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Branchencheck | Vereinigtes Königreich

Britische Branchen erholen sich sehr unterschiedlich

Auf dem Erholungskurs von der Coronakrise kommt nicht jede Branche voran. Chancen finden sich trotzdem.

Von Marc Lehnfeld | London

Wenn die britische Wirtschaftsleistung im Frühjahr 2022 ihr Vor-Corona-Niveau überschreitet, werden nicht alle Branchen aufatmen, denn der Erholungskurs könnte kaum gespaltener sein. Während Chemie- und Pharmaunternehmen im Oktober 2021 schon wieder 10 beziehungsweise 15 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau produzieren, hinken Flugzeug- und Fahrzeughersteller noch 39 beziehungsweise 29 Prozent zurück. Im Dienstleistungssektor sind die Unterschiede noch extremer: Die Leistungen im besonders von der Coronakrise beanspruchten Gesundheitswesen liegen 20 Prozent und die Postkuriere rund 15 Prozent über dem Vorkrisenniveau, während der Luftverkehr und die Reisebüros mit 66 und 50 Prozent noch weit von einer Erholung entfernt sind.

  • Maschinenbau

    Die Branche hatte das Vorkrisenniveau schon überschritten, doch Lieferkettenprobleme werfen den Maschinenbau zurück. 

    Der britische Maschinenbau konnte die Folgen der Coronakrise noch immer nicht überwinden. Obwohl die Produktion das Vorkrisenniveau seit März 2021 schon wieder regelmäßig überschritt, ist sie zuletzt im Oktober 2021 wieder um 5 Prozent zurückgefallen. Dafür sind vor allem Lieferkettenprobleme und der Fachkräftemangel verantwortlich, aber auch ein sich schwächer entwickelndes Exportgeschäft. Der aktuelle Make UK Manufacturing Outlook prognostiziert ein starkes Produktionswachstum von 10,4 Prozent für 2022. Treiber für den Maschinenabsatz im Binnenmarkt ist die großzügige Sonderabschreibungsmöglichkeit („Super Deduction“) auf Maschinen und Fabrikausrüstungen.

    Weitere Informationen:

    Branche kompakt: Inländische Maschinenbauer atmen auf

    Industrie 4.0-Lösungen auf der britischen Insel immer wichtiger

    Von Marc Lehnfeld | London

  • Chemieindustrie

    Während Lieferkettenprobleme die Branchenentwicklung hemmen, schafft eine Fristverschiebung bei UK REACH Spielräume.

    Die britische Chemieindustrie zählt zu den robusten Sektoren des verarbeitenden Gewerbes und produzierte im Oktober 2021 rund 10 Prozent über dem Vorkrisenniveau. Zum Jahreswechsel 2021/2022 klagt die Chemical Business Association über Probleme in der internationalen und nationalen Lieferkette und höhere Transportkosten, die im nächsten Jahr bei den Mitgliedsunternehmen zu negativen Margen führen könnten. Make UK erwartet daher ein Nullwachstum bei der Produktion 2022. Spielraum verschafft hingegen die weitere Fristverschiebung bei der Einführung von UK REACH. Umweltschützer warnen hingegen vor den Plänen der Regierung vor der geplanten Absenkung bei der Beurteilung besonders besorgniserregender Stoffe. Belastend bleibt die unklare Zukunft der Petrochemie, die rund ein Viertel der Branchenproduktion ausmacht und von der Politik zur Bekämpfung des Klimawandels beeinträchtigt wird.

    Weitere Informationen:

    Neue Wasserstoffstrategie vorgestellt 

    Branche kompakt: Britischer Chemiesektor zwischen den Krisen

    Von Marc Lehnfeld | London

  • Bauwirtschaft

    Auftragslage und Wachstumsprognosen sind in zahlreichen Segmenten der Bauwirtschaft exzellent. Schmerzhaft ist der Materialmangel.

    Im Fokus staatlicher Investitionen der „Levelling Up“-Strategie wächst auch die britische Bauwirtschaft in den nächsten Jahren. Die Construction Products Association erwartet für 2022 ein Wachstum bei den Bauvolumen um 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Milliardenschwere Tiefbauinvestitionen, allen voran die nunmehr im Bau befindliche erste Phase des Schnellzugprojekts HS2, sorgen für einen Anstieg im Infrastrukturbau von 9,7 Prozent auf ein Rekordniveau. Überdurchschnittlich sollen auch Wohnungs- und Industriebau wachsen, letzterer aber risikobehaftet. Während der Bau von Lager- und Logistikflächen brummt, ist ein breites Wachstum von neuen Produktionsanlagen nicht in Sicht. Lieferengpässe und steigende Kosten von Baumaterialien machen der Branche zu schaffen.

    Weitere Informationen:

    Die Bauwirtschaft wächst mit Großprojekten aus der Krise

    Fußgänger und Radfahrer erobern Londons Straßen

    Neue Milliardeninvestitionen der Wasserwirtschaft bis 2025

    Von Marc Lehnfeld | London

  • Gesundheitswirtschaft

    Unterkapazitäten im öffentlichen Gesundheitssystem werden mit Milliardeninvestitionen in neue Krankenhäuser und neue Diagnostik bekämpft.

    Das anfällige britische Gesundheitssystem bleibt angesichts der Ausbreitung der Omikron-Variante im Ausnahmezustand. Knapp 6 Millionen Patienten warten auf Behandlungstermine in englischen Krankenhäusern und diese Zahl wird nach Ansicht des National Audit Office bis 2025 weiter wachsen. Milliarden fließen in den nächsten Jahren deshalb in eine Modernisierungsoffensive für die Diagnostik und in 40 neue Krankenhäuser. Auch die Rolle privater Gesundheitsdienstleister wird wachsen, wenn das überlastete öffentliche System Unterstützung von Privatkrankenhäusern anfordert. Hürden entstehen für deutsche Exporteure durch die Einführung der neuen Produktkennzeichnung, des CE-Nachfolgers UKCA.

    Weitere Informationen:

    Zollgrenze erschwert Zugang zum britischen Medizintechnikmarkt 

    Special: Digital Health im Vereinigten Königreich

    Covid-19: Gesundheitswesen im Vereinigten Königreich

    Von Marc Lehnfeld | London

  • Öl und Gas

    Mit dem North Sea Transition Deal wagt die britische Regierung die Quadratur des Kreises: Die Erdöl- und Gasindustrie soll grün werden.

    Der Strukturwandel in der britischen Öl- und Gasindustrie setzt sich fort. Auf dem Weg zu Nettonull-Neuemissionen bis 2050 soll die Branche vor allem auf die Verarbeitung und Speicherung von CO2 umgerüstet werden. Dafür stehen im North Sea Transition Deal bis 2030 bis zu 16 Milliarden Pfund Sterling zur Verfügung. Marktchancen bietet der Rückbau von Erdölplattformen und Unterwasserinfrastrukturen. Derweil kündigte Shell an, sich aus dem Cambo-Erdölförderprojekt zurückzuziehen und hinterlässt damit eine Lücke, die möglicherweise eine Trendwende im britischen Ölsektor einläutet. Der Branchenverband OGUK zeigt sich hingegen optimistisch, dass es weitere neue Erdölförderprojekte geben wird. Neue Impulse ergeben sich in der entstehenden Wasserstoffindustrie.

    Von Marc Lehnfeld | London

  • Nahrungsmittelindustrie

    Während die Exporte in die EU einbrechen, schlagen sich die britischen Hersteller mit zahlreichen Problemen herum, die auch den Heimatmarkt nur langsam wachsen lassen.

    Der im Dezember 2021 veröffentlichte Q3 Business Confidence Report der Food & Drink Federation zeichnet ein düsteres Bild der Branche. Lieferengpässe, Fachkräftemangel, Preissteigerungen und schrumpfende Margen trüben den Optimismus der Branchenunternehmen, auch weil kein Ende in Sicht ist. In den ersten drei Quartalen 2021 sind die Exporte in den wichtigsten Absatzmarkt Europäische Union (EU) um 23,7 Prozent hinter das Niveau von 2019 zurückgefallen, wofür vor allem die Zollgrenze zur EU verantwortlich zeichnet. Der Exportanteil der Branche ist rückläufig, aber auch die Produktion für den Heimatmarkt entwickelt sich schwach. Laut Make UK sollen 2022 die Produktionsvolumina um 3,9 Prozent zulegen. Wenn Mitte 2022 die Zollkontrollen bei Lebensmitteleinfuhren aus der EU beginnen, dürften davon britische Hersteller profitieren.

    Weitere Informationen:

    Britische Ernährungswirtschaft zeigt sich vor dem Brexit robust

    Von Marc Lehnfeld | London

  • Kfz-Produktion

    Nach dem Coronaschock und dem Schrecken über das baldige Verbrenner-Aus in 2030 verhindert nun der globale Chip-Mangel die Erholung der britischen Automobilindustrie. 

    Die Produktionsentwicklung im Jahr 2021 ist bis Oktober noch schlechter als im Vorjahr. Wurden in diesem Jahr bisher über 725.000 Pkw produziert, waren dies etwa 3 Prozent weniger als in der Vorjahresperiode, wofür vor allem der Chipmangel verantwortlich ist. Zusätzlich plagen die Branche das für 2030 geplante Verkaufsverbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, was das Tempo für den Strukturwandel britischer Automobilhersteller erheblich erhöht. Neben der bereits in Bau befindlichen Gigafactory von Britishvolt sind außerdem eine weitere Batteriefabrik für Nissan in Sunderland und ein anderes Projekt in Coventry in Planung. Damit ist der Bedarf an Gigafactories im Land aber noch nicht erfüllt. Weitere Projektankündigungen werden erwartet. Wesentliche Standortentscheidungen von Automobilherstellern post-Brexit in dem exportorientierten Land bleiben bisher aus.

    Weitere Informationen:

    "Autofaktor" prägt den deutsch-britischen Handel

    Branche kompakt: Dreimal Sand im Getriebe britischer Autobauer 

    Brexit-Special: Totalschaden in der Automobilindustrie abgewendet

    Von Marc Lehnfeld | London

  • Nahrungsmittelmarkt

    Der Lebensmitteleinzelhandel erwartet 2022 ein starkes Onlinegeschäft, kämpft aber mit einem margenfressenden Preisdruck.

    Der britische Lebensmitteleinzelhandel durchlebt die anhaltende Coronapandemie äußerst robust. Auch im Verlauf des Jahres 2021 liegen die Branchenumsätze im Durchschnitt 5 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau, allerdings mit nachlassender Dynamik im Vergleich zum Vorjahr. Die Branchenentwicklung wird 2022 vor allem von einer hohen Inflation dominiert, die durch strukturell bedingte Probleme wie den Fachkräftemangel in der Branche, höhere Lieferkosten und Importpreise entsteht. Wenn Mitte 2022 die zollrechtlichen Anforderungen bei der britischen Einfuhr starten, muss sich zusätzlich zeigen, wie resilient die Lieferketten sind. Die deutschen Discounter Aldi und Lidl setzen ihren Expansionskurs mit neuen Filialen fort. Auch der Onlinehandel ist gekommen, um zu bleiben, nachdem die in der Coronakrise gewonnenen Kunden treu bleiben und die Händler ihre Lager und Lieferkapazitäten ausgebaut haben.

    Weitere Informationen:

    Einzelhandel im Vereinigten Königreich erfindet sich neu

    E-Commerce im Vereinigten Königreich trotzt Brexit-Unsicherheiten

    Der Nahrungsmittelumsatz im Vereinigten Königreich wächst

    Von Marc Lehnfeld | London

  • Kfz-Markt

    Die Verkaufszahlen von Verbrennern und E-Fahrzeugen entwickeln sich immer weiter auseinander. Darunter leiden die deutschen Exporte.

    Zum zweiten Mal kürzte die britische Regierung die Kaufprämien für Elektroautos. Die Society of Motor Manufacturers and Traders (SMMT) bemängelt, dass das Vereinigte Königreich nun Europas schwächste Förderprämie böte. Die Zulassungszahlen steigen dennoch, mit einem Plus bei Vollelektrofahrzeugen von 89 Prozent von Januar bis November 2021 gegenüber dem Vorjahr und bei Plug-In-Hybriden von 83 Prozent. Der Markt ist aber in einem dramatischen Wandel, weil der Verkauf von Dieseln und Benzinern um 47 beziehungsweise 15 Prozent gefallen ist. Darunter leidet auch der deutsche Export auf die Insel. SMMT kritisiert zusätzlich den langsamen Aufbau von Ladesäulen. Angesichts des fortgesetzten Chipmangels ist insgesamt aber keine Umkehr von schwachen Neuwagenregistrierungen in Sicht.

    Weitere Informationen:

    Blaues Auge im deutsch-britischen Handel

    Branche kompakt: Dreimal Sand im Getriebe britischer Autobauer 

    Brexit-Special: Totalschaden in der Automobilindustrie abgewendet

    Von Marc Lehnfeld | London

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