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Mehr Wachstum dank besserer Infrastruktur

Bangladeschs Infrastruktur ist am Limit. Das Land muss dringend sein Straßen- und Schienennetz ausbauen und setzt auf ein stärkeres Engagement des Privatsektors.

Von Boris Alex | New Delhi

Das bangladeschische Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist seit 2012 real um durchschnittlich 6,5 Prozent pro Jahr gewachsen und auch im Finanzjahr 2023/2024 (1. Juli bis 30. Juni) dürfte erneut eine sechs vor dem Komma stehen. Die Zuwächse könnten noch höher ausgefallen, wenn es weniger Engpässe in der Infrastruktur gäbe. Stromausfälle, schlechte Straßen und überlastete Häfen und Flughäfen bremsen die Wirtschaft und belasten Unternehmen. Die Denkfabrik Centre for Policy Dialogue (CPD) schätzt, dass Bangladesch dadurch jedes Jahr bis zu einem Prozentpunkt seines BIP-Wachstums einbüßt.

Ausbau der Infrastruktur hinkt um Jahre hinterher

Das hat auch die bangladeschische Regierung erkannt und in der letzten Dekade eine Reihe von Schlüsselprojekten vor allem im Energie- und Verkehrssektor angeschoben. Doch der Ausbau ist um Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, im Rückstand und kann mit der rasant wachsenden Nachfrage nach Strom, Wasser, Transport, Telekommunikationsdiensten und Wohnraum nicht mithalten.

Ein Beispiel: Seit 2010 hat sich die Zahl der Pkw, Lkw, Busse, Motorrikschas und -räder auf den Straßen der Hauptstadt Dhaka auf über 2 Millionen Fahrzeuge mehr als verdreifacht. Der Verkehr fließt nur noch mit knapp fünf Kilometern pro Stunde durch die Metropole. Im Jahr 2007 waren es immerhin noch 21 Stundenkilometer. Das US National Bureau of Economic Research hat Dhaka 2022 deshalb zur langsamsten Stadt der Welt gekürt. Die Analysten des CPD schätzen, dass jeder Verkehrsteilnehmer fast 300 Stunden pro Jahr im Stau steht.

Täglich hunderte neue Fahrzeuge auf Dhakas Straßen

Zwar wurden in der Hauptstadt 2023 wichtige Verkehrsprojekte wie Bangladeschs erste Metrostrecke und eine Schnellstraße vom Flughafen in die Innenstadt fertig gestellt, sie sind aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Jeden Tag werden in Dhaka rund 500 Fahrzeuge zugelassen. 

Jenseits der großen Städte ist die Situation meist nicht besser. Die schlechten Straßen verzögern den Warenverkehr innerhalb des Landes. Im "Logistics Performance Index" belegte das Land 2023 bei der Wettbewerbsfähigkeit der Infrastruktur nur Rang 108 von 139 Staaten.

Die öffentlichen Ausgaben reichen nicht aus

Die Regierung priorisiert in ihrem Haushalt Investitionen in die Energieversorgung und das Straßennetz. Im "Annual Development Programme" stehen hier für 2023/2024 jeweils 3 Milliarden US-Dollar (US$) bereit zusammengenommen sind das 8 Prozent der gesamten Budgetmittel. Für Projekte im Schienenverkehr sind 1,3 Milliarden US$ geplant. 

Trotz der seit Jahren steigenden öffentlichen Ausgaben bleibt eine Finanzierungslücke. Die Dhaka Chamber of Commerce and Industry schätzt, dass bis 2030 jedes Jahr 25 Milliarden US$ in den Infrastrukturausbau investiert werden müssten, um diese zu schließen.

Privatwirtschaft geht noch nicht oft Kooperationen mit Regierung ein

Im Jahr 2022 flossen nur 14 Milliarden US$ an öffentlichen und privaten Investitionen in den Infrastruktursektor, so die Daten der Weltbank. Die Regierung setzt auf ein stärkeres Engagement des Privatsektors. Zwar wurden bereits Projekte im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften, sogenannte Public private Partnership, realisiert. Das Potenzial wird aber nach Einschätzung der Asiatischen Entwicklungsbank (Asian Development Bank; ADB) noch zu wenig ausgeschöpft. Die Rahmenbedingungen für Investoren müssten verbessert werden, so die ADB.

Die Projektpipeline im Infrastrukturbau bietet Chancen für Unternehmen: Der Bausektor dürfte bis 2028 um jährlich gut 6 Prozent auf 41,5 Milliarden US$ zulegen, so die Prognose des Marktforschers Mordor Intelligence. Damit wächst die Nachfrage nach Baustoffen und -maschinen, die zum Teil im Ausland bezogen werden müssen. So importierte Bangladesch 2022 Stahl und Zement im Wert von 3 Milliarden US$. Bei Baumaschinen waren es Einfuhren in Höhe von fast 200 Millionen US$. Zudem werden die Projekte technisch immer anspruchsvoller und der Bedarf an Ingenieurs- und Beratungsdienstleistungen, unter anderem im Brücken- und Tunnelbau, steigt.

Städtische Infrastruktur stößt an ihre Grenzen

Bangladeschs Ballungszentren wachsen rasant. Bis 2030 könnte die Zahl der Einwohner in den Großstädten um fast die Hälfte auf 100 Millionen Menschen steigen. Dhaka ist mit seinen 23 Millionen Einwohnern bereits die am dichtesten besiedelte Metropolregion der Welt. Bis 2030 könnten weitere 6 bis 8 Millionen Menschen hinzukommen. Nicht nur beim Transport, auch bei der Strom- und Wasserversorgung sowie der Abfallbehandlung sind die Defizite gewaltig. Experten schätzen den jährlichen Investitionsbedarf im Wassersektor auf 4 Milliarden US$. 

In Bangladesch sind Kosten- und Zeitüberschreitungen bei Infrastrukturvorhaben keine Seltenheit. Seit 2022 wurden nur 14 Prozent der öffentlichen Straßenbauvorhaben pünktlich und im Kostenrahmen fertig. Eine Analyse von sechs Schlüsselprojekten ergab, dass diese den geplanten Fertigstellungsterminen zwischen vier und zwölf Jahren hinterherhinkten. Die zusätzlichen Investitionskosten beliefen sich auf 3,3 Milliarden US$. Das Bangladesh Institute of Development Studies beziffert den gesamten wirtschaftlichen Schaden auf fast 10 Milliarden US$. 

Internationale Bauunternehmen bauen Präsenz aus

Ausländische Infrastrukturkonzerne verstärken trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen ihr Engagement in Bangladesch. Der neue internationale Flughafenterminal in Dhaka wird von einem japanisch-koreanischen Konsortium gebaut und finanziert. Chinesische und indische Firmen sind bei Straßen- und Schienenprojekten sowie im Kraftwerksbau aktiv. Das deutsche Planungsbüro Fichtner ist seit 50 Jahren vor allem im Energiesektor präsent.

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