarden US$ vorgesehen.

Mit Prime Minister Atmanirbhar Swasth Bharat Yojana (PMASBY) wurde im Februar 2021 ein neues gigantisches Programm lanciert. Vorerst bis 2026 stellt die indische Regierung die Summe von 8,7 Milliarden US$ dafür bereit. Mit dem Geld sollen unter anderem 11.024 Gesundheitszentren (Health and Wellness Centres) in urbanen Zentren geschaffen und der Aufbau von 17.788 solcher Einrichtungen im ländlichen Raum unterstützt werden. Außerdem sollen in 602 Distrikten und zwölf Einrichtungen der Zentralregierung intensivmedizinische Betreuungsmöglichkeiten geschaffen werden. Hinzu kommen eine Regional Research Platform für die Weltgesundheitsorganisation (WHO), neun Laboratorien der biologischen Schutzstufe 3, vier regional verteilte National Institutes for Virology sowie weitere Gesundheitseinrichtungen, die mit dem Geld neu errichtet werden sollen. Details zur Umsetzung sind bisher noch nicht bekannt.

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