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Special | Indien | Smart Farming

Marktstruktur: Start-ups spielen eine große Rolle

Der Markt befindet sich noch im Aufbau. Die Gründungen haben in den letzten Jahren aber zugenommen, denn das Wachstumspotenzial ist groß. 

Von Florian Wenke | Mumbai

Wie in vielen Bereichen der indischen Wirtschaft ist auch die Marktstruktur im Bereich Smart Farming und AgriTech kleinteilig und oft unübersichtlich. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen ihre Produkte und Lösungen zuerst in regional begrenztem Rahmen auf den Markt bringen und Indien nicht als Gesamtmarkt betrachten. Dementsprechend sind es oftmals Regionen mit Nähe zu innovativen Regionen und starker Präsenz von Start-ups wie beispielsweise Bengaluru (Bangalore), Pune oder Gurugram, in denen neue Technologielösungen erprobt werden und zum Einsatz kommen. 

Gründungen im Bereich AgriTech boomen

Die Digitalisierung der indischen Landwirtschaft befindet sich noch in den Kinderschuhen. Dementsprechend sind fast alle Firmen, die sich mit Themen rund um AgriTech/Smart Farming befassen, erst wenige Jahre alt. Bereits 2019 berichtetet der Branchenverband der IT-Industrie - die National Association of Software and Services Companies (NASSCOM) - davon, dass eines von neun weltweit gegründeten AgriTech- Start-ups in Indien gegründet wird. Insgesamt zählte NASSCOM schon damals 450 derartige Unternehmen. Die auf den Start-up-Markt spezialisierte Informationsplattform Inc42 gibt die Zahl der AgriTech-Firmen für 2020 mit mehr als 1.000 an. 

Ein deutscher Unternehmensvertreter nannte Indien aufgrund seiner Größe und durch die vielen Kleinbauern ein gutes Umfeld, um Technologien zu testen und zu prüfen, ob diese auch für andere Entwicklungs- und Schwellenländer relevant sein könnten. Als Beispiel mit Potenzial nannte er Anwendungen aus dem Bereich der Predictive Analytics, bei denen mithilfe moderner Technik wie künstlicher Intelligenz Analysen erstellt und dann Handlungsempfehlungen an den Landwirt gegeben werden etwa zum Einsatz von Düngemitteln oder Pestiziden.

Die Mehrzahl der vorhanden Firmen befasste sich mit Themen rund um Lieferketten und die Schaffung effizienterer Märkte. Ziel dabei ist es, die Lieferketten durch Weglassen der Mittelsmänner effizienter zu machen. Ein deutscher Experte gab jedoch zu bedenken, dass hierbei oft lediglich die digitale Plattform als neuer und anonymer Mittelsmann anstelle der bisher vertrauten menschlichen Kontaktperson tritt. 

Konkrete technische Lösungen für den Anbau, die Überwachung und die Verarbeitungen von Feldfrüchten sind bisher erst in relativ geringerer Anzahl im indischen Markt vorhanden.

Übersicht zu ausgewählten AgriTech- Unternehmen in Indien *)

Tätigkeitsschwerpunkt

Unternehmen

Marktplätze, Lieferketten

NinjacartBijakCrofarmDeHaat; MeraKisan; Kisan Network; Otipy; Gramophone; AgroStar; Freshokartz; Big Haat; Agribuddy

Precision Farming, Farming as a Service (FaaS); Software as a Service (SaaS)

Fasal; CropIn; Aibono; AgNext; KrishiHub; FarmERP; Intello Labs; KHETHINEXT; EM3; SatSure; Oxen Farm Solutions; Trringo; FarMart; Agricx; neoInt; NanoGhanesh

Finanzierung

Jai Kisan; ergos; Samunnati; Krishi Trade

*) Ohne Anspruch auf Vollständigkeit; Nennung bedeutet kein Fürsprechen; für einzelne Unternehmen ist auch eine Zuordnung in mehrere Bereiche möglichQuelle: Recherche Germany Trade & Invest

Auch deutsche Firmen mischen im Markt mit. So gibt es ein Projekt der Europäische Weltraumorganisation (ESA) zur Nutzung von Satellitendaten für die Landwirtschaft mit deutscher Beteiligung. Unter Experten ebenfalls bekannt ist die Marktpräsenz von Peat über die App Plantix. Durch die App können Bilder von Pflanzen analysiert und beispielsweise Krankheiten erkannt werden. 

Die Investitionen in den Sektor sind zuletzt gestiegen

Start-ups mit Fokus auf die Landwirtschaft sind ein viel diskutiertes Thema, das auch interessierte ausländische Investoren auf den Plan ruft. In Indien selbst gibt es seit 2010 mit Omnovire sogar einen eigenen Venture-Capital- (VC-)Fonds mit Fokus auf die Land- und Ernährungswirtschaft. Omnivore hält Beteiligungen an zahlreichen Unternehmen aus Bereichen wie beispielsweise digitalen Märktplätzen, Pestizidmanagement oder Post-Harvest-Dienstleistungen.  

Der India AgriFoood Investment Report 2020 der beiden Kapitalgeber Omnivore und AgFunder gibt für das Finanzjahr 2019/20 (1. April bis 31. März) Investitionen im Upstream-Bereich in Höhe von 312 Millionen US$ in 56 Transaktionen an. Dies war eine deutliche Steigerung gegenüber den 145 Millionen US$ und 46 Transaktionen aus dem Finanzjahr davor. Als Upstream bezeichnen die Autoren beispielsweise die Bereiche AgriTech, Farm Robotics, Farm Management Software und elektronische Marktplätze. Größte Einzelinvestition war dann auch die Serie-C- Finanzierungsrunde der Marktplattform Ninjacart mit 99 Millionen US$. Das Unternehmen arbeitet mit 40.000 bis 50.000 Landwirten zusammen und vernetzt diese mit Unternehmen wie Einzelhändlern oder Restaurants.   

Anfang 2021 sorgten beispielsweise Investitionen in das Start-up CropIn für Aufsehen. Das junge Unternehmen aus Bangalore konnte sich in einer Finanzierungsrunde 20 Millionen US$ sichern. CropIn bietet "Software as a Service" (SaaS) an und nutzt künstliche Intelligenz, um unter anderem Landwirte beim Bewirtschaften ihrer Felder zu unterstützen.

Von einem regelrechten Investitionshype könne bisweilen die Rede sein, so ein deutscher Experte. Getrieben durch viel vorhandenes Kapital werde momentan stark in Start-ups in der Landwirtschaft investiert. Leider werde dabei allzu oft nicht auf die Bauern selbst geachtet. Stattdessen habe die Mehrzahl der Unternehmensgründer nur den schnellen Exit im Kopf.   

Drohnen beschäftigen Gründer und Investoren

Eines der wichtigsten Themen, das Gründer von Start-ups im Agrarbereich momentan umtreibt, sind Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit Drohnen. Dazu zählen beispielsweise die automatisierte Überwachung von Feldern. Auch ein deutscher Branchenkenner sprach davon, dass Drohnen derzeit ein viel diskutiertes Thema seien. Seiner Ansicht nach wird das Feld jedoch überschätzt, auch aufgrund der unübersichtlichen rechtlichen Lage.

Bisher war die Nutzung von Drohnen nicht klar geregelt. Im März 2021 traten jedoch die Unmanned Aircraft System (UAS) Rules, 2021 in Kraft. Darin ist beispielsweise festgelegt, dass für Betrieb, Besitz, Bau und Import von Drohnen eine Genehmigung der Luftfahrtbehörde (Director General of Civil Aviation - DGCA) notwendig ist. Diese kann jedoch nur an indische Staatsbürger über 18 Jahre und an in Indien registrierte Unternehmen mit Geschäftssitz im Land ausgestellt werden. Das würde den Marktzugang von Anbietern aus dem Ausland erschweren. Wie sich die Umsetzung der neuen Regeln in der Praxis gestaltet wird, ist jedoch noch unklar. Lücken zwischen gesetzlichen Regelungen und der Realität sind in Indien nicht unüblich.

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