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Portal 21 Malta

Anerkennung / Vollstreckung

Überblick

Wer als deutscher Dienstleistungsempfänger in Deutschland oder Malta einen Prozess (zum Beispiel auf Schadensersatz nach einem Gewährleistungsfall) gegen einen maltesischen Dienstleister gewonnen hat, hat noch nicht sein Geld erhalten. Vielmehr muss er die gerichtliche Entscheidung ggf.--gegebenenfalls anerkennen und auch vollstrecken lassen, um das vom Gericht zugesprochene Geld auch tatsächlich zu erhalten. Bei der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen können dem deutschen Dienstleistungsempfänger dabei mehrere Fallkonstellationen begegnen:

MÖGLICHE FALLKONSTELLATIONEN DER ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG
Land der Anerkennung & VollstreckungMaltesisches Urteil (1)Deutsches Urteil (2)
Anerkennung & Vollstreckung in MaltaNur maltesisches Recht, Anerkennung nicht nötig (1a)EuGVVO i.V.m.--in Verbindung mit maltesischem Recht (2a)
Anerkennung & Vollstreckung in DeutschlandEuGVVO i.V.m. deutschem Recht (1b)Nur deutsches Recht; Anerkennung nicht nötig (2b)
vereinfachte Darstellung

So kann zunächst die Entscheidung eines maltesischen Gerichts (1) (siehe hierzu die Rubrik zu zuständigen Gerichten sowie die sich anschließenden Rubriken) vorliegen. Diese kann entweder in Malta vollstreckt (1a) oder in Deutschland anerkannt und vollstreckt (1b) werden. Der deutsche Dienstleistungsempfänger kann aber ebenso, etwa aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung, vor einem deutschen Gericht geklagt haben. Eine solche deutsche Gerichtsentscheidung (2) könnte gleichfalls in Malta anerkannt und vollstreckt (2a) oder aber in Deutschland vollstreckt (2b) werden.

Umgekehrt kommen auch Fälle in Betracht, in denen sich der deutsche Dienstleistungsempfänger einer Vollstreckung eines Urteils ausgesetzt sieht, das der maltesische Dienstleister erwirkt hat. Dies ist beispielsweise bei Klagen des maltesischen Dienstleisters auf die (bis dahin nicht erfolgte) Zahlung seines Werklohnes möglich. Wenn der maltesische Dienstleister diesen erfolgreich in Malta eingeklagt hat, kann er entweder dort die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn der deutsche Dienstleistungsempfänger Vermögenswerte in Malta hat (1a). Alternativ dazu kann er die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung gegen den Dienstleistungsempfänger in Deutschland betreiben (1b). Hat der maltesische Dienstleister dagegen einen Prozess in Deutschland gewonnen, sind die deutschen Regeln für die Zwangsvollstreckung in Deutschland anwendbar (2b). Auch hier kann allerdings die Situation auftreten, dass der maltesische Dienstleister lieber auf in Malta gelegene Vermögenswerte des deutschen Dienstleistungsempfängers (falls solche bestehen) zugreifen möchte – dies setzt dann die Anerkennung und Vollstreckung des deutschen Urteils in Malta (2a) voraus.

Die Anerkennung und Vollstreckung in Deutschland richtet sich grundsätzlich nach deutschem Recht. Dieser Bereich wird von unserem auf ausländisches Recht beschränkten Informationsportal nicht abgedeckt. Der deutsche Dienstleistungsempfänger sollte sich diesbezüglich an einen deutschen Rechtsanwalt wenden oder sonstige Informationsquellen zum deutschen Recht nutzen.

Hilfreich bei der Suche nach einem deutschen Rechtsanwalt:

  • DeutscheAnwaltAuskunft des Deutschen Anwaltvereins (DAV), dort ein Suchformular unter dem Menüpunkt Anwaltsuche oder aber
  • bundesweites amtliches Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer.

Im Folgenden werden die Konstellationen der Anerkennung und Vollstreckung in Malta behandelt. Hierfür sind auch die vorrangigen Regelungen des Europäischen Rechts von Bedeutung, die ebenfalls in ihren wichtigsten Grundzügen dargestellt werden.

Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Malta

In den Fällen, in denen nicht lediglich eine maltesische Entscheidung in Malta vollstreckt wird, sondern eine deutsche Entscheidung in Malta (2a) anerkannt und vollstreckt werden muss, ist aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters zunächst die europarechtliche Ebene zu berücksichtigen: Die im Abschnitt internationale Zuständigkeit bereits erwähnte EuGVVO, die in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar gilt, regelt nicht nur die internationale und teilweise auch die örtliche Zuständigkeit in Streitigkeiten zwischen maltesischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern. Vielmehr bestimmt sich auch die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen im jeweils anderen EU-Mitgliedstaat nach der EuGVVO. Aufgrund der zum 10.1.2015 in Kraft getretenen Reform der EuGVVO gilt je nachdem, wann das Verfahren eingeleitet wurde, die Fassung der Brüssel-I-Verordnung oder der Brüssel-Ia-Verordnung (Artikel 66 EuGVVO in der Fassung der Brüssel-Ia-Verordnung). Unabhängig davon gibt es bei unbestrittenen Forderungen die Möglichkeit, einen europäischen Vollstreckungstitel zu beantragen.

Verfahren vor dem 10.1.2015

Für Entscheidungen, die in vor dem 10.1.2015 eingeleiteten gerichtlichen Verfahren ergangen sind, kommt die EuGVVO in der Fassung der Brüssel-I-Verordnung zur Anwendung, sofern sie in den Anwendungsbereich der genannten Verordnung fallen. 

Da mittlerweile nur noch sehr wenige Verfahren von diesen Regeln betroffen sein dürften, wird an dieser Stelle auf eine ausführliche Darstellung der Brüssel-I-Verordnung verzichtet.

 

Verfahren seit dem 10.1.2015

Auf Verfahren, die am 10.1.2015 oder danach eingeleitet, förmlich errichtet oder eingetragen beziehungsweise gebilligt oder geschlossen wurden oder werden, finden die Vorschriften der EuGVVO in der Fassung der Brüssel-Ia-Verordnung Anwendung, sofern sie in den Anwendungsbereich der genannten Verordnung fallen.

Der Begriff “Entscheidungen“ umfasst dabei jegliche gerichtliche Entscheidung - ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung als Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid (Artikel 2 lit. a EuGVVO).

Die jeweilige Entscheidung wird im jeweils anderen Land dabei ohne besonderes Verfahren anerkannt (Artikel 36 EuGVVO). Die Partei, die die Anerkennung der Entscheidung erreichen möchte, hat nur eine beweiskräftige Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung sowie die sogenannte "Bescheinigung über eine Entscheidung in Zivil- und Handelssachen" vorzulegen (Artikel 37 EuGVVO). Für die Bescheinigung gibt es in Anhang I der EuGVVO ein Formblatt.

Voraussetzung für die Vollstreckung einer anerkannten Gerichtsentscheidung ist, dass sie im Staat der Gerichtsentscheidung (so beispielsweise in Deutschland) vollstreckbar ist (Artikel 39 EuGVVO). Bisher musste darüber hinaus der Vollstreckungsstaat (so beispielsweise in Malta) einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung stattgeben. Dieses sogenannte Exequaturverfahren wurde durch die Brüssel-Ia-Verordnung abgeschafft. Auch für die Vollstreckung ist allein die Vorlage einer beweiskräftigen Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung sowie der oben genannten "Bescheinigung über eine Entscheidung in Zivil- und Handelssachen" erforderlich. Diese muss insbesondere auch bestätigen, dass die Entscheidung vollstreckbar ist (Artikel 42 Absatz 1 EuGVVO). Es ist klargestellt, dass bei Vorlage einer vollstreckbaren Entscheidung jede Sicherungsmaßnahme, die im Recht des Landes, wo die Entscheidung vollstreckt werden soll (so beispielsweise in Malta), vorgesehen ist, ergriffen werden kann (vgl. hierzu den Abschnitt Eilverfahren dieses Länderberichts). Wird die Vollstreckung einstweiliger Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen angestrebt, gelten besondere Formalitäten (Artikel 42 Absatz 2 EuGVVO).

Die Anerkennung einer Entscheidung kann nur auf Antrag eines Berechtigten versagt werden (Artikel 45 EuGVVO), die Vollstreckung einer Entscheidung nur auf Antrag des Schuldners (Artikel 46 EuGVVO). Das Verfahren zur Versagung der Anerkennung ist mit dem über die Versagung der Vollstreckung identisch (Artikel 45 Absatz 4 EuGVVO). Dem Antrag wird jedoch nur stattgegeben, wenn schwerwiegende Gründe, wie etwa ein der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprechendes Urteil, vorliegen (Artikel 45 EuGVVO). Die Gerichtsentscheidung darf im Anerkennungs-/Vollstreckungsstaat (hier beispielsweise Malta) nicht mehr in der Sache selbst nachgeprüft werden (Verbot der révision au fond) (Artikel 52 EuGVVO). Der Antrag ist an das maltesische Landgericht (Civil Court - First Hall) (vgl. Abschnitt örtliche und sachliche Zuständigkeit dieses Länderberichts) zu stellen (Artikel 47 Absatz 1 EuGVVO). Gegen die Entscheidung über den Antrag kann jede Partei einen Rechtsbehelf vor dem maltesischen Berufungsgericht (Court of Appeal) einlegen (Artikel 49 EuGVVO). Gegen die Entscheidung über den Rechtsbehelf wiederum kann in Malta nur aufgrund strittiger Rechtsfragen vor dem Court of Appeal vorgegangen werden werden (Artikel 50 EuGVVO).

Besonderheit: Europäischer Vollstreckungstitel

Hat eine Partei in der Gerichtsverhandlung die Forderung der anderen Seite ausdrücklich anerkannt oder haben sich die Parteien vor Gericht gütlich geeinigt und einen Vergleich geschlossen, gibt es bereits seit 2005 ein vereinfachtes Vollstreckungsverfahren. Denn bei unbestrittenen Forderungen (wie den eben genannten Anerkenntnissen vor Gericht oder gerichtlichen Vergleichen) kann ein Europäischer Vollstreckungstitel nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 beantragt werden. Das bedeutet für den oben dargestellten Fall des deutschen Dienstleistungsempfängers, wenn er mit dem maltesische Dienstleister wegen seiner Schadensersatzforderung einen gerichtlichen Vergleich geschlossen hat Folgendes: Mit der durch das deutsche Gericht auszustellenden Bestätigung des Vergleiches als Europäischer Vollstreckungstitel kann in Malta ebenfalls ohne den Zwischenschritt der Vollstreckbarerklärung vollstreckt werden. Den gleichen Vorteil hat natürlich auch der oben angesprochene maltesische Dienstleister, wenn er und der deutsche Dienstleistungsempfänger im Prozess in Malta einen Vergleich schließen. Weiterführende Informationen zum Europäischen Vollstreckungstitel bietet das EU-Portal mit Zusammenfassungen der EU-Gesetzgebung.

Vollstreckung maltesischer Entscheidungen in Malta

Grundlegende Vorschriften zur Zwangsvollstreckung nach maltesischem Recht enthalten die Artikel 252 ff. des Gerichtsverfassungs- und Zivilprozessgesetzbuches Maltas (Code of Organization and Civil Procedure). Nach dessen Artikel 273 stehen zahlreiche Maßnahmen zur Verfügung, beispielsweise:

  • seizure (Pfändung von beweglichem oder unbeweglichem Vermögen, eventuell mit anschließender Zwangsversteigerung - auction) (Artikel 282 ff. Code of Organization and Civil Procedure),
  • garnishee order (Pfändung von Geld oder beweglicher Vermögenswerte, die in der Hand von Dritten sind, aber dem Antragsgegner gehören) (Artikel 375 ff. Code of Organization and Civil Procedure),
  • eviction or ejection from immovable property (Zwangsräumung unbeweglichen Vermögens) (Artikel 384 Code of Organization and Civil Procedure),
  • arrest of sea vessels (Festsetzung von Seeschiffen) (Artikel 358 ff. Code of Organization and Civil Procedure).

Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung ist, dass ein vollstreckbarer Titel vorliegt. Hierzu zählen u.a. Urteile (judgment) und Verfügungen (decree) maltesischer Gerichte, Schiedssprüche und Mediationsvereinbarungen (Artikel 253 Code of Organization and Civil Procedure). In Abhängkeit des Vollstreckungstitels und der Dringlichkeit darf die Zwangsvollstreckung erst nach Ablauf einer bestimmten Frist und zum Teil erst nach Zustellung einer letzten (gerichtlichen) Zahlungsaufforderung (intimation for payment) erfolgen (Artikel 255-257 Code of Organization and Civil Procedure).

Die Zwangsvollstreckung kann sich sowohl auf das bewegliche als auch auf das unbewegliche Vermögen des Zwangsvollstreckungsschuldners beziehen (Artikel 260 Code of Organization and Civil Procedure).

Zuständig für die Zwangsvollstreckung ist grundsätzlich das Gericht, welches das Urteil in erster Instanz erlassen hat, selbst wenn es in dem Verfahren eine Entscheidung des Berufungsgerichts (Court of Appeal) gab (Artikel 264 Absatz 1 Code of Organization and Civil Procedure).

Urteile sind grundsätzlich nur auf Antrag vorläufig vollstreckbar (provisional enforcement) (Artikel 266 Absatz 1 Code of Organization and Civil Procedure). Dies gilt allerdings, wie z.B. bei der einstweiligen Verfügung (interlocutory decree), nicht (Artikel 267 Code of Organization and Civil Procedure).

Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Zwangsvollstreckung nicht hätte durchgeführt werden dürfen, hat der Schuldner Anspruch auf Schadensersatz (Artikel 279 Code of Organization and Civil Procedure).

Der Zwangsvollstreckungsschuldner kann gegen die Vollstreckungsmaßnahmen unter Maßgabe des Artikels 281 Code of Organization and Civil Procedure vorgehen.

Germany Trade & Invest (Stand: Januar 2024)

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