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Special | Kanada | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Energie: Abkehr von fossilen Energieträgern wird nicht leicht

Kanada will Klimaneutralität bis 2050. Dafür ist Strom aus erneuerbaren Energien das A und O. Aber Erzeugung aus Wind- und Sonnenergie ist kaum vorhanden. Ein Zukunftsmarkt? 

Von Daniel Lenkeit | Toronto

Kanadas wichtigste Energiequellen – gerechnet am Primärenergieverbrauch – sind nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA): Erdgas, Erdöl, Wasserkraft und Kernenergie. Auf Elektrizität als Energiequelle entfallen insgesamt 22 Prozent. Allerdings dürfte der Stromverbrauch mit zunehmender Elektrifizierung des Transports und dem Einsatz von grünem Wasserstoff künftig stark zulasten von Erdölprodukten wachsen.

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Eine Modellrechnung der kanadischen Behörde für Energieregulierung (CER) stellt in Aussicht, dass bis 2050 etwa 60 Prozent weniger fossile Energieträger verbrannt werden. Der Strombedarf steigt im vorliegenden Zeitraum um 45 Prozent. Erneuerbare Energien sollen bis zur Mitte des Jahrhunderts 95 Prozent des Strommix ausmachen. Dieses Basisszenario beruht allerdings auf der Annahme, dass Umwelttechnologien sich weiterentwickeln und die kanadische Klimaschutzpolitik sich verschärft. Ebenso geht die Behörde von einem fallenden Gesamtenergiebedarf um 20 Prozent (bis 2050) aus.

Klimaneutralität bis 2050 schwer zu erreichen

Selbst mit diesen drastischen Veränderungen wäre es laut CER nicht möglich, die angestrebte Netto-Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Dazu müssten laut der Behörde vor allem die Kapazitäten bei Wind- und Solarenergie um 100 bis 150 Gigawatt zunehmen. Zusätzlich wären enorme Speicherkapazitäten und ein landesweiter, provinzübergreifender Netzausbau nötig, um flexibel auf schwankende Strombedarfe reagieren zu können.

Gerade die Stromverteilung zwischen den Provinzen sieht CER als einen Schlüssel zum Erfolg. So könnten British Columbia und Manitoba (Wasserkraft) den Provinzen Alberta und Saskatchewan (Erdgas) dabei helfen, fossile Energien aus dem Strommix zu nehmen. Auch 2050 soll es allerdings noch Erdgasverstromung in Kanada geben. Um hier eine Netto-Null-Emission zu erreichen, soll das entstehende COabgespalten und gespeichert werden. 

Die Politik müsste gemäß dem CER-Szenario in jedem Fall in den nächsten 20 Jahren die Richtlinien verschärfen. Eine Anhebung der CO2-Preise und strengere Anforderungen an energieeffizientes Bauen wären nötig. Die bisherigen Ankündigungen reichten nicht aus. Weiter müssten Standards für "saubere" Treibstoffe und Beimischungsquoten für Biogas ins Erdgasnetz erhöht werden, so die Behörde.

Ebenso wären bindende Vorgaben für den Verkauf von Nullemissionsfahrzeugen (ZEV) ab 2025 notwendig. Ab 2035 dürften dann ausschließlich ZEV neu zugelassen werden, mit der Ausnahme von abgelegenen Gebieten. Laut CER sind die Regierungsziele nur erreichbar, wenn die Politik den Ausbau der Stromnetze und Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge konsequent vorantreibt. Zudem solle sie Technologien in den Bereichen CO2-Absonderung und Wasserstoff fördern.

Wasserkraft dominiert den Strommix

Für eine nachhaltige Stromerzeugung bietet Kanada ideale Bedingungen. Im Strommix kann das Land bereits mit einem hohen Anteil von erneuerbaren Energiequellen punkten. Etwa 67 Prozent der Elektrizität stammten 2020 aus regenerativen Quellen. Zusammen mit der Kernkraft steigt der Anteil des CO2-freien Stroms sogar auf 83 Prozent.

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Die Provinzen Alberta, Saskatchewan, New Brunswick und Nova Scotia verstromen allerdings weiterhin auch Kohle. Alberta fasst den Ausstieg aus der Kohle für 2023 ins Auge. Ersetzt wird diese jedoch wohl eher durch Erdgas als durch erneuerbare Energien. In Nova Scotia hängen 60 Prozent der Stromerzeugung noch am Koks. Einen Ausstieg traut sich die Provinz nicht vor 2030 zu.

Die Wasserkraft ist mit 60 Prozent am gesamten Strommix die mit Abstand bedeutendste regenerative Energiequelle. Provinzen wie Quebec und Manitoba generieren ihren Strom im Prinzip zu fast 100 Prozent mit ihrer Hilfe. Die aktuelle Regierung will Wind- und Solarenergie, die zusammen gerade einmal auf einen Anteil von 6 Prozent am Strommix kommen, ausbauen. Auch auf Gezeitenkraftwerke will sie stärker setzen.

Ein Investitionsprogramm des kanadischen Ressourcenministeriums (NRCan) unterstützt entsprechende Projekte mit 750 Millionen US-Dollar (US$). Verfolgt Kanada seine Klimaziele ernsthaft, führt letztendlich kein Weg an Wind- und Sonnenenergie vorbei. Der Markt dürfte sich daher mittelfristig vielversprechend entwickeln.

Wasserstoff ist Teil der Lösung für Kanadas Klimaschutzziele

Wasserstoff spielt eine Schlüsselrolle für die Klimaschutzziele der kanadischen Regierung. Neben der Elektrifizierung des Verkehrs soll dieser zukünftig vor allem im Transportsektor eine führende Rolle einnehmen. Mit 25 Prozent der Treibhausgasemissionen ist der Verkehrssektor ein kritischer Bereich zur Realisierung der Klimaschutzziele. Im August 2022 schlossen Deutschland und Kanada ein Wasserstoffabkommen, die „Canada-Germany Hydrogen Alliance“. Ziel der Partner ist es, noch vor 2030 eine transatlantische Lieferkette aufzubauen.

Seit kurzem gewinnt die Idee einer diversifizierten lokalen Wasserstoffwirtschaft wieder an Zugkraft, zumal sich die regulatorischen Voraussetzungen und Marktbedingungen stetig verbessern. Angetrieben wird dies in erster Linie durch die Klimaschutzziele der Regierung, die Einführung der CO2-Steuer, die Förderung von ZEV Fahrzeugen sowie sinkende Herstellungskosten für Wasserstoff.

Niedrige Strompreise in Provinzen wie Quebec, British Columbia, Manitoba und Ontario (Wasserkraft, Atomkraft) bieten ideale Voraussetzungen für die Produktion von grünem Wasserstoff mittels Elektrolyse. Darüber hinaus wollen Alberta, British Columbia und Saskatchewan ihre Erdgasvorkommen für blaue H2-Produktion nutzen.


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