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Albanien will sein landwirtschaftliches Potenzial entfalten

Die Landwirtschaft in Albanien entwickelt sich positiv, hat aber auch noch Hürden zu meistern. Die EU hat das Potenzial erkannt und unterstützt den Beitrittskandidaten finanziell.

Von Martin Gaber | Belgrad

33,8 %

der Beschäftigten arbeiten in Albaniens Landwirtschaft.

Die Landwirtschaft spielt in Albanien eine herausragende Rolle: Sie macht 18,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus und steht für 33,8 Prozent der Beschäftigten, so Zahlen der albanischen Statistikbehörde Instat für das Jahr 2021. 

Trotz der großen Bedeutung sind es Kleinstbetriebe, die Albaniens Landwirtschaft prägen. Laut Instat sind rund 84.000 Landwirte über eine Steuernummer registriert. Tatsächlich dürfte die Zahl deutlich höher sein. Schätzungen gehen von rund 360.000 landwirtschaftlichen Höfen aus - ein Großteil davon informell. Neben den Landwirten gibt es rund 1.400 Unternehmen, die einer landwirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen. Dabei handelt es sich vor allem um Kleinst- und Kleinunternehmen. So beschäftigen gerade mal 71 Unternehmen über zehn Mitarbeiter. Schwerpunkte der Landwirtschaft sind die Regionen Fier und Korça.

Gewächshäuser machen Landwirtschaft wettbewerbsfähig

Als Erfolgsgeschichte gilt dabei der Anbau in Gewächshäusern. Ein Viertel des Gemüses wird so angebaut. Mittlerweile haben über 3.400 Höfe Gewächshäuser mit einer Fläche von über 0,2 Hektar und damit ein gewisses Marktpotenzial. Zwischen 2010 und 2019 hat sich die Fläche der Gewächshäuser von 828 Hektar auf 3.323 Hektar vervielfacht, so der "Fruit and Vegetable Sector Study Report" des Landwirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2021. Das warme, mediterrane Klima ermöglicht den Anbau in ungeheizten, simplen Gewächshäusern. Damit sind zwei Ernten im Jahr möglich. Das macht Albanien zu einem wichtigen Anbauland von Gurken und Tomaten in Südosteuropa.

Lieferchancen für deutsche Unternehmen werden zunehmen

Der Bedarf an moderner und smarter Technologie in der Landwirtschaft wird steigen. Im Jahr 2021 importierte Albanien landwirtschaftliche Maschinen und Zugmaschinen für rund 14,3 Millionen US-Dollar. Noch finden Importe aus Deutschland aber nur in geringem Umfang statt, ihr Anteil liegt bei nur 2 Prozent. Hauptlieferland ist Italien. Gerade im Zusammenspiel mit einer EU-Förderung könnten Lieferungen aus der Bundesrepublik künftig aber mehr im Fokus stehen.

Deutschland wichtigster Abnehmer von Heil- und Aromapflanzen

Die Exporte aus der Landwirtschaft und der lebensmittelverarbeitenden Industrie erreichten 2022 einen neuen Höchststand: Sie kletterten auf 473 Millionen Euro. Der bislang höchste Stand, so das zuständige Landwirtschaftsministerium. Zum Vorjahr ist das ein Plus von 15,6 Prozent in der Menge und von 18,1 Prozent im Wert. 

48 %

der Exporte von Heil- und Aromapflanzen gehen nach Deutschland.

Albanien gehört zu den bedeutendsten Ländern für das Sammeln und den Anbau von Heil- und Aromapflanzen. Rund 100.000 Personen generieren ihr Einkommen direkt oder indirekt durch das Sammeln dieser Kräuter, so die "Medicinal and Aromatic Plants Sector Study" des Landwirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2021. Zu den wichtigsten Pflanzen gehören Salbei, Bohnenkraut, Thymian, Oregano und Bergtee. Zunehmend gewinnt auch der Anbau an Bedeutung, beispielsweise bei der Kornblume, Lavendel oder der Schlüsselblume. Produziert wird für den Export: 95 Prozent der Produktion verlassen das Land, vor allem Richtung Deutschland.

Viel Potenzial bleibt ungenutzt

Albanien produzierte 2022 laut Instat rund 1,4 Millionen Tonnen Gemüse, fast 700.000 Tonnen Getreide und über 260.000 Tonnen Kartoffeln. Noch verkaufe das Land seine Erzeugnisse aber zu günstig, trotz der Exportrekorde, so das Ergebnis der Weltbank-Studie "Creating Markets in Albania" aus dem Jahr 2022. Es erziele in der Region die niedrigsten Preise für seine Exporte. Das liege auch daran, dass Albanien in den letzten Jahren Exportanteile in der EU eingebüßt und mehr auf dem Balkan verkauft habe.

Die Experten der Weltbank schlagen vor, dass sich der Balkanstaat auf westeuropäische Märkte fokussieren solle. Aufgrund der derzeitigen Nachfrage, aber auch der Struktur in der albanischen Landwirtschaft, gebe es noch viel ungenutztes Potenzial. Besonders groß sei dies bei verarbeitetem Fisch, bei eingelegten Oliven, frischen Tomaten, Wassermelonen, Esskastanien sowie Fellen und Häuten. 

Fehlende Zertifizierungen und Vertriebsnetze hemmen Entwicklung

Die Viehbestände hingegen sind seit Jahren rückläufig. Das liegt nicht nur an steigenden Kosten und starkem Wettbewerb aus dem Ausland, sondern auch an der Migration. Junge Leute wandern entweder ganz aus oder verlassen ländliche Gegenden. So können Betriebe nicht überleben. Die Folge ist ein Rückgang der Bestände. Alleine von 2021 auf 2022 betrug dieser bei Rindern, Schafen, Ziegen, Schweinen und Geflügel teilweise bis zu 14 Prozent. Zudem hat Albanien die Schwierigkeit, dass aufgrund unterschiedlicher Standards und Zertifizierungen zum Beispiel keine Milchprodukte oder Geflügel in die EU exportiert werden dürfen.

Das sind nicht die einzigen Herausforderungen. So mangelt es auch häufig an Vertriebsnetzen. In Korça werden Tonnen von Äpfeln weggeworfen, weil die Verteilung nicht gelingt, so ein Bericht von Euractiv. Zudem fehlt es den Landwirten an Maschinen, Ausrüstung, Infrastruktur und Know-How. Die teils teuren, aber notwendigen Investitionen sind ausgeblieben und die bisherigen Regierungen haben Landwirtschaft nicht zur Priorität gemacht. 

Herausforderungen für Albaniens Landwirtschaft

Ungeklärte Eigentumsverhältnisse und damit schwieriger Zugang zu Grund und Boden, teilweise zu kleine Anbauflächen

Abwanderung und fehlendes Interesse an landwirtschaftlicher Tätigkeit

Ineffiziente Zwischenhändler und Vertriebsnetze

Schwieriger Zugang zu Finanzierung

Unzureichende Logistik und Infrastruktur wie fehlende Bewässerung oder knappe Lager- und Kühlkapazitäten

Fehlende Standards und Zertifizierungen für Ausweitung der Exporte in die EU

Schlechte Qualität beim Saatgut

Unzureichender Einsatz von Maschinen und Düngemitteln

Mangelnde Ausbildung und fehlendes Know-How

Schlechte Datenlage

Quelle: Weltbank-Studie Creating Markets in Albania 2022; Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

Mit EU-Förderung in nachhaltige Zukunft

Albanien will mehr auf Bio-Landwirtschaft setzen. Aktuell gibt es nur rund 80 Produzenten von Bio-Produkten und nur 0,1 Prozent der bewirtschafteten Fläche gilt als Bio-Anbau. Bis 2030 will Albanien den Anteil der biologischen Landwirtschaft auf 25 Prozent heben und so EU-Ziele erreichen. Das würde den Export weiter stärken und auch zum neuen Nachhaltigkeitskonzept im Tourismus passen.

Die EU fördert Albaniens Landwirtschaft dabei mit 112 Millionen Euro im Zeitraum von 2021 bis 2027. Das sind Vorbeitrittshilfen zur ländlichen Entwicklung. Diese werden von der albanischen Regierung um weitere 34 Millionen Euro aufgestockt. Insgesamt stehen also 146 Millionen Euro zur Verfügung. 

EU-Fördermittel in Albanien

Für Beitrittskandidaten und potenzielle Beitrittskandidaten stellt die EU Vorbeitrittshilfen zur Verfügung, darunter für die Landwirtschaft. Diese werden Instrument for Pre-Accession Assistance for Regional Development, kurz IPARD, genannt. In Albanien werden die Mittel von der Agentur für landwirtschaftliche und ländliche Entwicklung (Agjencia për Zhvilim Bujqësor dhe Rural) verwaltet.

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