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Branchen | Kroatien | Gesundheitswesen

Kroatien ist auf den Import von Medizintechnik angewiesen

Der Gesundheitssektor hat sich auf die Coronapandemie gut eingestellt. Geräte werden importiert, Desinfektionsmittel und Schutzmasken im Land selbst produziert. 

Von Waldemar Lichter | Zagreb

Kroatiens Gesundheitssystem ist stabil und funktioniert, besser sogar als es die niedrigen Ausgaben für das System und seine zahlreichen Probleme vermuten lassen, urteilen Fachleute. Der Zugang der Bevölkerung zu den Dienstleistungen des Gesundheitssystems gilt als gut, das Spektrum der zur Verfügung stehenden Behandlungen ist breit. Der öffentliche Finanzierungsanteil ist vergleichsweise hoch. Dennoch wird der Zustand des Systems als wenig befriedigend bewertet.

Ausgewählte Indikatoren zum Gesundheitswesen in Kroatien

Indikator

Wert

Bevölkerungsgröße (in Millionen)

4,06 (2020)

Anteil der Bevölkerung über 65 Jahre (in Prozent)

21,1 (2020)

Anzahl Ärzte pro 1.000 Einwohner

3,4 (2018)

Anzahl Krankenhausbetten pro 1.000 Einwohner

5,6 (2018)

Gesundheitsausgaben pro Kopf (Euro)

862 (2018)

Quelle: UN, OECD, WHO, Weltbank, FitchSolutions, Eurostat

Nach Angaben von Eurostat gab das Land 2018 rund 3,5 Milliarden Euro für das Gesundheitswesen aus. Zum Vergleich: Dem gemessen an der Einwohnerzahl halb so großen Slowenien war es 3,8 Milliarden Euro wert. Nach Anteil am Bruttoinlandsproduktes oder auch an Ausgaben pro Kopf der Bevölkerung bemessen, belegt Kroatien bei den Gesundheitsausgaben nur einen der hinteren Plätze in der Europäischen Union (EU).

Krankenhäuser sind unterfinanziert und verschuldet

Beklagt werden die starke Unterfinanzierung der Gesundheitseinrichtungen, ihre geringe Effizienz und lange Wartezeiten auf notwendige Behandlungen. Die Verschuldung der Krankenhäuser gegenüber ihren Lieferanten ist ein Dauerthema. Der Schuldenberg erreichte Ende März 2021 knapp 860 Millionen Euro (Oktober 2020: rund 660 Millionen Euro).

Dies hat vorübergehend zu Lieferkürzungen von wichtigen Medikamenten geführt. Wenig erfreulich fällt die Bewertung im europäischen Vergleich aus. Im Rating des Euro Health Consumer Index (EHCI) belegte Kroatien 2018 den 24. Platz von insgesamt 35 Ländern. Es war damit immerhin besser als einige andere Länder der Region wie etwa Polen, Bulgarien oder Ungarn.

Gesundheitssektor kämpft mit der dritten Welle

Bei der Bewältigung des erneuten Aufflammens der Pandemie im Frühjahr 2021 will das Gesundheitswesen auf seinen bisherigen guten Erfahrungen aufbauen. Kroatien hatte bereits beim ersten Infektionsfall die erforderlichen Maßnahmen rechtzeitig ergriffen. Ende Januar war 2020 beim Gesundheitsministerium ein Krisenstab aktiviert worden.

Die Aufnahmekapazitäten in den Krankenhäusern sowie Lagerbestände an Schutzausrüstung haben sich bislang in der Regel als ausreichend gezeigt. Als problematisch erwies sich im Herbst 2020 allerdings die ungleichmäßige Verteilung von Beatmungsgeräten im Land. Das System bleibt grundsätzlich auch für Nicht-Covid-Patienten zugänglich. In manchen Landesteilen bereitet der Fachkräftemangel Probleme bei der Patientenversorgung. Inzwischen wurden Arbeitskräfte für den Umgang mit Intensivpatienten umgeschult. Personalengpässe zeigen sich auch bei der epidemiologischen Kontaktnachverfolgung.

Zentrale Einrichtung für die Behandlung von Coronapatienten in Kroatien ist die Infektionsklinik Dr. Fran Mihaljević in Zagreb. Das Klinikkrankenhaus Dubrava (KB Dubrava) mit 300 Betten wurde zur zentralen Aufnahmeeinrichtung für die Region Zagreb erklärt. Ähnliche Aufnahmezentren sind auch für Rijeka, Split und Osijek vorgesehen. Da die Belegungsrate vor allem in den Kliniken der Großstädte sehr schnell steigt, werden wieder sekundäre Behandlungszentren aktiviert. Sie sollen zusätzliche 3.000 Betten schaffen.

Bisher gute Ergebnisse bei Pandemiebekämpfung

Die bisher guten Ergebnisse bei der Bekämpfung der Coronakrise könnten zu einer besseren Platzierung Kroatiens in den Rankings der Gesundheitssysteme führen. So hat das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) untersucht, wie es um die Fähigkeit der Gesundheitssysteme in Mittel- und Osteuropa steht, auf Krisen wie den Ausbruch einer Pandemie zu reagieren. Laut dem dafür genutzten Global Health Security (GHS)-Index aus dem Jahr 2019 hat Kroatiens Gesundheitssystem insgesamt zwar ganz gut abgeschnitten. Bei der Reaktionsfähigkeit auf Krisen belegte das Land jedoch den vorletzten Platz von 23 untersuchten Ländern.

Der Gesundheitssektor wird kontinuierlich mit erforderlicher Medizintechnik und Verbrauchsmaterial ausgestattet, um neuen Pandemiewellen besser zu begegnen. So kamen Ende 2020 in den am höchsten belasteten Kliniken 70 neue Sauerstofftherapiegeräte zum Einsatz. Mitte Juni 2020 wurde für die Infektionsklinik Dr. Fran Mihaljević ein leistungsstarker Diagnostikapparat beschafft, der 1.500 Coronatests pro Tag ermöglicht. Im Frühjahr 2020 waren aus Kohäsionsmitteln der EU 37 Millionen Euro für Beatmungsgeräte, Schutzausrüstungen und andere Medizintechnik bereitgestellt worden.

Laut Gesundheitsminister Vili Beroš verfügt Kroatien über 14.500 Akutbetten, davon 800 auf Intensivstationen. Außerdem seien über 800 Beatmungsgeräte, davon 500 stationäre und 300 mobile, sowie 36 ECMO-Geräte (Extrakorporale Membranoxygenierung) einsatzbereit. Im März 2021 wurden zusätzlich 169 leistungsstarke Respiratoren beschafft.

Kaum eigene Produktion von Medizintechnik im Land

Zu einem der wenigen Hersteller medizinischer Schutzausstattung im Land gehört die Firma Meditex (Zabok). Die Firma stellt vor allem Schutzbekleidung her und beliefert primär kroatische Kunden. Auch der Textilienhersteller Čateks (Čakovec) hat die Produktion von Schutzanzügen aufgenommen. Hochwertige Atemschutzmasken werden zum größten Teil aus China eingeführt. Mittlerweile konnten aber einige inländische Unternehmen, wie Delt Papir (Zagreb; Papiererzeugnisse), Splendor tekstil (Sesvete; Arbeitsbekleidung) sowie Horeca Medico (Osijek) die Produktion von OP-Masken aufnehmen.

Auf Initiative des Wirtschaftsministeriums wurde im Frühjahr 2020 eine Fachgruppe gegründet, die Möglichkeiten für eine Produktion von FFP2- und FFP3-Schutzmasken ausloten sollte. Bisher hat sie aber keine Ergebnisse ausgewiesen. Kroatien kann sich ferner aus eigener Produktion mit Desinfektionsmitteln versorgen. Hersteller sind unter anderem die Tochter des Ölkonzerns INA, Ina Maziva, sowie die Haushaltschemiefirma Meteor Grupa – Labud (Zagreb).

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