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Special | Belgien | EU-Förderung

Förderung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität

Belgien erhält 5,9 Milliarden Euro aus der Aufbaufazilität. Über vier Fünftel der Fördergelder fließen in die Digitalisierung, den Umweltschutz und die Verkehrs- und Energiewende.

Von Torsten Pauly | Berlin

Von den insgesamt 5,9 Milliarden Euro, die die Europäische Union Belgien im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität bereitstellt, sollen 2021 zunächst 1,1 Milliarden Euro, 2022 dann 1,6 Milliarden Euro und der Rest von 2023 bis 2026 fließen.

Viele Programme unterstützen den Umbau des Energie- und Verkehrssektors sowie die Digitalisierung und eröffnen damit auch deutschen Unternehmen hervorragende Geschäftschancen. Dies ergibt sich aus den Schwerpunkten - von der Europäischen Kommission auch Prioritätsachsen genannt - des Verwendungsplans.

Klima und Nachhaltigkeit als Schwerpunkt

So stehen allein 2 Milliarden Euro zur Verbesserung der Klimabilanz und Nachhaltigkeit sowie für innovative Forschungen in diesen Bereichen bereit. Dabei wird es bis 2026 sehr viele energieeffiziente Gebäudesanierungen geben. Entsprechende Renovierungen von öffentlichen Gebäuden will Belgiens Aufbau- und Resilienzplan mit 608 Millionen Euro fördern, nochmals 98 Millionen Euro stehen für Sozialwohnungen bereit.

Viele Auftragsmöglichkeiten eröffnet auch der Aufbau einer Infrastruktur zur Nutzung von Wasserstoff. Hierfür sieht der Plan Mittel von insgesamt 387 Millionen Euro vor. Den Strom für Wasserstoffanlagen werden in hohem Maße Nordseewindparks liefern. Deren Ausbau unterstützt der Plan mit weiteren 100 Millionen Euro.

Plan fördert neue Mobilitätskonzepte

In die Neuausrichtung des Verkehrssektors wird der Plan 1,3 Milliarden Euro investieren. Über die Hälfte davon (671 Millionen Euro) kommt dem Umstieg auf Bahn und Binnenschiffe zugute. Schwerpunkte hierbei sind etwa der Ausbau des Straßen- und U-Bahnnetzes und von Kanälen oder die Digitalisierung des Verkehrsflusses.

Weitere 210 Millionen Euro sind für einen „grünen Straßenverkehr“ vorgesehen, wozu eine Modernisierung der Busflotten des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ebenso zählt wie der Aufbau von Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Eine sehr wichtige Rolle spielt auch das Radwegenetz. Für deren Ausbau stehen 411 Millionen Euro bereit. Viele belgische Städte haben bereits weitläufige Umweltzonen eingerichtet.

Fokus auf die digitale Transformation

Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft wird der belgische Aufbau- und Resilienzplan mit etwa 760 Milliarden Euro unterstützen. Davon stehen 100 Millionen Euro für den Ausbau eines Glasfasernetzes und einer 5G-Infrastruktur bereit. Weitere 79 Millionen Euro sollen in die Cybersicherheit fließen.

Die restlichen Gelder in dieser Prioritätsachse kommen der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung auf föderaler, regionaler und kommunaler Ebene zugute. Auch diese bietet deutschen Unternehmen vielfältige Auftragschancen. So sind etwa 40 Millionen Euro zur Unterstützung von E-Health vorgesehen.

Unterstützung von Forschungszentren und Kreislaufwirtschaft

Unter der Prioritätsachse „Wirtschaft der Zukunft“ steht eine Milliarde Euro bereit. Davon kommen 375 Millionen Euro Forschungs- und Entwicklungsprojekten zugute, unter anderem in der Nuklearmedizin und der Luft- und Raumfahrtindustrie.

Für den Ausbau der Kreislaufwirtschaft sind 198 Millionen Euro vorgesehen. Einen Schwerpunkt bildet die Aufbereitung von Rückständen des Bausektors und des verarbeitenden Gewerbes. Darüber hinaus unterstützt die Achse „Wirtschaft der Zukunft“ auch Ausbildungs- und Arbeitsmarktmaßnahmen.

Eine weitere Prioritätsachse ist dem Sozialen gewidmet. Diese ist mit 833 Millionen Euro ausgestattet und fördert unter anderem benachteiligte Gruppen mit 166 Millionen Euro und die soziale Infrastruktur mit 227 Millionen Euro.

Positive Resonanz aus der Wirtschaft

Belgiens Aufbau- und Resilienzplan stößt bei vielen Unternehmen auf Zustimmung. So hat der Technologieverband Agoria begrüßt, dass 25 Prozent des Gesamtbudgets Digitalisierungsprojekten und sogar 57 Prozent einer „grünen“ Energie- und Verkehrstransformation gewidmet sind. Die Nutzung erneuerbarer Quellen muss Belgien noch deutlich ausbauen, insbesondere angesichts des für 2025 angestrebten Atomausstiegs. Positiv wird auch bewertet, dass etwa zwei Drittel aller Gelder bereits bis Ende 2023 genutzt werden sollen, obwohl sich die Umsetzung des Aufbau- und Resilienzplans bis 2026 erstreckt. Dies kann die Überwindung der Coronakrise beschleunigen. 

Regionen bestimmen über die meisten Programme

Für die Implementierung des Aufbau- und Resilienzplans ist die föderale Struktur Belgiens grundlegend. Das Königreich gliedert sich in das niederländischsprachige Flandern, das frankophone Wallonien und die zweisprachige Hauptstadtregion Brüssel. Diese Regionen haben einen sehr hohen Autonomiegrad und sind auch für die Wirtschaftsförderung sowie für die Umwelt- und Energiepolitik mit Ausnahme von Atomkraft und Nordseewindparks zuständig. Damit obliegt den Regionen auch die Entscheidung über einen Großteil der Projekte im Aufbau- und Resilienzplan. Für die Bildungspolitik - die bei den EU-Geldern ebenfalls breiten Raum einnimmt - sind hingegen die gewählten Vertreter der drei Sprachgemeinschaften des Niederländischen, Französischen und Deutschen verantwortlich.

Daher gibt es etwa bei ÖPNV-, Wasserstoff-, Energieeffizienz-, Glasfaser- oder Recyclingprogrammen vor allem solche auf regionaler Ebene. Dabei sind jeweils andere Amtssprachen, Institutionen, Dokumente und Regularien zu beachten.

Von den insgesamt 5,9 Milliarden Euro, die der Aufbau- und Resilienzplan vorsieht, sind 38 Prozent für Flandern inklusive der niederländischen Sprachgemeinschaft, 25 Prozent für Wallonien, 25 Prozent für die föderale Ebene und 12 Prozent für die Hauptstadtregion Brüssel samt der französischen und deutschen Sprachgemeinschaft vorgesehen. Diese regionale Verteilung ist nicht wie in vielen anderen Ländern das Ergebnis einer Zuteilung durch die Zentralregierung. Vielmehr ist der belgische Aufbau- und Resilienzplan selbst das Ergebnis langer Verhandlungen zwischen den Regionen, Sprachgemeinschaften und der Föderalregierung.

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