Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Special Bulgarien Wege aus der Coronakrise

Konjunktur und Hilfsprogramme

Der Lohnkostenausgleich für Arbeitgeber sichert Jobs und wird voraussichtlich bis Ende 2021 verlängert. Wie es danach weitergeht, ist unklar. (Stand: 07. September 2021)

Von Dominik Vorhölter | Sofia

Die bulgarische Regierung verlängert die meisten Programme, um den wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise entgegenzuwirken. Dafür hatte die Nationalbank Mitte September 2020 eine Staatsanleihe auf den internationalen Finanzmärkten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro ausgegeben. Damit finanziert der Staat soziale Transferleistungen und die bereits laufenden Kredit- und Hilfsprogramme für die Wirtschaft.

Bulgarien kann sich neue Schulden leisten. Im Jahr 2019 wies der Staat eine vorbildlich niedrige Schuldenquote von 20,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) auf. Der Fiskus rechnet für 2021 mit einem höheren Defizit von bis zu 4,4 Prozent des BIP. Die Gesamtverschuldung des Staates dürfte damit 2021 auf 28 Prozent des BIP ansteigen.

Bulgarien erwartet eine Zuteilung der Finanzhilfen, die im Rahmen des Corona-Wiederaufbauplans frühestens ab Herbst fließen. Denn das Land befindet sich seit den Parlamentswahlen im April 2021 in einer politischen Krise. Nach erneuten Wahlen am 11. Juli 2021 steht das Parlament vor der Aufgabe, eine neue Regierung zu bilden. Derzeit laufen Koalitionsverhandlungen. Scheitern sie, müssen die bulgarischen Bürger im Herbst erneut zur Wahl gehen. Die politische und wirtschaftliche Unsicherheit aufgrund der Coronakrise erhöht den Druck auf die Interimsregierung, das Haushaltsdefizit zu erhöhen. 

Unternehmen erhalten Lohnkostenzuschüsse

Recht erfolgreich läuft bisher die Maßnahme 60/40. Diese soll bis Ende 2021 weitergeführt werden, zumindest solange, bis die "epidemiologische Notlage" ausgerufen bleibt. Dies verkündete der Sozialminister des Interimsparlaments Galab Donev am 03. September 2021. Dabei übernimmt der Staat 60 Prozent der Ausgaben für Löhne und Sozialversicherungsbeiträge. Arbeitgeber tragen somit die restlichen 40 Prozent der Lohn- und Lohnnebenkosten. Alle Unternehmen, die einen Einkommensrückgang von 20 Prozent nachweisen können, sind förderberechtigt. Die Regierung stellt dafür für den Rest des Jahres 430 Millionen bulgarischer Lew (BGN, 1 Euro = 1,96 Lew, festgesetzter Wechselkurs), umgerechnet rund 220 Millionen Euro bereit. Seit Oktober 2020 gilt außerdem ein erhöhter Mindestbetrag des Arbeitslosengeldes von 9 auf 12 BGN.

Großunternehmen können seit Juni Zuschüsse von umgerechnet 15.339 bis 51.129 Euro von der Regierung erhalten, um Liquiditätsengpässe zu überwinden. Anspruch darauf haben Firmen, deren Umsatz im vergangenen Jahr zwischen 1,5 Millionen und 25,6 Millionen Euro betrug und die Einbußen von 20 Prozent nachweisen können. 

Staat übernimmt ausgefallene Löhne 

Seit 1. Januar 2021 übernimmt der Staat 75 Prozent des eingezahlten Versicherungseinkommens aus der Arbeitsversicherung von Oktober 2020 für die Arbeitnehmer geschlossener Firmen. Zuvor hatten nur Beschäftigte in der Gastronomie Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu 24 Lew (12,26 Euro) pro Tag für einen Zeitraum von 60 Tagen. Das Tourismusministerium sichert zudem Reiseunternehmen Unterstützung bei Zahlungsschwierigkeiten zu. Dafür stehen insgesamt 50 Millionen Lew (25,5 Millionen Euro) zur Verfügung. 

Aus dem Operationellen Programm (OP) "Innovation und Wettbewerbsfähigkeit" der Förderperiode 2014-2020 verfügt die Regierung noch über 156 Millionen BGN. Davon können Unternehmen, die von den Anti-Corona-Maßnahmen betroffen sind Zuschüsse bei der Nationalen Finanzbehörde beantragen. Antragsberechtigt sind Betriebe des Gaststättengewerbes, des Kulturwesens, Sport sowie des Non-Food-Einzelhandels, außer Apotheken, Blumenhändler und Drogerien.  

Für die Landwirtschaft steht ein Topf mit rund 45 Millionen BGN an De-minimis-Beihilfen mit einer maximalen Höhe von jeweils 25.000 BGN (rund 13.000 Euro) als Liquiditätshilfen für Viehzüchter und Erzeuger von Obst, Gemüse, Rosenblütenöl und anderen ätherischen Ölen bereit. Außerdem will die Regierung für landwirtschaftliche Betriebe 56,5 Millionen BGN (29 Millionen Euro) für Kredite zurückstellen.

Bulgarien senkt Mehrwertsteuer bei Essenslieferungen

Auf bestelltes Essen fällt seit dem 1. Dezember 2020 nur noch 9 statt 20 Prozent Mehrwertsteuer an. Die bulgarische Steuerbehörde rechnet damit, dass die Restaurantbetreiber, die Essenslieferungen anbieten, ihre Preise nicht senken werden und somit von der Steuersenkung profitieren, hieß es in einer Pressemitteilung.

Personal im Gesundheitssektor bekommt Impfungen zuerst 

Bulgarien hat 9 Millionen Dosen Impfstoffe bestellt, berichtet das bulgarische Gesundheitsministerium. In Bulgarien leben rund 7 Millionen Menschen. Es gibt insgesamt fünf Impfgruppen nach dieser Reihenfolge: 

  • Beschäftigte des Gesundheitssektors
  • Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, Lehrkräfte und Beschäftige in Pelzzuchtbetrieben
  • Beschäftigte in kritischen Infrastrukturen und systemrelevanten Bereichen
  • Menschen, die älter sind als 65 Jahre
  •  Risikogruppen und danach der Rest der Bevölkerung

Bulgarien zählt EU-weit zu den Ländern mit einem langsamen Impftempo.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.