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Special | Brasilien | Start-ups

Markt zieht ausländische Start-ups an

Brasilien gehört zu den größten Technologiemärkten weltweit. Auch deutsche Gründer richten ihre Aufmerksamkeit mehr und mehr auf das lateinamerikanische Land.

Von Gloria Rose | São Paulo

Die Digitalwirtschaft ist in Brasilien nicht so weit entwickelt wie in China oder Indien. Den Rückstand verdeutlichen die relativ niedrigen Risikokapitalinvestitionen im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Doch die Marktgröße und die Offenheit für digitale Technologien eröffnen ein immenses Wachstumspotenzial, das Start-ups aus lateinamerikanischen Ländern sowie aus anderen Regionen der Welt anzieht. Im zunehmenden Konkurrenzdruck setzen sich die Technologien durch, die den brasilianischen Markt am besten bedienen.

Wettkampf um den aussichtsreichen Markt

Beispielsweise sicherte sich Mercado Livre, eine Tochter der argentinischen MercadoLibre, durch den frühzeitigen Markteintritt eine führende Position im E-Commerce. Außerdem ermöglicht der Online-Marktplatz den Verkauf von Waren im Rahmen unterschiedlicher Geschäftsbeziehungen wie B2B und C2C.

Auch Rappi besticht durch ein breiteres Angebot. Anders als iFood und UberEats transportiert der kolumbianische Lieferdienst auch Einkäufe aus Apotheken und Läden für Tierbedarf. UberEats wiederum konnte sich nicht behaupten und zog sich wieder ganz aus dem brasilianischen Markt zurück. Ebenso erging es den spanischen Technologieunternehmen Glovo und Cabify. Das RetailTech Favo beendete den Betrieb in Brasilien im Juni 2022. Nach einer Ausreifung im Heimatmarkt Peru will das Unternehmen jedoch bereits 2023 ein Comeback auf dem brasilianischen Markt wagen. 

Die ausländischen Anbieter sollten sich möglichst im Vorfeld an die lokalen Marktbedingungen anpassen. "Brasilien ist nichts für Anfänger", ist eine der Standardweisheiten, die Berater im Austausch mit ausländischen Unternehmen oft verwenden. Damit spielen sie auf die spezifischen Ineffizienzen der brasilianischen Wirtschaft an, die unter dem Begriff "Custo Brasil" zusammengefasst werden. Die geringe Vorhersehbarkeit der politischen Entwicklung, der hochvolatile Wechselkurs, Unklarheiten in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen und weitere Faktoren sorgen immer wieder für unerwartete Herausforderungen und erfordern Flexibilität.

Immer mehr deutsche Start-ups zieht es nach Brasilien

Brasilien zählt für Sumup zu den fünf wichtigsten Märkten weltweit. Der deutsch-britische Zahlungsdienstleister ist vor Ort seit 2020 auch als digitale Bank aktiv und baut sein Angebot nach und nach aus.

Nach zahlreichen Anpassungen und einem monatelangen Testlauf startet im September 2022 auch N26 in Brasilien. Die deutsche Onlinebank integrierte Anwendungen zur Finanzbildung und will sich als erste FinCare von der starken Konkurrenz abgrenzen. Erstmals weltweit bietet N26 eine Kreditkarte an.

Durch die Einführung des Open Banking steigt die Nachfrage nach den SaaS-Angeboten von Mambu rasant an. Das deutsche FinTech plante daher Ende 2021 eine Verdopplung der Belegschaft in Brasilien.

Zwei Jahre nach der ersten Ankündigung führte FlixBus Ende 2021 die ersten Fernbusreisen in Brasilien durch. Das deutsche Mobilitäts-Start-up ging vorerst eine Partnerschaft mit dem lokalen Betreiber Adamantina ein, erwägt jedoch auch Übernahmen. Im Konkurrenzkampf mit den brasilianischen Anbietern Buser und wemobi sieht Flix für die ersten fünf Jahre ein Investitionsvolumen von 100 Millionen US-Dollar vor.

Seit April 2022 bietet das Berliner HealthTech Formel Skin seine Plattform für Hautpflege in Kombination mit ärztlicher Online-Betreuung in Brasilien an. 

Einfacherer Marktzutritt für ausländische Technologieunternehmen

Um Software-as-a-Service (SaaS) zu vermarkten oder an Gründungswettbewerben teilzunehmen, müssen ausländische Technologieanbieter eine brasilianische Tochter gründen und diese steuerlich anmelden. Das Gesetz 14.195 von August 2021 legte fest, dass der Vorstand von Aktiengesellschaften (Sociedade Anônima, S.A.) sowie die Geschäftsführung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Limitada) nicht mehr wie bis dato in Brasilien wohnhaft sein müssen. Dies kann die Geschäftsaktivität deutscher Start-ups erheblich erleichtern.

Technologieparks wie in São José dos Campos oder der SUPERA Park in Ribeirão Preto sowie Venture Capital-Unternehmen bieten komplette Soft Landing-Pakete an. In deutscher Sprache unterstützen Beratungsunternehmen wie Integrance und Anwaltskanzleien mit einem German Desk wie FCR Law deutsche Start-ups bei ihrem Einstieg in Brasilien.

Gründerwettbewerbe vernetzen Deutschland und Brasilien

Über das Accelerator-Programm Startups Connected führte die Deutsch-Brasilianische Auslandshandelskammer (AHK) in São Paulo seit 2015 über 80 Challenges für ihre Mitgliedsunternehmen durch. Eines der geförderten Jungunternehmen war Pix Force, das 2021 die Start.up! Germany Tour gewann.

Im Rahmen von Startups Connected schreibt das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) São Paulo einen Wettbewerb für deutsche wissenschaftsbasierte Start-ups aus, die auf dem brasilianischen Markt aktiv werden möchten. In diesem Jahr nehmen Gründer der Kategorie "Innovation for Sustainability" teil. Brasilianische Start-ups bewerben sich beim DWIH um den DAAD-Unternehmer-Preis und den Gewinn des Falling Walls Lab.

In diesem Jahr führte das DWIH São Paulo zudem die Veranstaltungen "Young Innovators Week Brazil" und "Tübingen Science Bridge – Connecting Brazil Germany" durch. Darüber hinaus stimulieren sektorbezogene Wettbewerbe wie die Brazil-Germany Fintech eTour und der German-Brazilian EdTech Hackathon den Austausch unter den Ökosystemen.

Über das Programm StartOut Brasil unterstützt die Förderagentur für Außenhandel und Investitionen APEX brasilianische Jungunternehmer auf ihrem Weg in ausländische Märkte. Die Förderagentur des Bundesstaates São Paulo InvestSP rief zu diesem Zweck das Programm SP Global ins Leben.

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