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Interview | Moldau | IT

Große Investitionen liegen auf Eis, aber der IT-Sektor läuft

Der IT-Unternehmer Franz-Anton Plitt erzählt im Interview, warum die Republik Moldau für deutsche Investoren attraktiv ist und wie Unternehmen vor Ort Geschäftsrisiken einschätzen.

Von Dominik Vorhölter | Chisinau

Franz-Anton Plitt ist seit einigen Jahren zunächst Präsident und dann Vorsitzender des Aufsichtsrats beim Moldauisch-Deutschsprachigen Wirtschaftsverband. Den Vorsitz wird er im Frühjahr 2024 abgeben. Der Verein hat zurzeit etwa 30 Mitglieder und setzt sich für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Republik Moldau und dem deutschsprachigen Raum ein. Der IT-Unternehmer und Jurist ist seit 2016 in Moldau aktiv.

Herr Plitt, wie laufen die Geschäfte Ihrer Mitgliedsunternehmen aktuell in der Republik Moldau? 

Gut, soweit ich das beurteilen kann. Insbesondere der Onlinebereich (IT, etc.) entwickelt sich sehr positiv.

Die Republik Moldau ist unmittelbar betroffen vom russischen Angriffskrieg auf das Nachbarland Ukraine. Inwieweit stellt der Krieg deutsche Firmen in der Republik Moldau vor neue Herausforderungen?

Größere Investitionen in der Republik Moldau liegen weitestgehend auf Eis. Die deutschen Unternehmen vor Ort haben die Herausforderung, dass die Mutterfirmen wenig Interesse an Investitionen in Moldau haben, weil sie das Risiko als stärker empfinden als wir hier vor Ort. Hierbei spielt bei den deutschen Mutterunternehmen natürlich das Bild der deutschsprachigen Medien eine größere Rolle als die Eindrücke aus dem täglichen Leben in Moldau. Ein anderes Problem ist, dass wir nicht genau wissen, wer nächstes Jahr die neue Regierung stellen wird und wie diese agieren wird. 

Sie meinen, wenn die EU-freundliche Regierung wechselt und es eine pro-russische Regierung gibt. Erwarten Sie in diesem Fall als Investor grundlegende Veränderungen?

Aus Investorensicht würde sich wahrscheinlich nichts ändern. Eine weitere Herausforderung ist allerdings der allmählich spürbare Arbeitskräftemangel, wobei sich das im IT-Bereich gerade zu entspannen scheint. Ich denke, das hängt damit zusammen, dass Unternehmen künstliche Intelligenz einsetzen und dadurch weniger Leute für einfache Programmieraufgaben benötigen.

In welchen Bereichen sehen Sie die größten Chancen, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Republik Moldau zu intensivieren?

Die größten Chancen sehe ich für deutsche Firmen in der Republik Moldau vor allem dort, wo man die Leistungen via Datentransfer übermitteln kann. Denn hier profitieren die Investoren von den relativ günstigen Arbeitskräften, deren Leistung sie direkt via Internet ohne jeden Aufwand importieren können. Das so genannte IT-Park-Gesetz spielt hier eine zentrale Rolle. Es bietet Unternehmen eine weltweit einmalige steuerliche Vereinfachung und sehr niedrige finanzielle Belastung durch Steuern, Sozialabgaben, etc. Mit seiner Aktualisierung zum Jahreswechsel 2023/24 erlaubt das Gesetz nun Aktivitäten wie Callcenter, alle Arten von Datenverarbeitung oder Forschung und Entwicklung. Diese Regeln sind bis Ende 2035 garantiert.

Wie schätzen Sie die künftige Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Moldau ein?

Ich betrachte Moldau als einen jetzt und auch zukünftig sehr attraktiven Produktionsstandort. Das gilt nach meiner Einschätzung solange, wie die menschliche Arbeitskraft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor bleibt und sich die steuerlichen Bedingungen in Moldau nicht zu sehr nachteilig ändern. Der moldauische Arbeitsmarkt ist nur auf den ersten Blick sehr beschränkt. Das Besondere am Standort Moldau ist, dass es für hier registrierte und geführte Unternehmen ausgesprochen einfach ist, auf einen sehr internationalen Talentpool zuzugreifen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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