Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Special | Estland | EU-Förderung

EU-Förderung in Estland

Estland bekommt Zuschüsse in Höhe von 1 Milliarde Euro aus der europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität. Hinzu kommen 3,4 Milliarden Euro aus der Kohäsionspolitik. 

Von Niklas Becker | Helsinki

Mittelzuweisungen für Estland 2021-2027 (Zuschüsse, in Milliarden Euro)

Förderprogramm

Betrag *

Aufbau- und Resilienzfazilität

1,0

Kohäsionspolitische Mittelzuweisung, darunter 

3,4

  Europäischer Sozialfonds Plus (ESF+)

0,5

  Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)

1,7

  Kohäsionsfonds

0,8

*) Alle Angaben zu laufenden PreisenQuelle: Estnisches Finanzministerium 2022

  • Förderung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität

    Vor allem das estnische Gesundheitssystem soll von den europäischen Fördergeldern profitieren. Aber auch für die Unternehmen im Land sind umfangreiche Maßnahmen geplant.

    Estlands Regierung hat seinen Aufbau- und Resilienzplan Mitte Juni 2021 bei der Europäischen Kommission eingereicht. Aufgrund des Regierungswechsels im Januar 2021 und der damit verbundenen Neuausrichtung legte das Land seinen Plan deutlich später vor als andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU). Der baltischen Volkswirtschaft stehen Zuschüsse in Höhe von 982,5 Millionen Euro zu. 

    Laut Berechnungen der Regierung soll das heimische Bruttoinlandsprodukt dank des estnischen Aufbauplans in den kommenden zehn Jahren kumuliert um 6,2 Prozent wachsen. Der Plan ist in sechs Komponenten unterteilt. Jede von ihnen umfasst eine Reihe von Reformen mit entsprechenden Investitionsvorhaben. 

    Die sechs Komponenten des estnischen Aufbau- und Resilienzplans
    1.  Digitaler Wandel im Unternehmenssektor (116 Mio. Euro)
    2.  Grüner Wandel im Unternehmenssektor (220 Mio. Euro)
    3.  DIGIRIIK (Digitaler Staat; 122 Mio. Euro)
    4.  Energie und Energieeffizienz (92 Mio. Euro)
    5.  Nachhaltiger Verkehr (96 Mio. Euro)
    6.  Gesundheits- und Sozialversorgung (336 Mio. Euro)

    Mit der ersten Komponente soll die digitale Transformation der Unternehmen im Land gefördert werden. Dafür sind in der Aufbaufazilität insgesamt 116 Millionen Euro eingeplant. Sie verteilen sich auf folgende Reformvorhaben:

    Reformvorhaben für den digitalen Wandel

    Reformvorhaben

    Investitionssumme (in Millionen Euro)

    Unterstützung der digitalen Wirtschaft in Unternehmen 

    73

    Entwicklung von Kompetenzen zur Unterstützung der digitalen Transformation

    10

    Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen auf externen Märkten 

    33

    Quelle: Aufbau- und Resilienzfazilitätsplan Estland

    Gesundheitssystem profitiert am meisten

    Mit mehr als 330 Millionen Euro ist für die sechste Komponente der größte Anteil der Fördergelder vorgesehen. Unter anderem ist eine umfassende Umstrukturierung des estnischen Gesundheitswesens geplant. Dadurch sollen die Voraussetzungen für eine langfristige und nachhaltige Bereitstellung der Gesundheitsversorgung geschaffen und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen erhöht werden.

    Wie in dem Aufbauplan ausgeführt wird, müssen dafür notwendigen Investitionen in das Krankenhausnetz getätigt und die Erneuerung der primären Infrastruktur abgeschlossen werden. Darüber hinaus müsse die Vernetzung der Krankenhäuser fortgesetzt und in die Einrichtung von regionalen Sozialzentren investiert werden. 

    Als konkrete Investitionsvorhaben werden im Plan neben dem Aufbau von Kapazitäten an medizinischen Mehrzweckhubschaubern für mehr als 46 Millionen Euro auch die Errichtung des Nord-estnischen medizinischen Campus genannt. Dieser soll auf Grundlage der beiden derzeitigen Zentralkrankenhäuser (AS Ida-Tallinna Keskhaigla und AS Lääne-Tallinna Keskhaigla) in Tallinn entstehen. Dafür sind 280 Millionen Euro aus den Mitteln der estnischen Aufbaufazilität vorgesehen. Die derzeitigen Zentralkrankenhäuser werden in das neu geplante Krankenhaus verlegt. Die Baukosten insgesamt beziffert Estlands Regierung auf rund 370 Millionen Euro. 

    Estlands Firmen sollen grüner werden

    220 Millionen Euro sind in Estlands Aufbauplan für die ökologische Transformation des Unternehmenssektors vorgesehen. Die Gelder sollen die grüne Wende in Estland beschleunigen und die Entwicklung grüner Technologien unterstützen. Die Gelder dieser Komponente sind auf zwei Reformen aufgeteilt:

    1. Grüne Transformation im Unternehmenssektor und
    2. Förderung der Einführung von integrierten Wasserstofftechnologien.

    Die Investitionen sollen zu einer Verbesserung der CO2-Bilanzen der Firmen beitragen. Dafür sind fünf Investitionsvorhaben geplant.

    Investitionsvorhaben für den grünen Wandel im Unternehmenssektor

    Reformvorhaben

    Investitionssumme
    (in Millionen Euro)

    1. Verbesserung von Kompetenzen zur Unterstützung des grünen Wandels

    15,0

    2. Programm zur Entwicklung grüner Technologien

    8,4

    3. Unterstützung für das produzierende Gewerbe 

    9,0

    4. Entwicklung und Einführung ressourceneffizienter grüner Technologien

    37,8

    5. Greentech-Fonds

    100,0

    Quelle: Aufbau- und Resilienzfazilitätsplan Estland

    Mit 100 Millionen Euro ist der Großteil der Gelder aus der ersten Reform für einen Greentech-Fonds vorgesehen. Dieser soll die Entwicklung grüner Technologien in den strategischen Bereichen Energie, Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie, Verkehr und Logistik, Werkstoff- und Chemieindustrie sowie Umwelt fördern. Forschungsintensive Technologieunternehmen könnten damit finanziell unterstützt werden. Bis zu 75 Firmen sollen laut Aufbauplan vom Fonds profitieren können.

    Der Fonds ist Teil eines umfassenderen Investitionsprogramms für grüne Technologien, das über den nationalen Fondsmanager SmartCap Gelder bereitstellt. Zusätzlich zu den 100 Millionen Euro aus der estnischen Aufbaufazilität umfasst das Programm nationale Mittel in Höhe von 95 Millionen Euro. 

    Mithilfe des ersten Investitionsvorhabens zur Verbesserung grüner Kompetenzen will die Regierung die Verfügbarkeit von Fachwissen gewährleisten und dafür die Anpassungen in der Hochschul- und Berufsbildung sowie Weiterbildung unterstützen. 

    In Estland ansässige Produktionsunternehmen können im Rahmen der dritten Investition unter anderem Fördergelder für Investitionen zur Verbesserung ihrer CO2-Bilanz erhalten. Die Firmen sollen bei der Anpassung ihrer eigenen Prozesse an sektorale Standards unterstützt werden. Dadurch will die Regierung die Kontinuität lokaler Produktion gewährleisten. Besonders die Nutzung erneuerbarer Energien, intelligenter Netze und Speichermöglichkeiten sowie eine effizientere Steuerung des Energieverbrauchs werden gefördert.

    Investitionen in einen ökologischen Nahverkehr

    Damit nachhaltige und umweltfreundliche Verkehrsmittel stärker genutzt werden, will die Regierung rund 96 Millionen Euro aus der estnischen Aufbaufazilität dafür bereitstellen. Mit diesen Mitteln sollen folgende vier Investitionsvorhaben umgesetzt werden: 

    Investitionsvorhaben für den nachhaltigen Verkehr

    Vorhaben

    Investitionssumme (in Millionen Euro)

    Bau der Eisenbahnstrecke Turba-Rohuküla zwischen Turba und Risti

    34 

    Bau des Multimodalen Terminals Ülemiste

    31

    Bau einer Straßenbahnlinie im alten Hafen von Tallinn

    26

    Investition in kommunale Rad- und Fußwege

    5

    Quelle: Aufbau- und Resilienzfazilitätsplan Estland

    Förderungen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden

    Durch die dritte Komponente werden fast 122 Millionen Euro bereitgestellt. Ziel ist die weitere Digitalisierung des öffentlichen Sektors und der öffentlichen Verwaltung sowie ein verstärktes Vorgehen gegen Geldwäsche und der Aufbau von leistungsstarken Breitbandnetzen.

    Die Regierung stellt 47 Millionen Euro zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden bereit. Die Mittel sind für Renovierungen von Mehrfamilienhäusern sowie kleinen Wohngebäuden (Väikeelamute rekonstrueerimise toetamine) vorgesehen.

    Darüber hinaus sollen 45 Millionen Euro für Investitionen in erneuerbare Energien bereitgestellt werden. Mit den Mitteln will die estnische Regierung die sektoralen Entwicklungsdokumente anpassen und ein Unterstützungssystem schaffen. Als Beispiele für diese Vorhaben werden im Plan Leitfäden, Prozessbeschreibungen, Änderung von Rechtsvorschriften (wo nötig) sowie die Beseitigung von Hindernissen genannt. Darüber hinaus werden drei konkrete Investitionsvorhaben aufgelistet: 

    1. Programm zur Stärkung des Stromnetzes
    2. Programm zur Förderung des Einsatzes von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Industriegebieten
    3. Pilotprogramm für Energiespeicherung

    Von Niklas Becker | Helsinki

  • Förderung im Rahmen der Kohäsionspolitik

    Estland will die europäischen Fördergelder vor allem für den grünen Übergang einsetzen. Darüber hinaus soll die Forschungsintensität der heimischen Unternehmen ausgebaut werden. 

    Die Europäische Kommission und Estland haben im Juli 2022 das sogenannte Partnership Agreement für die EU-Fonds 2021-2027 unterzeichnet. Das Abkommen ist Bedingung dafür, dass Estland die europäischen Fördergelder abrufen kann. In dem Vertrag wird zudem festgelegt, wofür das baltische Land diese Mittel nutzen wird. Grundlage für die Ausrichtung waren die länderspezifischen Empfehlungen der Europäischen Kommission für Estland sowie die Regierungsvision Estonia 2035

    Folgende Ziele sollen mit den EU-Fördermitteln erreicht werden:
    1. Ein intelligenteres Estland
    2. Ein grüneres Estland
    3. Ein besser vernetztes Estland
    4. Ein sozialeres Estland
    5. Ein bürgernäheres Estland
    6. Eine gerechte Transformation

    Fokus auf die grüne Transformation

    In der Förderperiode 2021-2027 erhält Estland im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik insgesamt 3,37 Milliarden Euro. Sie setzen sich aus Geldern des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) sowie des Fonds für einen gerechten Übergang (Just Transition Fund) zusammen. Den größten Anteil der europäischen Kohäsionsmittel will Estland für den grünen Übergang bereitstellen.

    Estlands Regierung plant etwa 780 Millionen Euro für die Unterstützung der Kreislaufwirtschaft in Unternehmen ein. Diese Gelder sollen zudem erneuerbare Energien sowie die Energieeffizienz im Land fördern und die Verwendung recycelter Materialien bewerben. Für rund 520 Millionen Euro soll die Verlagerung des Personen- und Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene gefördert werden. Zudem will Estland in die Fertigstellung des Straßennetzes investieren. 

    Kooperation zwischen Firmen und Forschungseinrichtungen soll ausgebaut werden

    Neben dem grünen Übergang legt Estland im Partnership Agreement großen Wert auf den Ausbau der Forschung und Entwicklung im Land. So sollen 740 Millionen Euro unter anderem für eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen eingesetzt werden. Ein Teil dieser Mittel soll zudem speziell in kleine und mittlere estnische Firmen investiert werden, um so deren Produktivität, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.  

    Das estnische Finanzministerium übernimmt die Planung für den Einsatz der EU-Fördergelder. Das staatliche Shared-Service-Center (Riigi Tugiteenuste Keskus; RTK) stellt auf seiner Internetseite eine Reihe von Informationen über die Ausrichtung der Förderperiode 2021-2027 bereit. Unter anderem bietet es Übersichten über die mit EU-Mitteln geförderten Projekte. Mitte August 2022 stand jedoch noch keine Übersicht der Projekte für die neue Förderperiode bereit. 

    Von Niklas Becker | Helsinki

  • Kontaktadressen

    Institution

    Anmerkungen

    Vertretung der Europäischen Kommission in Estland

    Auskunfts- und Beratungsstelle der Europäischen Kommission in Estland

    Ministerium für Wirtschaft und Kommunikation

    Ist Projektträger und Koordinator für verschiedene Reformen des Aufbauplans

    Ministerium der Finanzen

    Übernimmt die Planung für den Einsatz der EU-Kohäsionsmittel

    Enterprise Estonia

    Estlands staatliche Wirtschaftsförderagentur; ist zusammen mit dem Wirtschaftsministerium zuständig für die Reform "Digitaler Wandel in Unternehmen" 

    Staatliche Stiftung für Kredit- und Exportgarantien (KredEx)

    Entwickelt im Rahmen des Aufbauplans ein Programm zur Förderung der Energieeffizienz und der integrierten Gebäudesanierung

    AHK Baltikum

    Deutsch-Baltische Industrie- und Handelskammer


nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.