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Special | Südkorea | Krieg in der Ukraine

Südkorea weniger stark vom Konflikt betroffen als Deutschland

Zwar importiert Südkorea teils signifikante Mengen an Rohstoffen aus Russland und der Ukraine. Insgesamt überwiegen bisher aber indirekte Effekte des Krieges auf die Wirtschaft.

Von Frank Robaschik | Seoul

Russland war 2021 der zehntgrößte Handelspartner des Landes. Damit stand es für nur 2,2 Prozent des südkoreanischen Außenhandels. Die Ukraine spielt für den Außenhandel praktisch keine Rolle.

Bedeutung Russlands und der Ukraine für Südkoreas Außenhandel 2021

Indikator

Russland

Ukraine

Rang als Handelspartner

10

70

Handelsvolumen (in Millionen US$)

27.336

890

Export Südkoreas (in Millionen US$)

9.979

581

Import Südkoreas (in Millionen US$)

17.357

309

Anteil am südkoreanischen Außenhandel (in Prozent)

2,2

0,1

Anteil an Südkoreas Export (in Prozent)

1,5

0,1

Anteil an Südkoreas Import (in Prozent)

2,8

0,1

Quelle: Korea International Trade Association; Berechnungen von Germany Trade & Invest

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Südkorea importiert Rohstoffe und Spezialgase

Mehr als 85 Prozent der Einfuhren des Landes aus Russland entfielen 2021 auf Rohstoffe. Signifikante Anteile Russlands an den südkoreanischen Importen bestehen bei Uran (33,8 Prozent), Platin (19,9 Prozent) und Steinkohle (17,7 Prozent).

Nach einer Analyse der Korea International Trade Association bestehen außerdem Abhängigkeiten bei seltenen Gasen für die Halbleiterindustrie. Darunter fallen Neon (23 Prozent der Importe aus der Ukraine), Krypton (30,7 Prozent aus der Ukraine) und Xenon (31,3 Prozent aus Russland und 17,8 Prozent aus der Ukraine). Des Weiteren stammten 12,4 Prozent der Einfuhren von Titanerz aus der Ukraine.

Top-Importprodukte Südkoreas aus Russland 2021 (in Millionen US-Dollar; Anteil an südkoreanischen Importen der jeweiligen Produktgruppe weltweit in Prozent)

Warengruppe

Importwert

Anteil an Importen

Erdöl

8.926

9,9

Steinkohle

2.566

17,7

Erdgas

1.715

6,7

Fische, Krebstiere, Weichtiere

1.217

21,2

Eisen und Stahl, Abfälle und Schrott daraus

691

3,5

Platin

593

19,9

Aluminium

325

5,6

Uran, Plutonium

252

33,8

Kork und Holz

191

8,7

Mais

153

4,7

Quelle: Korea International Trade Association; Berechnungen von Germany Trade & Invest

Firmen liefern vor allem Autos und Handys nach Russland

Südkorea lieferte 2021 Kraftfahrzeuge und -Teile für etwa 4 Milliarden US-Dollar (US$) nach Russland. Hinzu kommen die Fertigung südkoreanischer Unternehmen vor Ort und Lieferungen aus Drittländern wie Vietnam oder China. Vietnam exportierte 2020 Handys für 1,1 Milliarden US$ nach Russland. Dort produziert Samsung Electronics Smartphones. Insgesamt bestehen jedoch keine großen Abhängigkeiten.

Top-Exportprodukte Südkoreas nach Russland 2021 (in Millionen US-Dollar; Anteil an südkoreanischen Exporten der jeweiligen Produktgruppe weltweit in Prozent)

Warengruppe

Exportwert

Anteil an Exporten

Pkw

2.550

5,8

Kfz-Teile

1.367

7,1

Kunststoffe

656

1,7

Konstruktionen aus Eisen oder Stahl

487

28,6

Bau- und Bergbaumaschinen

416

8,7

Eisen und Stahl

318

1,0

Kosmetika

289

3,2

Heiz-, Kühl- und Klimatechnik

274

6,0

Kolbenverbrennungsmotoren, -Teile

149

2,9

Schiffe

140

4,7

Quelle: Korea International Trade Association; Berechnungen von Germany Trade & Invest

Unternehmen fertigen Autos, Fernseher und Süßwaren in Russland

Mit den Konfliktparteien ist Südkorea nur wenig über Direktinvestitionen verbunden. Zum Teil bestehen dennoch größere Investitionen. Hyundai Motor baut etwa seit 2010 Autos in Sankt Petersburg und verkaufte 2021 knapp 234.000 Pkw aus dem Werk. Im Jahr 2020 erwarb Hyundai dazu das Werk von General Motors in Sankt Petersburg. Hyundai Wia eröffnete 2021 ein Motorenwerk in Sankt Petersburg.

Samsung Electronics produziert seit 2008 Fernseher in der Region Kaluga und hat nach eigenen Angaben mehr als 250 Millionen US$ in das Werk investiert. Samsung exportiert die Fernseher auch in Länder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und nach Europa.

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Lotte Hotels & Resorts betreibt vier Hotels in Moskau, Sankt Petersburg, Wladiwostok und Samara. Lotte Confectionary produziert seit 2007 Süßwaren in der Region Kaluga. Orion fertigt solche seit 2006 in Twer, ein weiteres Werk soll dort 2022 in Betrieb gehen. Daneben ist Orion seit 2008 in Nowosibirsk aktiv. Der Umsatz des Unternehmens in Russland lag 2021 bei etwa 100 Millionen US$.

Paldo betreibt in Moskau und in Rjasan zwei Nudelwerke im Joint Venture und hat insgesamt mehr als 100 Millionen US$ in Russland investiert. KT&G fertigt seit 2010 Zigaretten in der Region Kaluga, die Kapazität 2017 betrug 4 Milliarden Zigaretten pro Jahr. Lotte International baut im Fernen Osten Russlands auf etwa 24.000 Hektar Land vor allem Sojabohnen und Mais an.

Südkoreas Direktinvestitionen in Russland (in Millionen US-Dollar; Anteil an den südkoreanischen Direktinvestitionen in der jeweiligen Branche weltweit in Prozent) *)

Branche

Russland

Anteil

Gesamt, davon

3.011

0,5

Produktion von Kfz, -Teilen

819

2,7

Einzelhandel (ohne Kfz-Teile)

267

1,2

Landwirtschaft

238

18,7

Produktion von Nahrungsmitteln, davon

216

2,5

  Produktion von Süßwaren und Erzeugnissen aus Kakao

137

14,8

Produktion von Elektronik

209

0,5

Bergbau im Bereich Kohle, Öl und Gas

160

0,3

Produktion von Elektrotechnik

159

1,1

Produktion von Tabak

102

21,6

*) addierte Flussgrößen von 1980 bis September 2021 ohne Abzug von Abschreibungen oder Investitionen, die mittlerweile rückgängig gemacht wurden; ohne Investitionen, die südkoreanische Firmen über Drittländer in Russland investiert habenQuelle: Export-Import Bank of Korea; Berechnungen von Germany Trade & Invest

Des Weiteren trug Russland zur Entwicklung südkoreanischer Weltraumraketen bei. Bei Satellitenstarts in den kommenden Jahren ist das Land ein potenzieller Partner. Hyundai Mobis kooperiert beim autonomen Fahren mit Yandex. Südkoreanische Firmen führen Bauaufträge für Chemieanlagen in Russland aus. Korea Hydro & Nuclear Power will mit Russland beim Bau des Kernkraftwerks El-Dabaa in Ägypten zusammenarbeiten.

Südkorea beteiligt sich an internationalen Finanzsanktionen

Am 28. Februar 2022 gab die südkoreanische Regierung folgende Maßnahmen bekannt:

  1. Verbot von Transaktionen mit sieben russischen Großbanken
  2. Starke Empfehlung an alle Finanzinstitute, ab 2. März 2022 Transaktionen mit russischen Staatsanleihen einzustellen
  3. Bereitschaft, dieselben Banken von SWIFT auszuschließen wie die Europäische Union (EU)

Kurz danach verbot das Land Transaktionen mit der russischen Zentralbank, dem Staatsfonds Nationaler Wohlstandsfonds, mit dem Russischen Direktinvestitionsfonds sowie mit der Bank Rossija.

Daraufhin setzte Russland Südkorea seit dem 5. März 2022 auf die Liste unfreundlicher Staaten. Laut dem Ministry of Trade, Industry and Energy folgt daraus: 1) Überweisungen aus Russland ins Ausland sind nicht mehr möglich, 2) Zahlungen russischer Schuldner an ausländische Gläubiger können in Rubel erfolgen, 3) der Handel mit russischen Firmen wird genehmigungspflichtig durch Russland.

Südkorea ist wie die EU von der Foreign Direct Product Rule gegenüber Russland ausgenommen. Dadurch muss es sich den Export von Hightechprodukten mit US-Technologie nach Russland nicht von den USA genehmigen lassen.

Folgen bisher überschaubar

Die direkten Auswirkungen der Sanktionen auf Südkorea sind bisher gering. Potenzielle Zahlungen in Rubel bereiten insbesondere den Schiffbauern Sorgen. Samsung Heavy Industries erhielt zuletzt im Oktober 2021 einen Auftrag aus Russland über 1,7 Milliarden US$. Andererseits erhöht der Krieg die Nachfrage nach Flüssiggastankern, wo südkoreanische Schiffbauer gut aufgestellt sind.

Gleichzeitig vermeiden Unternehmen bisher, die Einstellung der Produktion in Russland aufgrund des Konflikts anzukündigen. Russland droht ausländischen Firmen, die ihr Geschäft mit dem Land als Protest gegen den Krieg in der Ukraine einstellen, mit verschiedenen Maßnahmen bis hin zur Verstaatlichung.

Indirekte Effekte wie steigende Rohstoff-, Energie- und Transportkosten sowie instabilere Finanzmärkte sind bisher bedeutender. Korean Air meidet von Mitte März bis Ende April 2022 aus Sicherheitsgründen den russischen und ukrainischen Flugraum. Europäische Fluggesellschaften umfliegen Russland schon länger. Dadurch steigen auch für deutsche Firmen die Kosten für den Transport ihrer Waren nach Südkorea.

Regierung ergreift Stabilisierungsmaßnahmen

Da Lieferungen von 180.000 Tonnen Mais aus der Ukraine durch den Krieg unsicher sind, bestellte die südkoreanische Regierung zusätzlich 165.000 Tonnen Mais aus Osteuropa.

Die Korea Development Bank, die Industrial Bank of Korea und die Export-Import Bank of Korea stellen bis zu 1,75 Milliarden US$ an zusätzlichen Krediten für von der Krise in der Ukraine direkt und indirekt betroffene kleine und mittelgroße Firmen zur Verfügung.

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