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Khartoum downtown skyline - Blue Nile waterfront, Sudan Sudan, Khartum | © GettyImages/mtcurado

Special Sudan Wege aus der Coronakrise

Die Talsohle scheint erreicht

In Sudan trifft die Coronapandemie auf bereits bestehende wirtschaftliche Probleme und eine politische Umbruchsituation. Der Impffortschritt ist unbefriedigend.

Von Friedrich Henle | Berlin

  • Konjunktur und wichtigste Branchen

    Die Coronapandemie ist in Sudan nur eine von vielen Herausforderungen. Fortschritte gibt es beim Schuldenabbau. (Stand: 14. September 2021)

    Bis Anfang September 2021 hat Sudan offiziell rund 38.000 Covid-19-Fälle gemeldet, die meisten in der Hauptstadtregion Khartum. Mehr als 2.800 Menschen sind bisher nachgewiesen an der Krankheit gestorben. Der Gewerkschaftsverband Sudanese Professionals Association (SPA) beklagt indes, dass diese Daten die epidemiologische Lage nur unzureichend widerspiegelten. Testergebnisse aus privaten Laboren würden in den offiziellen Zahlen des Gesundheitsministeriums keine Berücksichtigung finden. Hohe Mortalitätsraten legen zudem die Vermutung nahe, dass die Testkapazitäten im Land sehr begrenzt sind. Eine Studie des Imperial College London kam zu dem Ergebnis, dass im Zeitraum von April bis November 2020 nur 2 bis 5 Prozent aller Covid-19-Todesfälle in Khartum als solche festgestellt wurden.

    Verschlechterung der Gesundheitslage

    Die Coronapandemie trifft in Sudan auf eine schwach ausgeprägte Infrastruktur der Gesundheitsfürsorge. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen haben 81 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu einer Gesundheitseinrichtung, die innerhalb von zwei Stunden erreichbar wäre.

    Die Situation hat sich zudem seit Beginn der Pandemie verschlechtert. Fehlendes Personal und eine unzureichende Versorgung mit wichtigen Medikamenten verschärfen die Defizite. Das Land ist zur Bewältigung der humanitären Lage auf ausländische Hilfe angewiesen. Anfang März 2021 ist mit Unterstützung aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) ein Feldlazarett mit 200 Betten in der Region Darfur eröffnet worden. Neben den VAE haben weitere Staaten Hilfslieferungen mit medizinischen Gütern organisiert.

    Pandemie als Krisenbeschleuniger

    Die schwierige wirtschaftliche Lage, in der Sudan schon vor der Coronakrise steckte, hat sich mit der Pandemie nochmals deutlich verschärft. Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Omar al-Baschir im April 2019 befindet sich das Land in einer politischen Umbruchphase, die auch für die Wirtschaft Unsicherheiten mit sich bringt. Die Economist Intelligence Unit (EIU) schätzt den Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2020 auf 8,7 Prozent. Für das laufende Jahr 2021 rechnet sie mit einem Wachstum der Wirtschaft von 2,8 Prozent. Das wäre immerhin das erste Plus seit drei Jahren.

    Eine hohe Inflation von aktuell mehr als 400 Prozent belastet die Geldbeutel der Familien. Zum Preisauftrieb beigetragen hat auch der Abbau von Subventionen auf Kraftstoffe. Naturkatastrophen und die geopolitische Lage stellen weitere Herausforderungen dar. Die Überschwemmungen des Nils im August und September 2021 waren weniger verheerend als im Vorjahr, haben aber nach Angaben der Vereinten Nationen landesweit etwa 100.000 Einwohner getroffen und bisher 79 Menschen das Leben gekostet. Der Krieg in der äthiopischen Provinz Tigray wirkt sich besonders negativ auf die östlichen Bundesstaaten Kassala, Gadaref und Blue Nile aus. Dort haben die meisten der bisher rund 60.000 Flüchtlinge aus dem Nachbarland Zuflucht gefunden.

    Finanzielle Spielräume wachsen

    Ein Lichtblick ist die im Dezember 2020 erreichte Streichung von der US-Liste der Staaten, die Terrorismus unterstützen. Dadurch kann Sudan wieder besseren Zugang zu internationalen Finanzierungsquellen erhalten. Auch beim Thema Entschuldung wurden die ersten Schritte gemacht. Die Sudan-Konferenz am 17. und 18. Mai 2021 in Paris hat dem Land einen Schuldenverzicht in Milliardenhöhe durch mehrere Gläubigerstaaten des Pariser Clubs eingebracht. Am 29. Juni 2021 haben der Internationale Währungsfonds und die Weltbank beschlossen, internationale Verhandlungen im Rahmen der HIPC-Initiative (Heavily Indebted Poor Countries) zu führen. Eine Reduktion der geschätzten 60 Milliarden US-Dollar Außenverschuldung wird den finanziellen Spielraum der Regierung deutlich erhöhen und sich positiv auf die wirtschaftlichen Aussichten auswirken.

    Energiesektor und Landwirtschaft bieten Chancen

    Die politische und wirtschaftliche Öffnung nach der dreißigjährigen Herrschaft al-Baschirs ruft das Interesse von Unternehmen und Staaten auf den Plan. Neue Projektankündigungen in verschiedenen Branchen sind erste Anzeichen dafür, dass ausländische Direktinvestitionen in Sudan wieder zunehmen könnten. Auf der Pariser Sudan-Konferenz betonten die Vertreter des Landes die großen Potenziale in den Bereichen Infrastruktur, Landwirtschaft, Energie, Bergbau sowie Informations- und Kommunikationstechnologie.

    Im Energiesektor könnten sich Geschäftsmöglichkeiten ergeben, da die Regierung die großen Defizite in der Stromversorgung angehen möchte. Anvisiert ist auch die verstärkte Nutzung der Wind- und Solarenergie, die bisher nur eine geringe Rolle spielen. Die Firma Siemens beteiligt sich am Ausbau der grenzüberschreitenden Übertragungsnetze aus Ägypten.

    Potenziale bieten außerdem die Land- und die Ernährungswirtschaft. Sudan verfügt nach Angaben der Vereinten Nationen über sehr große ungenutzte landwirtschaftliche Flächen. Im Jahr 2015 hatten die Vereinten Nationen geschätzt, dass nur auf rund einem Viertel der 74 Millionen Hektar der landwirtschaftlichen Nutzfläche auch Pflanzen angebaut wurden. Das eröffnet Unternehmen Chancen im Inland sowie für den Export. Der Bedarf an Nahrungsmitteln wird aufgrund der demografischen Entwicklung weiterwachsen.

    Von Friedrich Henle | Berlin

  • Konjunktur- und Hilfsprogramme

    Förderprogramme für Unternehmen sind aufgrund der schwierigen Haushaltslage nicht zu erwarten. (Stand: 14. September 2021)

    Die öffentlichen Finanzen Sudans befinden sich in einer prekären Lage, die sich durch die Coronakrise verschärft hat. Konjunkturprogramme sind deshalb nicht in Sicht. Die Regierung konzentriert sich darauf, die makroökonomischen Rahmenbedingungen zu verbessern und sich damit weiterhin die Unterstützung von Geberinstitutionen wie der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zu sichern.

    Sudanesisches Pfund abgewertet

    Zuletzt hat die Zentralbank Ende Februar 2021 die Währung um 80 Prozent abgewertet und ein kontrolliertes Floating des sudanesischen Pfunds (SDG) etabliert. Der aktuelle Kurs von rund 440 SDG je US-Dollar (US$) entspricht nun mehr dem Kurs, der auf dem Schwarzmarkt gezahlt wird, und ist weit entfernt von den vormals geltenden 55 SDG je US$. Die Maßnahme soll unter anderem helfen, den chronischen Devisenmangel des Landes anzugehen. Der Schritt war erwartet worden, zumal auch Geberinstitutionen darauf gedrungen hatten.

    Im Juni 2021 haben internationale Verhandlungen über einen Schuldenabbau begonnen, nachdem Partnerländer die sudanesischen Zahlungsrückstände gegenüber der Weltbank, dem IWF und der Afrikanischen Entwicklungsbank beglichen hatten. Dadurch steigt mittelfristig der Handlungsspielraum des Staates, um dringend benötigte Investitionen in die Daseinsfürsorge und den Ausbau der Infrastruktur vornehmen zu können.

    Direktzahlungen an Haushalte statt Subventionen

    Bereits 2020 hatte die Regierung begonnen, Subventionen auf Kraftstoffe und Grundnahrungsmittel abzubauen. Die negativen Auswirkungen auf die Bevölkerung sollen durch kontinuierliche Direktzahlungen an bedürftige Familien abgemildert werden. Ausländische Hilfen fließen auch in diese Maßnahme.

    Im Gesundheitsbereich kämpft das Land mit großen Herausforderungen und ist auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Die Impfsituation dürfte keine großen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung mehr haben, da die meisten Einschränkungen im Land wieder aufgehoben sind.

    Covid-19-Impfungen in Sudan

    Am 3. März 2021 sind die ersten 828.000 Dosen Impfstoff des Herstellers AstraZeneca in Sudan eingetroffen. Die Lieferung erfolgte im Rahmen des COVAX-Programms der Weltgesundheitsorganisation, das zum Ziel hat, bis Ende 2021 rund 20 Prozent der Bevölkerung geimpft zu haben. Anfang September 2021 waren es allerdings erst weniger als 1 Prozent. Laut einer Analyse der Economist Intelligence Unit dürfte es bis Anfang 2024 dauern, bis ein Großteil der sudanesischen Bevölkerung eine Impfung erhalten hat.

    Von Friedrich Henle | Berlin

  • Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr

    Die sudanesische Regierung hat die meisten Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus wieder aufgehoben. (Stand: 10. Januar 2022)

    In den Provinzen können jedoch je nach lokaler Situation weiterhin Maßnahmen zur Einschränkung des Reiseverkehrs beziehungsweise Hygienevorschriften eingeführt werden. Bei der Einreise nach Sudan ist ein negativer, maximal 72 Stunden alter PCR-Test vorzulegen. Reisende mit vorherigem Aufenthalt oder Transit in Südafrika, Großbritannien und den Niederlanden müssen sich nach Ankunft zusätzlich in eine 14-tägige häusliche Quarantäne begeben.

    Länder und Regionen, in denen ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit Covid-19 besteht, stuft das Robert-Koch-Institut – nach gemeinsamer Analyse und Entscheidung durch das Bundesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat – als internationale Risikogebiete ein. Sudan fällt aktuell (10. Januar 2022) in die Kategorie eines sogenannten Hochrisikogebietes. Somit sind bei der Einreise nach Deutschland Quarantäneauflagen oder Test- beziehungsweise Impfnachweise zu beachten.

    Aktuelle Informationen zu Reisebeschränkungen
    • Die Einreise ist nur mit einem maximal 72 Stunden alten PCR-Test möglich.
    • Reise- und Sicherheitshinweise für Sudan stellt das Auswärtige Amt bereit.
    • Beachten Sie die Hinweise für die Einreise nach Deutschland.

    Die Bewegung im Land ist nicht durch Coronamaßnahmen eingeschränkt. Schwerer wiegen jedoch die Folgen eines Militärputsches im Oktober 2021. Die allgemeine Sicherheitslage hat sich dadurch verschlechtert. In der Hauptstadt Khartum wurde der Ausnahmezustand verhängt.

    Der Warenverkehr läuft weitgehend normal. Demonstrationen im Osten des Landes hatten 2021 für mehrere Wochen die Versorgung über den wichtigsten Handelshafen Port Sudan unterbrochen. Eine Herausforderung bleibt die Verkehrsinfrastruktur, für deren Erhalt und Ausbau größere Investitionen nötig sind.

    Von Friedrich Henle | Berlin

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