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Südasien will bei Stromversorgung enger kooperieren

Der Stromhandel zwischen den südasiatischen Staaten wird wachsen. Dafür sind neue Trassen geplant. Indien will künftig Strom bis nach Singapur exportieren. (Stand: Oktober 2023)

Von Boris Alex | New Delhi

Indien, Bangladesch, Nepal und Bhutan wollen ihre Elektrizitätsnetze stärker integrieren und den grenzüberschreitenden Stromtransport in der Region erleichtern. Was auf bilateraler Ebene schon seit vielen Jahren zur Stabilisierung der Energieversorgung beiträgt, soll künftig auch im Verbund über mehr als zwei Staaten möglich sein. Dadurch lassen sich die regional und saisonal unterschiedlichen Spitzen beim Strombedarf in den Ländern besser glätten. 

Die Länder haben umfassende Investitionen in ihre Elektrizitätsnetze angekündigt. Die Projekte bieten gute Geschäftschancen im Bereich Stromübertragungs- und -verteilungstechnik sowie für Smart-Grid-Lösungen.

Bangladesch bezieht künftig Strom aus Nepal

Im August 2023 wurde ein erstes Drei-Länder-Vorhaben unter Beteiligung von Indien, Nepal und Bangladesch vorgestellt. Dabei soll Nepal Wasserkraftkapazitäten von bis zu 500 Megawatt für die Stromversorgung Bangladeschs bereitstellen. Da die zwei Länder keine gemeinsame Grenze haben, erfolgt der Transport über das indische Übertragungsnetz. Bangladesch wird damit einen Teil seines Stroms künftig aus dem "Upper Karnali Hydropower Project" im Westen Nepals beziehen. Das Wasserkraftwerk mit einer Leistung von 900 Megawatt befindet sich zurzeit im Bau. Investor ist der indische Infrastrukturkonzern GMR.

Nach dem für 2024 geplanten Start des "Upper Karnali"-Projekts erhält Bangladesch zunächst 50 Megawatt über die 200 Kilometer lange Baharampur-Bheramara-Stromleitung. Baharampur liegt in Indien, Bheramara in Bangladesch. Hierüber wurde im Juli 2023 einen Stromabnahmevertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren unterzeichnet. 

Bau eines Stromkorridors durch Indien geplant

Um bis zu 500 Megawatt aus dem nepalesischen Kraftwerk zu beziehen, will Bangladesch einen separaten Stromkorridor durch Indien errichten. Dieser soll von Anarmari in Nepal nach Panchagarh oder Thakurgaon auf bangladeschischer Seite verlaufen. Die Transitstrecke durch Indien wäre entweder 24 oder 33 Kilometer lang. Bis 2040 will Bangladesch sogar bis zu 9.000 Megawatt Strom aus Nepal beziehen.

Der grenzüberschreitende Stromverkehr zwischen Indien, Bangladesch, Nepal und Bhutan sowie in geringem Umfang mit Myanmar ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Lag er im indischen Finanzjahr 2013/2014 (1. April bis 31. März) bei 7,8 Terawattstunden, waren es 2020/2021 bereits 18,7 Terawattstunden, so die Daten der Stromnetzbehörde Grid Controller of India Limited (Grid-India). Zwar ging der Handel in der Folgeperiode um 11 Prozent zurück, und auch 2022/2023 dürfte vorläufigen Schätzungen zufolge etwas weniger Strom über die Grenzen geflossen sein. Mittel- bis langfristig erwartet Grid-India aber einen wachsenden Austausch.

Indisches Kraftwerk liefert Strom nach Bangladesch

So nahm der indische Mischkonzern Adani im Sommer 2023 den ersten von zwei 800-Megawatt-Blöcken seines Kohlekraftwerks in Godda im Bundesstaat Jharkhand in Betrieb. Gut 90 Prozent der Erzeugungskapazitäten sind dabei für die Stromversorgung Bangladeschs vorgesehen. Pressemeldungen zufolge hat Adani der bangladeschischen Regierung weitere 1.600 Megawatt an Kapazitäten – allerdings aus Wasserkraft und Solarenergie – angeboten.

Nepals Erlöse aus Stromexporten wachsen

Auch Nepal will seine Stromexporte in die Nachbarländer in den kommenden Jahren weiter steigern. Bislang führt das Land Strom aus zehn Wasserkraftwerken mit einer Leistung von insgesamt 450 Megawatt nach Indien aus. Im September 2023 wurde ein Liefervertrag über weitere 180 Megawatt geschlossen. Gemäß einem Abkommen zwischen den beiden Ländern könnten die Kapazitäten bis 2032 auf bis zu 10.000 Megawatt angehoben werden. Ein lukratives Geschäft für den Himalaya-Staat: Für das Finanzjahr 2023/2024 (16. Juli bis 15. Juli) erwartet die Regierung Exporterlöse von 122 Millionen US-Dollar – ein Plus von 25 Prozent gegenüber der Vorperiode.

Um den wachsenden Stromaustausch in der Region zu bewältigen, müssen in den nächsten Jahren weitere Konnektoren zwischen Indien und Nepal gebaut werden. Eines der wichtigsten Projekte ist die 120 Kilometer lange "Butwal-Gorakhapur Transnational Transmission Line", die 2025 in Betrieb genommen werden soll. Im Februar 2023 haben beide Länder beschlossen, bis 2029 zwei weitere grenzüberschreitende Stromleitungen zu bauen. Damit gäbe es dann fünf Höchstspannungstrassen mit je 400 Kilovolt zwischen Indien und Nepal.

Indische Strombörse als regionale Handelsplattform

Damit der Strom künftig noch reibungsloser zwischen den südasiatischen Ländern fließt, hat sich die indische Strombörse im August 2023 für die Nachbarländer weiter geöffnet. Seit 2021 konnten diese den Strom im Day-Ahead-Market (DAM) mit einem Tag Verzögerung über die Indian Energy Exchange (IEX)-Plattform handeln. Inzwischen ist auch ein An- und Verkauf in Echtzeit möglich. Seit dem Start des DAM-Handels wurden 4,4 Gigawattstunden über die IEX-Börse gehandelt, vor allem zwischen Indien, Nepal und Bhutan.

Indien will den regionalen Stromhandel in den nächsten Jahren auf weitere Länder ausweiten. Neben den südlichen Nachbarn Sri Lanka und Malediven führt der Subkontinent auch Gespräche mit Singapur, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien. Voraussetzung ist, dass die Länder an das indische Stromnetz angeschlossen werden. Singapur hat signalisiert, dass es künftig Strom aus erneuerbaren Energien aus Indien beziehen könnte. Dazu müsste aber zunächst ein Unterseestromkabel zwischen den beiden Ländern verlegt werden.

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