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Branche kompakt | Polen | Abfallwirtschaft

Markttrends

Die polnische Abfallbranche erhofft sich politischen Rückenwind beim Bau von Müllverbrennungsanlagen. Deponierter Gemeindemüll muss reduziert und mehr recycelt werden. 

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Zahlreiche Projekte zum Bau von Müllverbrennungsanlagen warten darauf, aus ihren Schubladen gezogen zu werden. Die Abfallwirtschaft erwartet von der neuen Regierung mehr Unterstützung bei der Realisierung ihrer Projekte. Die Recyclingquote soll bis 2025 steigen, unter anderem durch ein Pfandgesetz. Polen muss seine registrierten Deponien noch drastisch reduzieren und die illegale Müllentsorgung bekämpfen. Der Handlungsbedarf ist groß, und die Zeit drängt angesichts der immer strengeren EU-Vorgaben. Deutsche Unternehmen haben gute Chancen, Müllverbrennungs- und Recyclingtechnik zuzuliefern.

Mehr Energie durch Müllverbrennung

Die Müllverbrennungsanlagen erzeugen meistens auch Energie. Größere Anlagen werden gerne als öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) errichtet. Außerdem gewähren die EU und der Landesumweltfonds NFOŚiGW Zuschüsse und vergünstigte Kredite zu ihrem Bau. Bei kleineren Anlagen ist der Fonds oft die einzige Förderinstitution. Die bis Ende 2023 existierenden neun größeren Anlagen sind voll ausgelastet und können den Bedarf bei Weitem nicht abdecken. "In Polen entstehen jährlich rund 3,5 Millionen Tonnen Abfälle, die zu verbrennen sind", sagt der Vorsitzende der Landeskammer für Abfallwirtschaft KIGO, Tomasz Uciński, laut portalsamorządowy.pl.

Weitere 39 Städte haben bislang den Bau von Müllverbrennungsanlagen beantragt. Der NFOSiGW sagte im Herbst 2023 eine Förderung für zwölf Anlagen zu, unter anderem in Siedlce, Kraśnik, Suwałki (Suwalken), Koszalin (Kößlin), Tarnów, Kraków (Krakau, Ausbau), Opole (Oppeln), Gorlice und Zamość. Die Anlage von Veolia Nowej Energii ging leer aus. Sie wird gerade für rund 230 Millionen Euro in Łódź (Lodsch) gebaut und soll 2027 fertig sein. Kurz vor der Übergabe stehen Anfang 2024 die Anlagen Port Czystej Energii in Gdańsk (Danzig), die in Olsztyn (Allenstein) und der Ausbau der Anlage in Warschau. 

Seit September 2023 ist Polens erste, auf medizinische Abfälle spezialisierte Anlage in Kędzierzyn-Koźle in Betrieb. Sie gehört zum führenden Entsorger EMKA. Die Anlage verbrennt täglich 10 Tonnen Abfälle, erzeugt Strom für den Eigenbedarf der EMKA und Wärme für die Stadt. Eine zweite solche Müllverbrennungsanlage geht im September 2024 in Redzikowo bei Słupsk (Stolp) ans Netz. Es ist noch Platz für weitere Kapazitäten, denn EMKA sammelt täglich 30 Tonnen medizinische Abfälle ein.   

Wert der Investitionen steigt

Trotz real stagnierender Umsätze erhöht die Abfallbranche ihre Investitionsausgaben. Die Umsätze der Branchenunternehmen einschließlich Wiedergewinnung von Rohstoffen betrugen 2023 laut dem Statistischen Hauptamt GUS 7,6 Milliarden Euro (ohne Kleinbetriebe, auf Złoty-Basis real -0,6 Prozent gegenüber 2022). Die Umsätze sämtlicher Branchenfirmen inklusive Kleinbetriebe summierten sich 2022 auf 9,3 Milliarden Euro. 

Die Investitionen (ohne Kleinbetriebe) in die Abfallwirtschaft einschließlich Wiedergewinnung von Rohstoffen stiegen laut GUS in den ersten drei Quartalen 2023 gegenüber den ersten drei Quartalen 2022 auf Złoty-Basis nominal um 32,9 Prozent. Der Wert betrug umgerechnet 378,5 Millionen Euro. Im Jahr 2022 summierten sich diese Aufwendungen auf 446 Millionen Euro. Steigende Kosten trugen zu den Zuwächsen bei. In den ersten drei Quartalen 2023 wurden 300 Projekte begonnen, gegenüber 309 von Januar bis September 2022 (Jahr 2022: 417). 

Pfandsystem gilt ab 2025

Künftig dürfte die Anzahl der Projekte wieder steigen, weil Polen zum 1. Januar 2025 ein neues Pfandsystem einführt. Es betrifft Glasflaschen für den Mehrfachgebrauch mit bis zu 1,5 Litern Inhalt, Plastikflaschen für den Einmalgebrauch mit bis zu 3 Litern samt Verschlüssen und Metalldosen mit bis zu 1 Liter. Diese Behältnisse erhalten eine entsprechende Kennzeichnung. Der Einzelhandel muss nun Rücknahmeautomaten für Pfandleergut und Ausrüstungen zum Flaschenzählen beschaffen.

Anfang 2024 herrschen jedoch noch Unklarheiten über die künftige Abfall­- und Verpackungsinfrastruktur sowie die Höhe des Pfandes. Dieses müssen auch kleine Geschäfte einbehalten. Nur solche mit über 200 Quadratmetern Fläche sind aber verpflichtet, die gekennzeichneten leeren Behältnisse zurückzunehmen und das Pfand auszuzahlen. Branchenvertreter halten eine verzögerte, schrittweise Einführung des Pfandsystems im Laufe des Jahres 2025 für möglich. Die Gesellschaft System Kaucyjny Zwrotka, die das landesweite Pfandsystem schaffen und einführen soll, wartete Ende Januar 2024 immer noch auf eine entsprechende Genehmigung.

Verzicht auf Einwegplastikartikel

Polen setzt weitere EU-Vorgaben in nationales Recht um. Das Land übertrug die Einwegplastik-Richtlinie (SUP) mit Wirkung vom 24. Mai 2023 und setzt sie schrittweise um. Ausgewählte Endprodukte aus Kunststoff wie Einmalbesteck und -geschirr oder Wattestäbchen sind verboten. Einige Plastik enthaltende Einwegprodukte wie Getränkebecher oder Hygieneartikel sind weiter erlaubt, aber entsprechend zu kennzeichnen. Seit Anfang 2024 müssen Händler und Gastronomen ihren Kunden Gebühren für Einwegplastikverpackungen bei Getränken zum sofortigen Verbrauch und bei Take-Away-Gerichten berechnen. Pro Plastikbecher sind knapp 5 Euro-Cent und für andere Verpackungen knapp 6 Euro-Cent an den Staatshaushalt abzuführen.    

Die EU-Vorgaben zur Erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) hat Polen noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Diese verpflichten Produzenten gemäß dem Verursacherprinzip, eine zusätzliche Verantwortung für die Entsorgung von Verpackungen und Materialien nach ihrem Gebrauch zu übernehmen. Als Ausgleich für den Entsorgungsaufwand müssen die Produzenten eine Gebühr zahlen, voraussichtlich ans Umweltministerium. Gemäß dem polnischen Gesetz müssen Einwegplastikflaschen ab 2025 zu 25 Prozent aus recycelten Materialien bestehen, ab 2030 zu 30 Prozent. Ab 2025 sind außerdem 77 Prozent der Einwegplastikflaschen getrennt einzusammeln und ab 2029 bereits 90 Prozent.  

38 %

des Hausmülls wurden 2022 noch deponiert.

Ausgewählte Investitionsprojekte in der Abfallwirtschaft in Polen (Investitionssumme in Millionen Euro)

Vorhaben, Stadt 1)

Investitionssumme 

Projektstand

Auftragnehmer, Investor

Ausbau MVA Krakow 

137 

Planung, fertig 2027

Krakowski Holding Komunalny S.A. w Krakowie 2)

MVA Stalowa Wola

73 (brutto) 

Planung, fertig 2027 

Miejski Zakład Komunalny w Stalowej Woli 2)

MVA Park Zielonej Energii, Gliwice (Gleiwitz)

 66

Baubeginn, fertig Ende 2026 / Anfang 2027

Unternehmen für Wärmeenergie

PEC Gliwice 2)

MVA Tarnow

 über 57

Planung, Ende 2028 / Anfang 2029

Miejskie Przedsiębiorstwo Energetyki Cieplnej Tarnow 2)

MVA Centrum Zielonej Transformacji, Opole

30

Planung, fertig 2027

Zakład Komunalny w Opolu 2)

MVA Suwałki

 29

Planung, fertig Herbst 2026 

PGO Suwałki (Abfallbetrieb) 2)

1 MVA=Müllverbrennungsanlage, 2 Gemeindeunternehmen.Quelle: Pressemeldungen, eigene Recherchen der GTAI 2024

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