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Special | Türkei | LkSG | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Verstoß gegen das Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns

(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 LkSG)

Kurzbeschreibung: Der angemessene Lohn ist mindestens der nach dem anwendbaren Recht festgelegte Mindestlohn und bemisst sich ansonsten nach dem Recht des Beschäftigtenortes. Die örtlichen Lebenshaltungskosten des Arbeitnehmers und der Familienangehörigen sowie die örtlichen Leistungen der sozialen Sicherheit sind dabei zu berücksichtigen.

Gesetzliche Grundlagen

Die Türkei ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat das hier relevante Übereinkommen über die Einrichtung von Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen (ILO-Übereinkommen Nr. 26) ratifiziert. Bislang existieren keine internationalen Übereinkommen über existenzsichernde Löhne oder die Berechnung existenzsichernder Löhne. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

Weiterführende Informationen zu Rechtlichen Instrumenten bezüglich existenzsichernder Löhne bietet der Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte.

Risiken

Das Reallohnniveau ist in der Türkei in den letzten beiden Jahren 2021 und 2022 trotz kräftiger Lohnerhöhungen durch eine sehr hohe Inflation deutlich gesunken. Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn beläuft sich seit dem 1. Juli 2023 auf netto 11.402 Türkische Lira (TL, entspricht 385 Euro, Wechselkurs Ende Juli 2023: 1 Euro = 29,60 TL). Unter die Mindestlohnregelung fällt ein großer Teil der Beschäftigten, nämlich rund 40 Prozent. In der Exportwirtschaft soll der Anteil der Mindestlohnempfänger Beobachtern zufolge deutlich geringer sein. Der Mindestlohn wird nicht im Rahmen von Tarifverhandlungen angepasst, sondern wird von der Regierung festgesetzt.

Die türkische Regierung hat den Mindestlohn seit Anfang 2022 wegen der ausufernden Inflation viermal erhöht (1. Januar 2022: +50 Prozent; 1. Juli 2022: +30 Prozent; 1. Januar 2023: +55 Prozent; 1. Juli 2023: +34 Prozent). Aber die Erhöhungen federn die Einbußen durch die Preissteigerungen nur ab. Die reale Kaufkraft der Haushalte ist gesunken. Die Inflation ist seit Ende 2021 auf Rekordhöhen gestiegen und erreichte im Jahresverlauf 2022 offiziellen Angaben zufolge bis zu 86 Prozent. Unabhängige Experten gehen von teils deutlich höheren Werten aus. Unregelmäßigkeiten bei Lohnzahlungen, kommen Berichten zufolge vor. Arbeitgeber würden beispielsweise rechtswidrig Sozial- und Rentenversicherungszahlungen nicht oder nicht in voller Höhe leisten. Abhängig von der jeweiligen Situation am Arbeitsmarkt gehen Beschäftigte häufiger nicht gegen solche Rechtsverletzungen vor.  

Die Höhe des Mindestlohns wird nicht unbedingt als existenzsichernd angesehen. Bei Analysen zur Höhe existenzsichernder Löhne ist die Aktualität der Daten aufgrund der derzeit hohen Inflation kritisch. Es sollte auch berücksichtigt werden, dass die Lebenshaltungskosten in den Großstädten in der Regel deutlich höher sind als in ländlichen Gebieten der Türkei. Der Dachverband der Türkischen Industriegewerkschaften TÜRK-İŞ veröffentlicht regelmäßig eine Evaluierung zur Höhe existenzsichernder Löhne. Laut TÜRK-İŞ benötigte eine vierköpfige Familie, die in der Millionenstadt Ankara lebt, im Mai 2023 für alle Grundausgaben 33.750 TL oder umgerechnet rund 1.574 Euro, wobei 10.362 TL beziehungsweise 483 Euro auf Nahrung entfielen (Stand: Juli 2023). Die Gesamtgrundausgaben für Alleinstehende beliefen sich laut TÜRK-İŞ auf 13.440 TL (627 Euro). Der Nettomindestlohn betrug im Mai 8.500 TL (396 Euro) und ab 1. Juli 11.402 TL (405 Euro).  

Weiterführende Informationen zum Thema existenzsichernde Löhne können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Existenzsichernde Löhne eingesehen werden.

Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Die Deutsch-Türkische Auslandshandelskammer (AHK) bietet seit Sommer 2021 für lokale Zulieferer regelmäßig Informationsveranstaltungen zum LkSG an. Außerdem hat die AHK gemeinsam mit der Anwaltskanzlei Köksal & Partners eine türkische Veröffentlichung über das LkSG herausgebracht, in der es neben Informationen zur Gesetzeslage in Deutschland, auch eine Liste mit konkreten Umsetzungsempfehlungen für türkische Unternehmen gibt. Zudem plant die AHK deutsche Unternehmen und türkische Lieferanten gemeinsam mit dem TÜV Süd bei der Durchführung unabhängiger, lokaler Audits zu unterstützen. 

Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Existenzsichernde Löhne im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

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