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Special | Ägypten | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Industrie: Energie für ägyptische Industrie ist fossil und billig

Energie- und Kraftstoffsubventionen legen den Grundstein für eine Industrie, bei der Dekarbonisierung eine geringe Rolle spielt. Aber auch hier findet ein Wandel statt.

Von Sherif Rohayem | Kairo

Das verarbeitende Gewerbe trägt in etwa 16 Prozent zur Entstehung des ägyptischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei und verantwortet 15 Prozent des CO2-Ausstoßes. Die ägyptische Industrie ist geprägt von Ölraffinerien, Düngemittel- und Kunststoffproduzenten sowie Herstellern von Stahl, Eisen, Zement, Keramik und anderen Baumaterialien. Dass in Ägypten ausgerechnet die Schwerindustrie etabliert ist, kommt nicht von ungefähr. Vielmehr ist es die Folge großzügiger Energiesubventionen, die gerade die Ansiedlung energieintensiver Industrien begünstigt.

Diesel, Erdgas und Strom weiterhin günstig

Keine Seltenheit sind anekdotische Berichte etwa von stahlverarbeitenden Firmen, die ihre Prozesswärme durch die Verbrennung von Diesel erzeugen. Dies ist angesichts der niedrigen Preise nicht weiter verwunderlich. Experten gehen davon aus, dass die Kraftstoffpreise in Ägypten, entgegen anderslautender Verpflichtungen gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF), auch nach wie vor subventioniert sind.

Das gilt auch für die Einkaufspreise für Erdgas, die etwa ägyptische Stahlhersteller und andere energieintensive Industrien zahlen. Mit Preisen von 5,75 US-Dollar (US$) pro 1 Million British thermal unit (MMBtu) liegt dieser unter denen, die gegenwärtig die Weltmärkte abrufen. Für Zementhersteller erhöhte die Regierung im Oktober 2022 jedoch den Einkaufspreis von Erdgas um das Doppelte auf 12 US$ pro MMBtu. Betroffene Betriebe wechselten seitdem auf Kohle.

Ebenso hat die ägyptische Regierung Mitte Oktober 2021 ihr Versprechen erneuert, das sie während der Coronapandemie gegenüber der Industrie abgegeben hatte. Danach sollen die Strompreise für industrielle Verbraucher noch bis zum Fiskaljahr 2024/2025 mit einem Betrag von 0,1 ägyptischen Pfund (EGP; entspricht circa 0,2967 Euro) pro Kilowattstunde subventioniert und eingefroren werden. 

Dekarbonisierung: Mehr Druck durch CO2-Zoll der EU

Ägypten stellt seine Raffinerien und seinen Erdgasreichtum in den Dienst einer Industriepolitik, die auf fossilen Energieträgern beruht. Neben dem CO2-Fußabdruck hat diese Politik noch weitere Nachteile: In Zeiten explodierender Gaspreise entgehen Ägypten lukrative Exportgeschäfte und damit auch dringend benötigte Deviseneinnahmen. Wegen der verzerrenden Wirkung von Energiesubventionen fokussiert sich das verarbeitende Gewerbe auf diejenigen Bereiche, die sehr kapitalintensiv sind, gleichzeitig jedoch nur wenige Arbeitsplätze und Wertschöpfung schaffen. Anreize für mehr Dekarbonisierung könnten infolge der CO2-Grenzabgabe der Europäischen Union (EU) entstehen. Die EU zählt zu den wichtigsten Absatzmärkten ägyptischer Exporteure.

Nachhaltigkeitsberichte für Unternehmen werden Pflicht

Seit April 2022 sind Unternehmen, die an der ägyptischen Börse gelistet sind, ab einer Marktkapitalisierung von 100 Millionen EGP (rund 3,2 Millionen US$) verpflichtet, der Finanzaufsichtsbehörde einen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht (Environment, Social, Governance Report; ESG) vorzulegen. Seit 2023 fallen auch nicht-börsennotierte Unternehmen unter diese Berichtspflicht. Unter anderem müssen die betroffenen Betriebe ihre CO2-Bilanz offenlegen. Institutionelle Anleger und Banken sind ebenfalls an ESG gebunden und machen immer mehr Aspekte der Nachhaltigkeit zur Grundlage von Investitionen und Kreditzusagen.

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