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Special | Singapur | Seidenstraße

Singapur investiert in Großprojekt „Knowledge City Guangzhou“

Entwicklungsprojekt für digitale Industrie möchte innovative Talente und kreative Firmen in die Greater Bay Area locken. Wie attraktiv ist der Standort?

Von Marcus Hernig | Bonn

Singapur gilt als Vorbild

Die Belt and Road Initiative, der Singapur 2018 offiziell beitrat, führt auch nach China hinein. Investitionen in zukunftsweisende Bauprojekte im Reich der Mitte haben Tradition im Stadtstaat: Lee Kuan Yew (1923-2015), Singapurs erster Premierminister, hatte bereits kurz nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit China 1991 vorgeschlagen, eine geeignete Region für die Entwicklung von Singapur-Modellen auf chinesischem Boden auszusuchen.

Die Wahl fiel damals auf Suzhou unweit Shanghais. Die Suzhouer Gemeinde Zhangjiagang war Chinas erster Versuch, eine strikte Top-Down-Stadtverwaltung nach dem Modell Singapurs zu entwickeln: Der 1994 aufgebaute China-Singapur-Industriepark Suzhou ist das Referenz-Modell für die Entwicklung chinesischer Industrieparks weltweit. Selbst Chinas Internetkontrolle geht auf das Vorbild Singapurs zurück, das bereits 1996 über entsprechende Zensurmaßnahmen verfügte.

Singapurs CapitaLand investiert in chinesisches Projekt der neuen Seidenstraße

Nach dem Singapore Industrial Park in Suzhou 1994 und der Tianjin EcoCity 2008 engagiert sich Singapur bei einem dritten Großprojekt in China. Zwischen 2020 und 2035 soll eine 500.000 Einwohner Stadt im Süden des Landes entstehen: Die China-Singapore Guangzhou Knowledge City. Das Projekt wurde bereits 2008 geplant.

Die Stadt ist relativ zentral zwischen Guangzhou und dem globalen Produktionsstandort Dongguan gelegen, so dass die Investoren auf die Ansiedlung innovativer Unternehmen hoffen. Es geht um die Zukunft des nationalen Schwerpunktprojekts Greater Bay Area (GBA), das Singapur selbst als Vorbild für die eigene Regionalentwicklung mit Malaysia und Indonesien betrachtet. Die Wirtschaft in der Provinz Guangdong, die neben Hongkong und Macao zur GBA gehört, soll im Jahr 2021 um 6 bis 8 Prozent wachsen.

Das sind gute Rahmenbedingungen für die Wissensstadt. Der Hauptinvestor dort ist CapitaLand Singapore. Die Regierung der Provinz Guangdong hat in einer Verlautbarung vom 28. September 2020 das Bauprojekt als ein wichtiges Element „zur Vertiefung“ der neuen Seidenstraßenaktivitäten bezeichnet. Da die GBA eine Schwerpunktregion mit Modellcharakter für integrative Regionalentwicklung in den Belt and Road Ländern sein soll, erhalten auch einzelne Projekte innerhalb der Greater Bay Area diese Zuordnung.

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Industriepark der Knowledge City fokussiert auf „smart und grün“

Seit 2018 entsteht im Rahmen der Knowledge City ein Smart-Industriepark mit einem Investitionsvolumen von 2,03 Milliarden US-Dollar (US$). Investor ist ein Sino-Singapur Joint Venture mit Beteiligung von Ascendas-Singbridge Singapur und dem Bezirksentwicklungskomitee Guangzhou.

In der ersten Entwicklungsphase stehen grüne Technologien im Mittelpunkt. Das Leuchtturmprojekt ist „Twin Crystal“, eine Art Entwicklungszentrum zum Aufbau von ökologischen Smart Cities mit Forschungs-, Bildungs- und Fertigungseinrichtungen. Aus deutscher Sicht interessant ist, dass Siemens dort das erste digitale Datenzentrum für ökologische Entwicklung in Asien errichtet.

Industrie 4.0-Lösungen stammen aus Singapur

Gemeinsam mit der Wirtschaftsförderungsagentur Enterprise Singapore investiert CapitaLand 2020/21 in der Knowledge City in ein Zentrum für datengestützte Fertigungslösungen. Es umfasst die Branchen Robotik, additive Fertigung, Simulationstechnik, erweiterte Realität, Cloud-Computing und Datenanalyse. Chinas Ziel, Industrie 4.0-Standards für das ganze Land aufzubauen und sich in das globale Industrie 4.0-Ökosystem zu integrieren, sind dabei die Grundlage. Singapurs digitale Dienstleister wollen speziell für chinesische Unternehmen der Fertigungsindustrie datengestützte Lösungen entwickeln.

Biotechnologie wird Schwerpunkt

Am 30. März 2021 wurde in Chinas Staatsmedium China Daily verkündet, dass Biotechnologieunternehmen hohe Anreize erhalten sollen, die Knowledge City zu beleben. Die gesamte Entwicklungszone Guangzhou verfügt allein über 1.000 Unternehmen der Biomedizin. Davon sind 325 Firmen der Hitech-Szene zugeordnet und so für eine Ansiedlung in der Wissensstadt besonders interessant.

Die Wissensstadt lockt nur sehr wenige ausländische Unternehmen

Eine starke Ansiedlung ausländischer Unternehmen in der Knowledge City sei aber laut Information der Auslandshandelskammer Guangzhou nicht zu beobachten, obwohl man gerade solche von internationalem Rang besonders gern zu sehen scheint. Von deutschen Unternehmen in der Knowledge City sei außer dem Engagement von Siemens bisher nichts bekannt geworden. Daher ist der neue Schwerpunkt Biotechnologie auch und gerade vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie für die Zukunft der Wissensstadt von großer Bedeutung. Ob sich internationale Unternehmen der Branche Biomedizin dort ansiedeln wollen, bleibt unklar.

Neue Industrieparks fertigen Sensoren und entwickeln Biotechnologie

Auch außerhalb des Großprojekts Knowledge City Guangzhou bleiben Singapurer Investoren in Chinas intelligenter Produktionsplanung aktiv. Zwei neue Industrieparks nahe Shanghai sind im Aufbau.

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Im Sino-Singapur-Industriepark Jiashan steht die Fertigung von Sensoren im Mittelpunkt. Im Jahr 2020 waren 16 Projekte im Umfang von 2,9 Milliarden US$ beschlossen, sieben Unternehmen der Sensorfertigung haben ihren Betrieb aufgenommen, fünf weitere haben sich Anfang 2021 angesiedelt.

Ningbos neuer Industriepark entsteht seit Ende 2020, die erste Bauphase soll im Laufe des Jahres 2021 abgeschlossen werden. Für die Fertigstellung des Gesamtprojekts werden fünf bis acht Jahre veranschlagt. Besonders gern gesehen sind auch in Ningbo künftig Unternehmen aus dem Bereich Biotechnologie und Biopharmazeutika.

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