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Indonesien liberalisiert sein strenges Arbeitsrecht

Für Unternehmen wird es einfacher, ausländische Fachkräfte anzustellen. Zudem gibt es mehr Flexibilität bei Mindestlöhnen, Arbeitszeiten, Kündigungen und Abfindungen.

Von Frank Malerius | Jakarta

In Indonesien wird das rigide Arbeitsrecht reformiert. Bisher war es ein Hindernis für ausländische Investoren. Denn eine Arbeitserlaubnis für ausländische Fachkräfte war schwierig zu bekommen. Die Mindestlöhne stiegen jährlich stark, Kündigungen waren aufwendig und Abfindungen hoch.

Beispielhaft für viele Schwierigkeiten ist die international unübliche Regelung, dass arbeitsrechtlich relevante Dokumente nur von Einheimischen gezeichnet werden dürfen. So kann kein deutscher Geschäftsführer eines ausländisch investierten Unternehmens Arbeitsverträge oder Kündigungen unterzeichnen, sondern muss dies von einem bevollmächtigten lokalen Mitarbeiter vornehmen lassen oder von einem befugten Dienstleister. Diese Blüte des indonesischen Arbeitsrechts bleibt auch durch die Reform unangetastet.

Doch andere arbeitsrechtliche Investitionshürden werden nun abgebaut. Präsident Joko Widodo hat zu Beginn seiner zweiten und letzten Amtszeit eine großangelegte Gesetzesreform auf den Weg gebracht, die sogenannte "Omnibus Law on Job Creation". Sie soll den Investitionsstandort Indonesien für ausländische Firmen attraktiver machen. Die in ihr beinhaltete Reform des Investitionsrechts stimmt Fachjuristen vorsichtig optimistisch. Auch die Reform des Arbeitsrechts verspricht Erleichterungen.

Keine branchenspezifischen Mindestlöhne mehr

Eine wichtige Änderung betrifft die Arbeitserlaubnis für Ausländer. Sie wird nun in einem einzigen Dokument zusammengefasst, nämlich der Genehmigung des Einsatzplans für ausländische Arbeitskräfte ("RPTKA"). Für einige Jobs kann sie sogar entfallen. Noch ist aber unklar, ob ein neues Genehmigungsformat eingeführt wird.

Zudem gibt es jetzt keine branchenspezifischen Mindestlöhne mehr. "Es ist aber möglich, dass ein sektoraler Mindestlohn für bestimmte Industriezweige festgelegt wird", erklärt Markus Schlüter, Rechtsanwalt und Partner im Geschäftsbereich Asien/Pazifik von Rödl & Partner. "Dafür wird nun ein Stundenlohn eingeführt, der nur für Teilzeitbeschäftigte gelten soll, die weniger als sieben Stunden pro Tag und 35 Stunden pro Woche arbeiten." Die täglich maximal zulässigen Überstunden wurden auf vier erhöht (vorher drei), die wöchentlichen auf 18 (vorher 14).

Arbeitnehmer muss Ablehnung der Kündigung begründen

In Indonesien ist eine Kündigung aufwändig. Sie muss dem Arbeitnehmer mindestens 14 Arbeitstage vor Wirksamwerden schriftlich mitgeteilt werden. Akzeptiert der Arbeitnehmer die Kündigung - was in der Praxis selten vorkommt -, muss die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei den Behörden gemeldet werden. "Neu ist nun, dass der Arbeitnehmer im Falle seiner Ablehnung dem Arbeitgeber innerhalb von sieben Arbeitstagen nach Erhalt der Kündigungsmitteilung eine Begründung senden muss", sagt Schlüter. 

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind dann verpflichtet, Verhandlungen zur Erzielung einer einvernehmlichen Lösung zu führen, als erste Stufe des Streitbeilegungsverfahrens. Bei einem Scheitern ist ein Streitbeilegungsverfahren vor den Arbeitsbehörden erforderlich. "Die Liste zulässiger Kündigungsgründe wurde um grobes Fehlverhalten erweitert", ergänzt Phillip Kersting, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Luther in Jakarta. "Eine solche Kündigung muss nicht mehr vom Arbeitsgericht genehmigt werden."

Weitere Details über das Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten bei Kündigungen sind noch unklar. Insofern dürfte erst nach dem Erlass entsprechender Verordnungen auf Ministerialebene deutlich werden, inwieweit die Umsetzung wirklich arbeitnehmerfreundlicher wird.

Geringere Kündigungszahlungen

Abfindungen sind in Indonesien vergleichsweise hoch. Laut Global Competitiveness Report 2019 liegt der Archipel bei den sogenannten Redundancy Costs auf Rang 136 von 141 Ländern. Diese werden nun deutlich reduziert. So beträgt die Abfindung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen einer Verlustsituation des Unternehmens jetzt nur noch Faktor eins der regulären Abfindung, anstatt vorher Faktor zwei. Die Pensionsabfindung wurde vom Zweifachen des regulären Abfindungsbetrags auf das 1,75-fache reduziert.

"Außerdem sind einige Abfindungsbestandteile, wie etwa die bislang fälligen Leistungen an gekündigte Mitarbeiter im Zusammenhang mit medizinischer Versorgung und Wohngeld, nicht mehr vorgesehen", sagt Schlüter. "Der Arbeitgeber wird dafür nun aber dazu verpflichtet, auch befristet beschäftigten Arbeitnehmern bei Ablauf ihres Arbeitsvertrages eine Abfindung zu zahlen."

Befristete Arbeitsverhältnisse können nun auf bis zu fünf Jahre anstatt zuvor drei Jahre abgeschlossen werden. "Der Arbeitnehmer hat am Ende der Laufzeit Anspruch auf eine Abfindung von circa einem Monat je vollem Beschäftigungsjahr", erklärt Kersting. 

Unklare Bestimmungen zum Outsourcing

Das Outsourcing von Leistungen ist ein häufig genutztes Flexibilitätsinstrument für Unternehmen in Indonesien. Es dient der Abfederung finanzieller Risiken. Allerdings sind ihm enge Grenzen gesetzt, denn Kernbereiche müssen im Unternehmen verbleiben. 

Auch hier verspricht die Reform möglicherweise Lockerungen, hat aber Lücken. "Die Bestimmungen zum Outsourcing sind unklar und können in der Praxis zu Konflikten mit anderen Verordnungen führen, die vor dem Omnibusgesetz erlassen wurden", bewertet Schlüter die Gesetzeslage. 

Das Arbeitsrecht bleibt insgesamt arbeitnehmerfreundlich

Die Reform des indonesischen Arbeitsrechts ist noch nicht abgeschlossen, obwohl viele wichtige Themen bereits in den Anfang Februar 2021 erlassenen Durchführungsbestimmungen geregelt wurden. "Absehbar ist aber, dass das neue Arbeitsrecht im regionalen Vergleich weiterhin eher arbeitnehmerfreundlich bleibt, insbesondere im Hinblick auf den Kündigungsschutz", resümiert Schlüter.

"Die Flexibilität der Arbeitgeber hat insgesamt enorm zugenommen", fasst Kersting die bisherige Reform zusammen, "allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau. Zwar wird das Arbeitsrecht für Unternehmen deutlich vorteilhafter, dadurch jedoch nicht genauso gut wie in anderen Ländern der Region."

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